Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik
einer polynesischen Gottheit amerikanischer Herkunft. Dann schwangen wir das Beil und trieben es in den Stamm, daß es durch den Urwald hallte. Aber einen saftstrotzenden Balsabaum zu fällen, war eine Hundearbeit. Das Holz federte, als würde man mit einem stumpfen Beil auf Kork schlagen. Die Axt prellte förmlich zurück, und ich hatte noch nicht allzuviel Hiebe getan, als Hermann mich schon ablösen mußte. So wanderte das Beil zwischen uns hin und her, während die Splitter flogen und der Schweiß in der Dschungelhitze nur so floß. »Ku« stand hinaus in die Luft wie ein Hahn auf einem Bein und zitterte unter den Schlägen. Bald schwankte er und brach schwer über den Wald herein, während in weitem Umkreis große Äste und kleine Bäume in den Fall des Riesen mit hineingezogen wurden. Wir entästeten den Stamm und begannen die Rinde Zickzack auf Indianermanier zu entfernen, als Hermann plötzlich das Beil fahren ließ und in die Luft sprang wie in einem polynesischen Kriegstanz, die Hand auf seinen Schenkel gedrückt. Aus dem Hosenbein fiel ein glänzendes Insekt, groß wie ein Skorpion mit einem langen Giftstachel am Ende. Das Biest mußte eine Schale wie ein Hummer haben, denn es war fast unmöglich, es am Boden zu zertreten.
»Ein Kongo«, erklärte Don Federico bedauernd, »das kleine Schwein ist schlimmer als ein Skorpion, aber nicht gefährlich für einen gesunden Mann.«
Hermann war einige Tage lang mürb und steif. Aber er konnte doch mit uns auf Jagd nach weiteren Balsariesen zu Pferd die Dschungelwege entlanggaloppieren. Ab und zu hörten wir Knacken und Brechen, ein dumpfes Dröhnen weiter drinnen im Urwald. Don Federico nickte zufrieden. Das waren seine Halbblutindianer, die einen neuen Balsariesen für das Floß gefällt hatten. Und in einer Woche waren »Ku« die Bäume »Kane«, »Kama«, »Ilo«, »Mauri«, »Ra«, »Rangi«, »Papa«, »Taranga«, »Kura«, »Kukara« und »Hiti« nachgefolgt, zusammen zwölf mächtige Balsariesen, alle getauft zu Ehren der polynesischen Sagenfiguren, deren Namen einmal mit Tiki von Peru übers Meer gebracht worden waren. Saftglänzend wurden die Stämme durch den Dschungel gezogen, zuerst von Pferden und das letzte Stück von Don Gustavos Traktor, der sie bis an die Uferböschung vor dem Bungalow brachte.
So voller Saft waren die Stämme keineswegs leicht wie Kork. Jeder wog sicher eine Tonne, und wir erwarteten mit großer Spannung, wie sie im Wasser schwimmen würden. Wir rollten sie einzeln an die Kante der Böschung, wo wir Seile aus zähen Schlingpflanzen an ihre Ende banden, damit sie uns nicht mit dem Strom davontrieben, wenn wir sie hinunterkippten. Einen nach dem anderen rollten wir sie dann über die Böschung hinab und in den Fluß hinein, so daß große Schlammfontänen in die Höhe schössen. Sie wälzten sich herum. Als sie sich beruhigt hatten, lagen sie etwa zur Hälfte über der Wasserfläche und rührten sich auch nicht mehr, als wir hinausbalancierten. Mit zähen Lianen, wie sie von den Kronen der Dschungelbäume herabhingen, banden wir die Stämme zu zwei mittelgroßen Flößen zusammen, so daß das eine im Schlepp hinter dem anderen hing. Wir beluden sie mit dem, was wir später an Bambus und Lianen brauchen würden, und dann gingen Hermann und ich an Bord, zusammen mit zwei Männern einer geheimnisvollen Mischrasse, mit denen wir leider keinerlei Sprache gemeinsam hatten.
Als wir die Vertäuungen kappten, wurden wir von den wirbelnden Wassermassen erfaßt und zogen in rascher Fahrt den Fluß hinunter. Das letzte, was wir im Duschregen sahen, bevor wir die erste Kurve rundeten, waren unsere prächtigen Freunde, die noch weit draußen auf der Landzunge vor dem Bungalow standen. Dann krochen wir unter ein kleines Regendach von frischen Bananenblättern und überließen die Probleme der Steuerung unseren braunen Experten, deren einer sich vorne, der andere hinten aufgebaut hatte. Mit ihren gewaltigen Rudern beherrschten sie das Floß mit spielender Leichtigkeit, auch in der reißendsten Strömung. So tanzten wir zwischen versunkenen Bäumen und Sandbänken in eleganten Kurven hinunter.
Wie eine geschlossene Mauer stand der Dschungel auf beiden Seiten die Ufer entlang, und Papageien und farbenreiche Vögel schreckten aus dem dichten Laubwerk auf, wenn wir vorbeizogen. Ein paarmal warf sich ein Alligator in den Fluß und verschwand im Schlammwasser. Aber bald bekamen wir noch ein viel merkwürdigeres Ungetüm zu Gesicht. Es war dies eine
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