Kommissar Steen 01 - Unruhe
dem Auge war entfernt worden, und er konnte wieder klar sehen. Er sah an die Decke und bemerkte den Duft. Auf dem Tisch standen Blumen. Und auf der Fensterbank.
Er versuchte, die Puzzlesteine zusammenzusetzen. Es waren viele, und die meisten passten ineinander. Davidi war in dem Glauben nach Dänemark gekommen, der PET wolle ihm eine neue Chance geben. Deshalb hatte er lange mitgespielt, und sie waren so versessen darauf gewesen, einen V-Mann zu bekommen und Ergebnisse vorzuweisen, dass ihnen scheißegal war, was danach mit ihm geschehen sollte. Die gesamte Polizei hatte mit dem Kopf geschüttelt, als man die Sonderermittler vom Rauschgift, Menschenhandel und Organisiertes Verbrechen zum PET versetzte. Jetzt musste der Nachrichtendienst Resultate präsentieren. Und das hatten sie wahrhaftig geschafft. Henriette, Kettler und Jens Jessen. Sie hatten Davidis Vergangenheit nicht gründlich genug untersucht, und noch bevor die Operation überhaupt in Gang gekommen war, hatte sie sowohl den PET als auch Davidi bereits eingeholt, und zwar in Form eines rachsüchtigen, hasserfüllten Journalisten, der ein Verhältnis mit dessen Exfrau gehabt hatte. Oder hatte Sonne sie nur haben wollen aus Rache für etwas, das in Makedonien passiert war? Jedenfalls wollte er Davidi beseitigen, um jeden Preis.
Axel dachte an Sonne, den er seit vielen Jahren gekannt hatte. Er hatte sich immer auf ihn verlassen können, er war gut gewesen in dem, was er tat, aber ein paar Details erschienen plötzlich in einem anderen Licht.
Sonne hatte geglaubt, er könne Davidi unter Druck setzen und ihn auf direktem Weg zurück nach Makedonien befördern, aber Davidi hatte ihm den Boden unter den Füßen weggezogen, als er damit auftrumpfte, dass er mit der Polizei zusammenarbeitete.
Erschöpfung und Verwirrung legten sich über ihn, während Axel nach Antworten suchte. Die offenen Stellen nagten an ihm und er wünschte, er könnte aus dem Bett aufstehen und die letzten Steine zusammensetzen, aber der Körper unter der Decke lag da wie ein geschlachtetes Stück Vieh und schmerzte, die Brandwunden im Gesicht peinigten ihn bei jeder kleinen Zuckung. Axel schlief wieder ein. Oder doch nicht? Er meinte, Laila Hansen am Bett stehen zu sehen, wie sie seine Hand in der ihren hielt, der Daumen streichelte seinen Handrücken, er versuchte, etwas zu sagen und ihr in die Augen zu sehen, auf die breiten Lippen und das widerspenstige, kurz geschnittene Haar, das er so gerne wieder in seinen Händen gespürt hätte, zwischen seinen Fingern, das Gesicht, das er so gerne wieder liebkosen wollte, doch er glitt wieder in eine Art Dämmerzustand. Sie sprach von Louie, dass sie verreisen wollten, um Ruhe zu finden, ja, das war gut, dachte Axel, dem Jungen machte das alles sehr zu schaffen, sie hoffte, er komme bald darüber hinweg.
»Wie geht es dir?«, fragte sie.
»Beschissen«, antwortete er.
Und was ist mit uns, wie geht es mit uns weiter? Er wusste nicht, ob er es aussprach oder ob es einfach in ihm blieb, aber sie hatte gelächelt, ohne etwas zu sagen.
Plötzlich war da Emmas Stimme. Er öffnete die Augen und sah seine Tochter auf der Bettkante sitzen. Riesengroße braune Augen, ein leicht geöffneter Mund und zwei Vorderzähne, die hervorguckten.
Wo war Laila?
Er reckte sich und griff nach Emmas Hand. Sie fühlte sich warm an, die Finger waren weich und ganz glatt.
»Also Papa, warum hast du denn ein Pflaster am Kopf?«
Cecilie trat in sein Blickfeld, mit einer Vase aus Metall, aus der Blumen ragten.
»Wir sind gekommen, so schnell wir konnten. Wie geht es dir?«
Sie wirkte hektisch und schoss zwischen Bett, Fensterbank und Stuhl, auf dem ihre Tasche stand, hin und her.
»War nicht gerade noch jemand hier drin?«, fragte Axel desorientiert.
»Nein, wer sollte das denn gewesen sein? Du hast im Schlaf geredet.«
Sie sah ihn mit einem kühlen und distanzierten Blick an.
Was hatte er im Schlaf gesagt?
»Und warum hast du ein Pflaster am Auge, Papa?«
Axel sah Emma an.
»Alles ist gut. Ich habe mir das Gesicht verbrannt, aber nur ein bisschen. Die Ärzte sagen, das wird wieder.«
»Und Papaaa, hast du den Dieb gefangen, der das gemacht hat?«, fragte seine Tochter.
»Na, na, Emma«, schaltete sich Cecilie ein. »Ich habe mit dem Arzt gesprochen. Er sagt, das wird wieder.«
Es klang, als wollte sie sagen, die Situation sei unter Kontrolle. Und das sind deine Gefühle wohl auch, dachte Axel. Warum bist du überhaupt gekommen?
Axel nickte seiner
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