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Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Su Turhan
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entschuldigte sich und zog die Finger weg.
    »Wirkt wie eine Gefängniszelle, finden Sie nicht?«, fragte sie.
    Demirbilek antwortete nicht. Er setzte sich auf das Bett und blickte hinaus durch das vergitterte Fenster. Ein einsamer Mann muss Metin Burak gewesen sein, ging ihm durch den Kopf. Keine persönlichen Gegenstände. Kein einziges Bild an der Wand. Er war viele Jahre Soldat. Möglich, dass er keine Familie hatte.
    Da klingelte das Telefon. Demirbilek reichte Vierkant sein Handy. Er wollte jetzt nicht reden. Sie nahm es, hörte zu und wiederholte für den Kommissar: »Das Ergebnis der Untersuchung wurde per Mail geschickt. Zwei Kollegen waren da, haben aber nichts finden können. Die Fingerabdrücke in der Wohnung sind überwiegend vom Toten.«
    Demirbilek nickte zum Dank. »Gut, dann fahren wir ins Büro zurück.«

[home]
    34
    I ndessen waren Leipold und Cengiz dem Cayenne bis zur Bayerstraße am Hauptbahnhof gefolgt. Dort suchte Gül offensichtlich nach einem Parkplatz. Doch da sie in der vollgestopften Straße keinen fand, bog sie in die Schillerstraße ein und stellte ihren Wagen verkehrswidrig auf dem Taxiparkplatz vor einem Sexkino ab. Kaum war der Motor ausgeschaltet, sprang sie aus dem Wagen und eilte die Treppen hinunter zur U-Bahn.
    Cengiz hüpfte aus dem rollenden Dienstwagen und rannte Gül hinterher. Leipold blieb im Wagen sitzen und ärgerte sich, dass er nicht selbst die Verfolgung aufnehmen konnte. Er nutzte die Zeit und informierte Demirbilek über die Ereignisse. Zehn Minuten später kam Cengiz abgehetzt zurück.
    »Scheiße, ich habe sie verloren. Sie ist zu den Gleisen. Kann sein, dass sie einen Zug genommen hat. Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist sie auch in eine U-Bahn gestiegen«, sagte sie frustriert.
    »Die kommt schon wieder, ihr Auto steht ja hier«, meinte Leipold und schluckte seinen Ärger herunter.
     
    Mit einer riesigen Portion Glück fand der Deutsche einen Parkplatz und folgte Gül Güzeloğlu zu Fuß durch das unterirdische Labyrinth der U- und S-Bahn-Zugänge des Münchner Hauptbahnhofes.
    Güls innere Unruhe war ihr von weitem anzumerken. Sie starrte mit beängstigend glasigen Augen auf die Menschen um sie herum. Dann setzte sie sich plötzlich in Bewegung. Ging vor bis zum Sicherheitsstreifen an den Gleisen und beugte sich nach vorn, als würde sie nach etwas suchen, was sie verloren hatte. Instinktiv lief der Deutsche auf sie zu, um – falls nötig – sie an einem Sprung zu hindern. Schlechte Schlagzeilen, auch wenn sie keine Bedeutung mehr hätten, dachte er. Doch eine Passantin kam ihm zuvor. Er beobachtete, wie Gül mit ihr sprach und dankend lächelte. Der Deutsche atmete erleichtert auf und erschrak im selben Augenblick über die gestochen scharfe Durchsage aus den Lautsprecherboxen. Ganz anders als bei den lausigen Bahnsteigdurchsagen in Istanbul. Die S 6 kam mit zwei Minuten Verspätung kreischend zum Halt. Einige Fahrgäste, so schien es ihm, regten sich darüber auf. Über lumpige zwei Minuten Verspätung, dafür würde sich ein Türke seine Lebenszeit nicht trüben lassen. Brav stieg erst eine hektische Menge Menschen aus den S-Bahn-Waggons aus, ebenso brav, etwas träger allerdings, bestieg eine Menge Menschen den Zug, der dann in Richtung Tutzing losfuhr.
     
    Gül war in Gedanken bei ihrem Vater, als sie neben einem Geschäftsmann Platz nahm, der umgehend Körpersäfte zur Kontaktaufnahme ausströmte. Sie kannte den herben Geruch, mochte ihn sogar, weil er sie spüren ließ, dass ihre weibliche Ausstrahlung wirkte. Doch der Moment war nicht der richtige. Sie suchte einen anderen freien Platz. Ein Mädchen, dunkelhaarig, mit buschigen Augenbrauen, war in ein Mathematikbuch vertieft. Gül setzte sich neben sie und dachte weiterhin an ihren Vater. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals mit ihm zusammen Hausaufgaben gemacht zu haben. Ihre Mutter war gestorben, als sie so alt war wie das Mädchen. Ihr Vater konnte keine andere Frau nach ihr lieben, Geschwister hatte sie nicht. Nach dem Tod der Mutter zog sie sich in ihre eigene Welt zurück. Besondere Interessen verfolgte sie nicht, hatte wenig Freunde, dafür umso mehr Geld und Spielzeug. Erst als sie mit sechzehn ins Internat kam, weil ihr Vater an ihrer Erziehung verzweifelte, blühte sie auf. Sie lernte Gleichaltrige kennen, schloss Freundschaften und baute nach und nach ein Image auf, das sie davor schützte, verletzt zu werden. Später, während des Studiums in London, blieb sie ihrem Vorsatz

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