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Komoedie des Alterns

Komoedie des Alterns

Titel: Komoedie des Alterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scharang
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berichteten die Kinder dem Vater, und schon ertrage keiner den anderen. Die Kinder sollten die Leute beobachten, egal, ob Ägypter oder Österreicher, jeder mache einen Bogen um den anderen, als sei der von einem Ausschlag befallen. Jeder, kaum habe er eine Hand frei, kratze sich fortwährend an verschiedenen Stellen des Körpers, kurz an der Ferse, schon schnelle die Hand hinauf zur Augenbraue. Man sei offensichtlich aufs äußerste gereizt durch die Lebensumstände, durch das Leben in Zelten, zwanzig Personen verteilt auf nur drei Zelte. Der Boden habe anfänglich aus großen, auf den Wüstensand gelegten Kunststoffplanen bestanden. Was für ein Fehler! Die seien mit jedem Schritt in den Sand gedrückt worden und dort verschwunden.
    Nun kollere alles im Sand umher, der jucke die Menschen in der Mundhöhle und in der Speiseröhre. Ihm selbst ergehe es nicht anders. Er aber habe schon am zweiten Tag die Rolle des Beobachters eingenommen, der, über die unerträgliche Realität erschrocken, nicht ausschließen könne, daß die Gründung der Farm nacheiner Woche scheitere, weil niemand mehr hier arbeiten wolle und könne, und zwar nicht deshalb, weil die Arbeitsbedingungen schlecht seien.
    Im Gegenteil, wenn es etwas gebe, was er und sein Freund genau geplant hätten, dann die Arbeit. In Erinnerung an ihre Tätigkeit im Stahlwerk hätten sie beschlossen, daß ein Bohrtrupp nicht länger als zwanzig Minuten in der Sonnenhitze arbeiten dürfe – doch sie hätten vergessen, und das sei eine Schande, auch an erträgliche Lebensbedingungen zu denken.
    Das sei eine Schande, habe der Österreicher wieder und wieder zu den Kindern gesagt, er könne sich dieses Versagen nur so erklären, daß Zacharias und er, unabhängig voneinander, sich von Jugend an ein Leben gewünscht hätten, in dem kein Gegensatz herrscht zwischen der freien Zeit und jener, in der man arbeiten muß. Gewöhnlich werde die Arbeit als der qualvolle Teil des Lebens betrachtet, deshalb wohl hätten die beiden Freunde den Ablauf der Arbeit in der Wüste geradezu liebevoll organisiert, sogar an Schallschutzwände hätten sie gedacht, um die Menschen vom Lärm der drei großen Dieselaggregate abzuschirmen, und jeder Bautrupp verfüge über ein mobiles Sonnendach. Sie hätten sich während der Planung gefragt, ob es in der vieltausendjährigen Geschichte Ägyptens jemals vorgekommen sei, daß jemand in der Wüste und dennoch im Schatten arbeiten konnte. Bestens organisiert sei auch die Labung in den Arbeitspausen, die Getränke gekühlt, die Würste gebraten, das Brot geröstet, das Lamm gegrillt, Obst und Gemüse frisch.
    Was aber geschehe nach der Arbeit? Es gebe zwei Schichten, von fünf bis zwölf und von fünfzehn biszweiundzwanzig Uhr, spätabends im Scheinwerferlicht. Wohin nach Ende der Schicht? In eines der drei Zelte. In jedem stünden mindestens sechs Betten; das sei nicht das Problem, die Zelte seien groß genug; aber außer den Betten befinde sich nichts darin, das sei das Problem. Jeder verstreue seine Habseligkeiten auf einem Boden, der nicht vorhanden sei, weil er nur aus Sand bestehe.
    Er und Zacharias, so der Österreicher zu den Kindern, liefen Gefahr, in die von niemandem geschriebene Geschichte der größten Toren einzugehen als zwei Materialisten, die ein großes Reformvorhaben begonnen hätten, aber schon am Anfang dieses Unternehmens vergäßen, für die primitivsten materiellen Bedürfnisse zu sorgen. Der skrupelloseste Kapitalist, wolle er seine Arbeiter nicht absichtlich zugrunde richten, kümmere sich um deren Leben nach der Arbeit mehr, als sie das getan hätten. Die Leute seien körperlich und seelisch krank vom Leben in den Zelten, auch deshalb, weil niemand ihnen in Aussicht stelle, daß dieser Zustand sich in den nächsten Wochen ändere, von Zacharias hörten sie nur, es sei jedem bekannt gewesen, daß man die paar Monate, bis die Brunnen gebohrt und die ersten Felder angelegt und unter Wasser gesetzt seien, in Zelten wohnen werde, danach sei Zeit genug, um bessere Wohnmöglichkeiten zu schaffen.
    Den Kindern versicherte Heinrich, sie brauchten keine Angst zu haben, er fahre noch in dieser Woche nach Kairo, dort lagere Holz für den geplanten Barackenbau, die nächsten Phase vor der Errichtung fester Häuser, er werde einiges davon herbeischaffen, um wenigstens eine Baracke zu bauen mit festem Fußboden. Darauf, auf einen stabilen Bretterboden, komme es an. Er habe sie,Ägypter und Österreicher, beobachtet: Außerhalb der

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