Kommissar Pascha
Vierkant und Cengiz drein. Demirbilek stand auf und reihte sich in die Bierschlange ein.
Cengiz war bewusst, dass ihr Chef sie nicht gefragt hatte, eher kam sein großzügiges Angebot einer dienstlichen Anweisung gleich. Verunsichert wollte sie von ihren Kollegen wissen, ob er das ernst gemeint hatte.
»Ja logisch«, bestätigten Vierkant und Leipold gleichzeitig.
Cengiz dachte einen Moment nach. Aber nicht einmal im Traum hätte sie in Erwägung gezogen, das Angebot ihres Chefs abzulehnen. Es war zu verlockend. Und manche Vorurteile, machte sie sich klar, stimmten einfach: Türken sind gastfreundlich.
Während Demirbilek in der Schlange anstand, entdeckte er Derya Tavuk. In demselben hässlichen Dirndl wie bei der Vernehmung servierte sie im Bereich des Biergartens ohne Selbstbedienung. Er beobachtete sie eine Weile, und als er an den Tisch mit vier Weißbieren zurückkehrte, deutete er mit dem Kopf zu ihr.
»Cengiz, geh mal und frag, ob wir uns Montag früh die Wohnung ihres Mannes ansehen können.«
Cengiz stand auf und sprach die Witwe von Stefan Tavuk an. Währenddessen erhielt Leipold einen Anruf. Der Cayenne sei abgeschleppt worden, weil die Taxifahrer sich pausenlos beschwert hatten. Die beiden Kollegen blieben noch zwei Stunden. Mehr Überstunden wurden nicht genehmigt, die Fahndung sei eingeleitet.
Cengiz kehrte lächelnd zurück. »Kein Problem. Frau Tavuk hat ihren Schlüssel zur Wohnung noch. Ich habe für neun Uhr einen Termin ausgemacht. In Ordnung?«
Demirbilek nickte und teilte die Aufgaben für Montag ein. »Falls Gül Güzeloğlu auftaucht, möchte ich, dass ihr bei dem Verhör dabei seid. Egal, wann. Falls sie nicht auftaucht, kommen Vierkant und Leipold um halb neun mit zwei Autos zu mir in die Weilerstraße. Vierkant und ich fahren in Stefan Tavuks Wohnung und sehen uns mal um. Pius, du und Cengiz, klingelt bei der Witwe von Bülent Karaboncuk. Sie arbeitet ja nicht, sollte eigentlich in der Früh zu Hause sein.«
Er nahm einen Schluck Weißbier und weihte dann sein Team in die neuen Fakten ein. »Was ihr noch nicht wisst: Wenn sein älterer Bruder die Wahrheit gesagt hat, dann hatte Bülent ein Verhältnis mit Gül. Das glaube ich aber nicht. Das war wohl eher eine Wunschvorstellung. Viel realistischer ist, was er noch gesagt hat. Bülent soll Unterlagen, Fotos, Briefe oder dergleichen gehabt haben, mit denen er Gül erpresste. Das Gehalt, das Bülent als Geschäftsführer bekommen hat, war das Schweigegeld. Steuerlich absetzbar. Kein Wunder bei einer Unternehmertochter. Ali selbst war auf der Gehaltsliste der Putzkolonne. Putzen gegangen sind die beiden Brüder im Sultans Harem allerdings nicht. So, für heute war’s das hoffentlich.« Ohne weiter auf die erstaunten Gesichter einzugehen, erhob er das Glas und prostete seinem Team zu.
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36
Z eki Demirbilek war Cengiz mit ihren zwei Reisetaschen behilflich. Sie fühlte eine unendliche Erleichterung, keine weitere Nacht auf dem Campingplatz verbringen zu müssen, und betonte das unentwegt, bis er ihr verbot, ihre Erleichterung weiterhin mit ihm zu teilen.
Demirbilek zeigte ihr Özlems Zimmer. Es war nach dem Auszug seiner Tochter vor einem Jahr neu gestrichen worden. Er hatte damals geplant, sich ein Arbeitszimmer einzurichten. Für was, konnte er sich nicht mehr erinnern, nur daran, dass er die Umgestaltung angehen wollte, sobald der Kleiderschrank und das alte Bett auf dem Sperrmüll waren. Ein Jahr alt war die Idee. Jetzt war er froh, dass er sie nicht umgesetzt hatte. Demirbilek hatte frisches Bettzeug für Cengiz zurechtgelegt. Es duftete nach Blutorange. Frederike pflegte den Duft nicht nur als Öl mit in die Waschmaschine zu geben, sie bestückte auch die Kleiderschränke mit Blutorangenduftkisschen. Er hatte sich an den Duft gewöhnt, zwangsläufig.
Cengiz dankte nochmals auf Deutsch und Türkisch für die Gastfreundschaft. Sie wollte nach ihren E-Mails sehen und ihren großen Bruder über Skype in der Türkei anrufen.
»Sie haben sicher WLAN , oder?«
Zeki grinste als Antwort und kündigte an,
çay
zu machen. In der Küche griff er zum Festnetztelefon und rief Özlem an. Seine Tochter war kurz angebunden, weil sie für ein Seminar lernte und später ins Kino gehen wollte. Er hätte eine Einladung nicht abgelehnt, wollte sich aber nicht aufdrängen. Stattdessen erzählte er ihr von der türkischen Kollegin, die vorübergehend in ihr altes Zimmer gezogen war.
»Und wo soll Aydin schlafen? Er kommt doch übermorgen,
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