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Kommt ein Mann ins Zimmer (German Edition)

Kommt ein Mann ins Zimmer (German Edition)

Titel: Kommt ein Mann ins Zimmer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Krauss
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zeichneten sich undeutlich die Umrisse von Gemälden ab. Ansonsten nichts Überflüssiges, nur ein Minimum an Möbeln, auf denen man unbequem saß: Hier konnte nur ein Zwangscharakter oder ein Genie zu Hause sein. Plötzlich kam ihm ein Gedanke: «Was für eine Art Doktor sind Sie?», wobei er sich jetzt fragte, ob er etwa den ganzen Weg hergekommen war, um einen Spinner vorzufinden, einen durchgeknallten Reichen. Einen Scientology-Freak oder einen Mann, der seinen Titel am Bildschirm erworben hatte.
    «Der Ausbildung nach Neurochirurg, aber jetzt mache ich nur noch Forschung, Neurowissenschaft. Habe nicht mehr viel mit denen da zu tun», sagte Ray, mit einer Geste auf das Tal deutend.
    «Wie Lavell.»
    Ray lächelte. «Ja. Ein Mann fürs Gedächtnis.»
    «Wo sind sie jetzt, Ihre Frau und die Kinder?»
    «Meine Frau ist vor über fünfzehn Jahren an Krebs gestorben. Die Kinder sind beide verheiratet. Matthew lebt in San Francisco, Jill in London. Sie haben eigene Kinder. Sie besuchen mich zu Weihnachten. Möchten Sie etwas trinken?» Samson nickte, worauf Ray in die Küche ging und mit einem Glas Orangensaft zurückkehrte. Und was würde es schon ausmachen, wenn er seinen Titel über Kabel erworben hätte?
    «Die Küche steht Ihnen offen, nehmen Sie sich bitte, was Sie wollen. Viel ist nicht da; ich habe Larissa – die Haushälterin – gebeten, etwas einzukaufen, aber ich bin schon so viele Jahre auf meiner ganz eigenen Diät, dass ich fürchte, sie war etwas überfordert. Ich habe nur ein Päckchen Kekse auf der Anrichte gefunden.»
    «Was ist das für eine Diät?»
    «Eine Art Makrobiotik.»
    Samson fragte sich, ob Ray sein altersloses Aussehen der im Mixer herumgewirbelten organischen Kost zu verdanken hatte. Er schien – besonders hier, in seinem eigenen Haus – gegen jedes Unglück gefeit. Samson erinnerte sich an einen Jungen, den er früher gekannt hatte, einen Freund, dessen Bruder kein Immunsystem besaß. Er musste die ganze Zeit einen Plastikanzug tragen, wie eine Blase, damit keine Keime zu ihm durchdrangen. Er war in einem Krankenhaus in San Francisco, und einmal ging er mit seinem Freund den Bruder besuchen, der Duke hieß. Die Mutter fuhr sie hin, und während der Fahrt duckten sie sich auf den Rücksitz und schossen mit leeren Wasserpistolen auf überholende Autos. Als sie ankamen, wartete Duke schon. Er wusste, dass sie kommen würden, und hatte ein riesenhaft verzerrtes Grinsen auf seinem Gesicht hinter dem Plastikhelm. Die Mutter umarmte ihn durch die schwere Synthetikhaut. Duke schloss einfach nur die Augen. Samson hätte nicht sagen können, ob dieses Kind es mochte oder nicht, ob es vielleicht so daran gewöhnt war, in der Blase nicht berührt zu werden, dass es sogar die mütterliche Umarmung unangenehm und irgendwie bedrohlich fand, wie die Annäherungsversuche eines großen Hundes. Sie gab ihm ein paar Geschenke, und nachdem er sie aufgerissen hatte, spielten sie alle miteinander. Immer wenn jemand ihn anstieß, hörte man Synthetik knistern oder den seltsamen, unmenschlich dumpfen Schlag von etwas, was gegen hartes Plastik prallt. Als es Zeit war zu gehen, stand Duke winkend im Gang und sah ihnen mit einem Grinsen und traurigen Augen hinterher.
    Als er aufblickte, beobachtete Ray ihn neugierig. Irgendwo im Haus klingelte ein Telefon, und als Ray das Licht anknipste, sonderte die Birne ein leichtes Puffen ab, dann leuchtete sie auf. Er ging den Flur entlang, und Samson hörte ihn das Telefon abnehmen und mit ruhiger Stimme reden. Ihm wurde bewusst, wie seltsam das alles war, er in Los Angeles, in Rays Haus, am anderen Ende der Anrufe, die er in den letzten Monaten bekommen hatte. Makrobiotik: Essen Sie einfache Getreidekost, und Sie werden wieder fit. Er hatte in einer Zeitschrift darüber gelesen. Aus makrobiotischer Sicht beginnt Krankheit mit Müdigkeit und endet mit Krebs oder geistiger Verwirrung. Getreide, das einzige Universalmittel, das alle unsere Vorfahren kannten. Nicht jeder Samen ist Getreide.
    Ray kam ins Wohnzimmer zurück. «Nun, was meinen Sie, reden wir morgen früh? Wie gesagt, keine Bedingungen, was das Flugticket betrifft. Wenn sonst nichts dabei herauskommt, können Sie das hier in einen Sonnenurlaub am Meer verwandeln. Verdammt, nehmen Sie das Cabrio. Fahren Sie an den Strand.» Rays gelegentliche Flüche waren wie der letzte Überrest der Laster eines Geläuterten; ein Hauch Unmoral, der ihn etwas weniger heilig, etwas menschlicher erscheinen ließ.
    «Ich weiß gar

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