Kommissar Steen 01 - Unruhe
schwarzen Lederstiefel mit den hohen Absätzen und die schwarze Strumpfhose. Ihre seidene Bluse über der flachen Brust.
Er blickte auf den Bildschirm.
Die Aufnahmen waren noch unbearbeitet, und das Knattern der Rotorblätter und Bruchstücke von Funksprüchen zwischen Pilot und Studio begleiteten die Bilder, die erstaunlich scharf waren, obwohl die Kamera die ganze Zeit über in Bewegung war. Der Helikopter segelte in einer Art Rundflug über ein Kopenhagen, das in seiner Ausdehnung enorm und dennoch klein erschien, das grau und anonym in der Dunkelheit lag. Selbst Zinnen, Türme und Hochhäuser muteten aus der Perspektive der Kamera wie Miniaturen an.
»Flughöhe?«, fragte Axel.
»Das weiß ich nicht, aber wir können näher ranzoomen. Was willst du sehen?«
»Die Aufnahmen vom Nørrebro-Friedhof, von der Kreuzung, vom Jugendzentrum, alles von Nørrebro nach 23.00 Uhr.«
Plötzlich wurde der Bildausschnitt sehr klein, Schornsteine, rote Dachfirste, Schieferdächer, Parabol- und altmodische Fernsehantennen und neue Mobilfunkmasten huschten über den Schirm. Auf den ersten Blick war schwer auszumachen, wo sie sich befanden, aber dann tauchten die Seen und die Dronning Louises Bro mit ihren acht leuchtenden Kuppellaternen auf. In der Dunkelheit glichen sie gelben Katzenaugen. Der Helikopter setzte seinen Flug die Nørrebrogade hinauf fort, passierte den kleinen Knick in Höhe der Griffenfeldsgade, und dann konnte er den Friedhof sehen, bevor das Bild an der Kreuzung und beim Jugendzentrum erstarrte.
»Wonach suchst du?«
»Ich erzähle es dir, aber du musst mir versprechen, dass du es nicht verwendest, bevor ich dir das Okay dazu gebe.«
Sie runzelte die Stirn, willigte aber ein, und Axel berichtete ihr von seinen Vermutungen und den bisherigen Ermittlungen.
»Was mich interessiert, ist, wie das Opfer dorthin gekommen ist. Ich bin sicher, dass es seinem Mörder auf dem Friedhof begegnet sein muss. Außerdem hätten ein paar von unseren Leuten den Bereich im Auge behalten müssen, in dem die Leiche gefunden wurde, aber sie haben zu dieser Zeit Tiefschlaf gehalten.«
Sie spulte vor, während sie redeten.
»Was ist jetzt mit ihnen?«
»Auch das behältst du bitte für dich. Sie wurden heute von der Staatsanwaltschaft verhört.«
Er spürte, wie sich ihre Aufmerksamkeit von den Bildern auf dem Schirm entfernte und zu hundert Prozent auf das fokussierte, was er sagte.
»Okay. Werden sie verdächtigt, etwas mit dem Mord zu tun zu haben?«
»Nein, nicht direkt, es geht darum, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wenn irgendwann, irgendjemand im Dreck wühlt, kann niemand sagen, wir hätten die Sache nicht internuntersucht. Den einen habe ich selbst verhört, und er hat sicher niemanden umgebracht, aber seinen Job hat er auch nicht gemacht, denn der Mord wurde in dem Bereich verübt, den er bewachen sollte.«
»Was ist also passiert?«
»Ich weiß es nicht, aber wenn es nicht zwei Männer wären, könnte man annehmen, sie hätten sich in die Büsche geschlagen und ’ne Nummer geschoben.«
»Wer sagt, dass sie das nicht getan haben?«
In der obersten Ecke des Bildschirms wirbelte die Tageszeit im Schnelldurchlauf vorwärts. Die Kamera zeigte eine Panoramaaufnahme der Seen und schwenkte dann weiter zum Rathausplatz, wo sich mehr als tausend Menschen zu einem Trauermarsch mit weißen Särgen und Fackeln versammelt hatten. Sie bewegten sich langsam in Richtung Nørrebro und Folkets Park, einem schmutzigen Baugrundstück genau im Herzen des Stadtteils, das überwiegend von Kleindealern vom Blågårds Plads und Trinkern bevölkert wurde. Gegen 23.30 Uhr löste sich die Demonstration auf, und Axel konnte aus der Vogelperspektive beobachten, wie sich das berühmte Einsatzkonzept voll entfaltete. Die Polizei riegelte alle Seitenstraßen mit Einsatzwagen ab und rückte vor, um den Park einzunehmen. Die Menschen sprangen zur Seite und rannten davon, verfolgt von Gruppen Uniformierter.
»Ihr geht ganz schön zur Sache, was?«, sagte Dorte Neergaard, die nicht dafür bekannt war, zart besaitet zu sein, was vermummte Demonstranten und ihre Verwüstungen in der Stadt anging, und auch Axels Aufmerksamkeit entging nicht, dass die Schlagstöcke bereitwillig geschwungen wurden.
Der Helikopter bewegte sich wieder in Richtung Jugendzentrum, und sie stoppte die Aufnahme, als sie zur Kreuzung kamen. Die Zeitanzeige stand auf 23.34 Uhr, und Axel konnte etwas sehen, das durchaus zwei Polizisten glich, die im Schutz
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