Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Schreibtisch seines kleinen Privatbüros plumpsen.
    »Ich brauche Sie nicht mehr, gehen Sie an Ihre Arbeit!« sagte er unfreundlich zu Fräulein Suchviel, die mit bekümmertem Gesicht die Tür zumachte und flüsterte: »Oje, oje — der alte Onkel Pitt war aber wirklich viel netter als dieser Totokatapi.«
    Mister Knister legte nun seine Füße mit den Schuhen auf den Schreibtisch, zündete sich eine Zigarre an und paffte große Ringe in die Gegend. Dann nahm er Bleistift und Papier und rechnete sich aus, wieviel er wohl für das Kaufhaus verlangen könnte.

Rummel unter dem fliegenden Teppich

    »Dieser fliegende Teppich ist eines der köstlichsten Dinge, die ich je gekauft habe«, sagte der Sultan vergnügt und winkte mit der beringten Hand über den Rand. Unten waren aber nur Meer und Fische, die nicht zu ihnen hinaufblickten. Der Teppich schwebte sanft wellend dahin.
    »Ich wollte, dieses Eines-der-köstlichsten-Dinge würde nicht so schaukeln«, jammerte das Kamel.
    »Man hat wahrhaftig das Gefühl, auf Watte zu reisen«, sagte Löwe. »Wenn man es nicht gewöhnt ist, kommt es einem etwas unsicher vor.«
    Totokatapi hatte eine ganze Weile auf seinem Cello verschiedene Lieder nacheinander gespielt, jetzt legte er das Instrument beiseite und sagte: »Ganz bestimmt bin ich der einzige Mensch, der jemals auf einem fliegenden Teppich Cello gespielt hat.«
    »Ich werde dir noch einen zweiten Orden vom goldenen Pantoffel verleihen!« sagte der Sultan. »Im übrigen sehe ich Land in der Ferne, wir werden uns wohl bald der kleinen Stadt Irgendwo nähern. Und das gefällt mir nicht. Ich möchte noch mit euch herumfliegen und meinen Urlaub genießen.«
    »Laß uns doch in ein schönes Hotel mit weichen Betten fliegen«, schlug das Kamel vor.
    Der Zufall wollte es, daß gerade eine Schwalbe angesegelt kam und eine ganze Weile neben ihnen herflog.
    »Wo um alles in der Welt kommt ihr her?« fragte sie. »Laßt mich einmal raten: Ihr seid von der großen Festwiese...«
    »Von der was?« fragte der Sultan interessiert.
    »Von der Festwiese«, sagte die Schwalbe. »Ihr wollt mir doch wohl nicht erzählen, daß ihr noch nichts vom Allgemeinen Rundum-Rummelfest gehört habt?«
    »In der Tat«, sagte der Sultan. »Das haben wir nicht. Und ich glaube, du kommst gerade im rechten Augenblick. Wo ist dieses Rundum-Rummelfest?«
    »Geradeaus, ostnordostwärts«, rief die Schwalbe. »Ihr könnt es nicht verfehlen. Es ist am Rande der großen Stadt Da-und-Dort aufgebaut. Ihr werdet die Karussells, Blasmusik, Orchestrions und Böllerschüsse schon bald hören.«
    »Das ist genau das, was ich mir wünsche«, rief der Sultan. »Schon immer wollte ich einmal ein Rundum-Rummelfest besuchen.« Er rieb die Hände dreimal gegeneinander und ließ den fliegenden Teppich die Richtung zur großen Stadt Da-und-Dort einschlagen.
    Sie flogen nun über braunes Land, über wogende Kornfelder, Hügelkuppen, dicht mit Wald bewachsen, über weite, grüne Wiesen und blitzende Flußläufe.
    »Ich höre etwas!« sagte Löwe bald, er hatte sehr gute Ohren.
    So war es: Erst klangen vereinzelte Töne zu ihnen, dann wurden es mehr und mehr, und endlich hörten sie das Quietschen, Klingeln, Orgeln, Pfeifen, Trillern und Durcheinandermusizieren laut und deutlich.
    »Wir sind da!« rief der Sultan, warf einen vergnügten Blick von oben auf die große Stadt Da-und-Dort, auf ihre Dächer, Straßen und Kirchtürme, auf die Rundum-Rummelfestwiese mit den Buden, Karussells, Riesenrädern, Fahnenstangen und Alles-was-das-Herz-begehrt-Vergnügungen.

    Dann ließ er den fliegenden Teppich sanft und unbemerkt in den Büschen hinter dem großen eisernen Denkmal der Landesmutter mit dem Lorbeerkranz in der Hand landen.
    »Gott sei Dank!« seufzte das Kamel. »Aber was kommt jetzt?«
    »Bist du sicher, daß ich hier nicht wieder gefangen und in einen Zoo gesperrt werde?« fragte der Löwe.
    »Nirgends fällt ein Löwe weniger auf als auf einem Rummelplatz!« beruhigte ihn der Sultan.
    »Und ich?« fragte das Kamel.
    »Ein Kamel noch weniger! Los, wir stellen unser Gepäck hier in die Büsche, rollen den Teppich zusammen, legen ihn dicht an den Sockel des Denkmals — und dann auf ins Vergnügen!«
    Der Sultan hatte sich nicht geirrt. Jedenfalls für die erste Zeit nicht. Als er mit dem Kamel, dem Löwen und Totokatapi durch die breite Budenstraße schlenderte, hielten sie die Leute, denen sie begegneten, für Schausteller, wie sie überall standen und die seltsamsten Dinge aus

Weitere Kostenlose Bücher