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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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deiner Direktion genug bekommen. Ich wollte einfach ein paar Mal mitreisen, damit ich die echte Seite der Nachtreisen mitbekomme.«
    »Die echte Seite?«, tat Perez, als wäre er erstaunt und zwinkerte mit den Augen.
    »Die echte Seite!«, quittierte Danner das Stichwort von Perez mit einem breiten Grinsen. Prompt holte er eine kleine Reisetasche vom Gepäckhalter herunter und öffnete sie. Er nahm eine Flasche des teuersten Whiskeys heraus, den er je gekauft hatte. 15 Jahre alter Laphroaig. »Und eins!«, sagte Danner und hielt die Flasche zwischen sich und Perez.
    Perez wiederum zog aus der Brusttasche ein Etui mit Zigarren und sagte: »Und zwei.«
    Sofort kramte Danner aus der Jackentasche ein Feuerzeug hervor. »Und drei!«, rief er.
    Danner und Perez kicherten spitzbübisch ob ihrer Kameradschaft, die sich über die wenigen Tage gemeinsamer Fahrten im Nachtzug von Lissabon nach Lyon spontan entwickelt hatte. Zumindest meinte Perez, dass es spontan gewesen sei. Also goss Danner Whiskey in zwei bereitgestellte Gläser. Also kappten sie die Zigarrenenden. Also gaben sie sich gegenseitig Feuer.

    Pause.

    Nachdem er den ersten richtigen Zug eingesogen hatte, entspannte Danner sich und der Kopf wurde ihm leicht. Auch Perez genoss seinen ersten tiefen Zug an der Zigarre und schaute zum Fenster hinaus. Ein Moment der Stille. Plötzlich hörte er das Ta-Tang Ta-Tang der Zugsräder, wenn sie über die Verbindungsstellen der Schienen fuhren. Ein Geräusch, das immer da war, das er aber erst in diesem Moment der Ruhe wieder bewusst wahrnahm.
    Danner nutzte die Zeit zum Nachdenken. Bald würde er in Basel sein. Entscheidende Informationen zum Mordfall »Bistro« hatte er bisher nicht sammeln können. Vielleicht war Kommissar Baumer einfach naiv gewesen zu glauben, man könne einen Hinweis – oder gar einen eindeutigen Beweis – für den Drogenhandel ausgerechnet in diesem Zug finden. Gut, Heberlein hatte vom Nachtzug Lissabon-Lyon gesprochen. Das war also sicherlich das Transportmittel, mit dem die Drogen auf dem ersten Teil der Reise nach Basel gebracht wurden. Eine geniale Idee der Großhändler. Alles schielte auf den Balkan und die Einfallspforten im Osten. Die Drogen dann durch die kaum bewachte Hintertür einzuschleusen, zeugte von Einfallsreichtum – wenn es denn so war. Irgendwie war Danner von dieser Theorie noch nicht vollends überzeugt, denn bisher hatte er im Zug nichts Ungewöhnliches beobachten können. Es konnte natürlich auch sein, überlegte er, dass die Bosse im Hintergrund momentan auf Nummer sicher gingen. Vorerst würden vielleicht keine Drogen mit dem Zug transportiert werden. »Kommt kein Schnee!« Das hatte Heberlein mitbekommen. Andererseits war der Handel ja nicht aufgeflogen. Der Amok im Bistro war ad acta gelegt. Die Schmuggelroute schien immer noch sicher. Und der Schweizer Markt verlangte weiterhin Drogen, dürstete geradezu danach. Die Lieferungen mussten einfach wieder anlaufen, sonst würde schnell ein Konkurrent in die Bresche springen und das äußerst lukrative Geschäft übernehmen.
    Aber halt! Endlich kam Danner der entscheidende Gedanke. Der Mittelsmann fehlte ja. Stankovic. Der war hinüber! Die Firma konnte, trotz großer Nachfrage, gar nicht mehr in die Schweiz liefern, weil der Anschluss fehlte. Das hatte Baumer nicht bedacht. Hier im Zug gab es nichts zu beobachten.
    Dann hatte Danner einen Geistesblitz. Das Unternehmen musste sicherlich neu organisiert werden. Man brauchte neue, verlässliche Mitarbeiter, die ohne aufzufallen Grenzen überquerten.
    Danner entschied sich, spontan alles auf eine Karte zu setzen. »Wie viel machst du?«, wollte er vom Schaffner wissen.
    Perez sog den Rauch seiner Davidoff ein, genoss die miteinander kokettierenden Aromen im Mund, blies dann den Rauch mit spitzem Mund aus, während er mit träumerischem Blick aus dem Fenster auf die konturlose Schwärze blickte. Nur selten war sie mit Lichtern verziert. »Machen womit?«, fragte er.
    »Mit Schmuggel?«
    »Schmuggel?« Perez sprach diese Wort sachlich aus, immer noch in eigene Gedanken versunken.
    »Ich könnte dir helfen.«
    Endlich war Perez hellwach. Er blickte Danner aus den Augenwinkeln mit einer Mischung aus Misstrauen und Interesse an, musterte ihn scharf.
    Danner, der seine Sonnenbrille auf der ganzen Reise nie aufgehabt hatte, neigte seinen Oberkörper, die taxierenden Blicke ignorierend, zum portugiesischen Schaffner. »Ich bin von der Presse! Komme überall hin. Zeig einfach meinen

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