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Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Mitte Platz. Totokatapi setzte sich mit seinem Cello auf den großen Schrankkoffer des Sultans und stellte sein Handköfferchen ab. Löwe ließ sein Hinterteil danebenplumpsen und schaute unternehmungslustig aus den Augen. Pips’ Taschentuch hatte er aus dem Halsbandetui genommen, um damit winken zu können. Zuletzt setzte das Kamel seine blausamtenen, silberbestickten Pantoffeln zaghaft und mit bekümmertem Gesicht auf den Teppich.
    »Ich glaube, es war der schlechteste Gedanke, den ich jemals hatte, dir den Kauf dieses unsicheren fliegenden Teppichs zu empfehlen!« seufzte es.
    Auf der Terrasse hatten sich die Palastdiener versammelt und riefen: »Hurra!«
    Der Sultan klatschte in die Hände, rieb ihre Innenflächen dreimal gegeneinander und rief: »Teppich, erhebe dich!«
    Leise und sanft wie ein neuer Fahrstuhl erhob sich der Teppich, die Palastdiener begannen vor Freude zu springen, zu tanzen und ihre Mützen und Turbane in die Luft zu werfen — schon schwebte der Sultan mit seinen Freunden über ihre Köpfe und die Terrassenbrüstung hinweg in den klaren blauen Himmel.

    Totokatapi hatte — wie es sich gehört — auf seinem Cello das hübsche Lied »Muß i’ denn, muß i’ denn zum Städtele hinaus« zu spielen begonnen, was auch auf den großen Ozeandampfern immer gespielt wird, wenn sie in See stechen.
    Überall in den Straßen drängten sich die Sultanier in ihren weißen Burnussen, um den denkwürdigen Abflug ihres Sultans mitzuerleben.
    Löwe winkte mit Pips’ Taschentuch zu ihnen hinunter.
    Bald aber verschwand die Stadt mit ihren Kuppeln, Dächern und Minaretten — der fliegende Teppich überquerte die Bucht, wo die weißen Schiffe ankerten und das Tuten der Sirenen heraufklang, und dann lag das weite, leuchtende Meer unter ihnen.
    Das Kamel schielte mit einem Auge über seinen Rand, schloß es aber rasch und stöhnte: »Oh — daß ich das noch erleben muß!«
    Der Sultan tätschelte seine Schnauze und rief: »So vergnügt war ich noch selten. Ich hoffe, eine weite und abwechslungsreiche Reise zu machen. Totokatapi, du hast es doch nicht eilig, zu deinem Kaufhaus zu kommen?«
    »Nein!«
    »Dann wollen wir auch nicht sofort dahin fliegen, denn ich habe das unangenehme Gefühl, daß wir dann in allerhand aufregende Abenteuer verwickelt werden. Ich will aber jetzt keine Abenteuer erleben, sondern mich erst einmal amüsieren und erholen. Es gibt so viele hübsche Orte auf der Welt, und ich kenne noch so wenige.«

Mister Knister beginnt, Totokatapi zu werden

    Weit entfernt von der kleinen Stadt Irgendwo an der Küste lag eine verschwiegene und unbekannte Bucht am Meer. Ringsherum standen hohe Felsen aus Sandstein, auf denen Tannen ihre dichten Zweige ausbreiteten. In dieser Bucht gab es auch noch eine kleine Höhle — alles in allem war das der beste Platz für jemanden, der ungesehen landen will.
    Hier landete Mister Knister, als es Nacht wurde. Er vertäute das Krozeppon an einer Baumwurzel und nahm seine beiden Koffer, um die Höhle aufzusuchen.
    Krodi benutzte die gute Gelegenheit zu einem ausgiebigen Bad.
    Mister Knister erkletterte den kleinen Pfad bis zur Höhle, und als er diese erreicht hatte, knipste er seine Taschenlampe an, um alle Wände abzuleuchten. Die Höhle war leer, er trat ein und stellte seine beiden Koffer im hintersten Winkel ab. Er rollte einen großen Stein herbei, den er als Stuhl benutzte. Dann öffnete er den Koffer mit den Kleidern, entnahm ihm eine Kerze, die er auf den Geldkoffer klebte und anzündete. Er klemmte einen kleinen Spiegel zwischen die Steine der Höhlenwand und kramte verschiedene Puder-, Schmink- und Farbtöpfe aus seinem Koffer, dazu falsche Haare und falsche Nasen, die er vor sich hinlegte.
    »T-t-t!« machte er, indem er sein Gesicht im Spiegel betrachtete, und griff dann in einen Tiegel mit schwarzer Farbe für seine Haut und für seine Haare. Dann legte er noch eine Brennschere daneben.
    Er hatte sich aus einer Zeitung das Bild eines afrikanischen Stammeshäuptlings ausgeschnitten, das steckte er mit einer Stecknadel so neben den Spiegel, daß er es gut betrachten konnte, zog sich Jacke und Hemd aus und schmierte sich die ganze Haut schwarz bis zum Bauchnabel und bis zu den Fingerspitzen.
    Als er damit fertig war, patschte Krodi — triefendnaß — in die Höhle.
    »Du hättest Anstreicher werden sollen«, brummte er.
    »Komm lieber her und mach mir die Haare!« sagte Mister Knister.
    »Du hast Glück, daß ich beim Baden gute Laune bekam«,

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