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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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lange Funken aus seinem Beutestück. Nur Torstein, Knut und der Papagei bewegten sich ungefährdet in der verhexten Ecke, und wir befestigten eine Papptafel, um die Gefahrenzone für uns andere zu markieren.
    Während wir schliefen, saß Knut eines Nachts und bastelte beim Lampenschein in seinem Radiowinkel. Da zwickte er mich plötzlich ins Bein und berichtete, daß er sich auf seiner Taste mit einem Kerl unterhalte, der dicht vor Oslo wohne und Christian Amundsen heiße. Das war tatsächlich ein kleiner Amateurrekord. Denn der winzige Kurzwellensender auf dem Floß mit seinen 13 990 Kc./sek. sandte nicht mehr als 6 Watt aus, ungefähr dasselbe wie eine Taschenlampe. Es war am 2. August, und wir waren über 60 Grad um die Erde gesegelt, so daß wir uns also gerade am entgegengesetzten Ende der Welt befanden. König Haakon wurde am Tage darauf fünfundsiebzig Jahre alt, und so schickten wir ihm eine Gratulation vom Floß aus direkt nach Norwegen. In der nächsten Nacht war Christian wieder hörbar und sandte uns ein Antworttelegramm des Königs mit den besten Wünschen für unsere weitere Fahrt.
    Noch eine andere nette Episode zeigte uns so richtig den Gegensatz zwischen urtümlichem Flößerleben und moderner Technik. Wir hatten zwei Fotoapparate an Bord, und Erich hatte für ein Paket Chemikalien gesorgt, um die Fotografien unterwegs zu entwickeln, so daß wir neue Bilder aufnehmen konnten, wenn einzelne nicht gelungen waren. Nach dem Besuch des Walhaies konnte er sich nicht länger gedulden.
    Eines Abends mixte er Pulver und Wasser genau nach Vorschrift zusammen und entwickelte zwei Filme. Die Negative sahen aus wie Fernsehfotos. Sie bestanden nur aus unklaren Runzeln und Punkten. Die Filme waren ruiniert. Wir telegrafierten an unsere Partner und baten um Rat. Der Funkspruch wurde von einem Radioamateur in Hollywood aufgeschnappt, der sofort das nächste Laboratorium anrief.
    Kurz darauf schaltete er sich wieder ein und erzählte uns, daß unsere Entwicklerflüssigkeit zu warm sei. Die Wassertemperatur dürfe nicht mehr als 16 Grad betragen, sonst würden die Negative schrumpfen.
    Wir dankten für den guten Rat und stellten fest, daß die absolut niedrigste Temperatur in unserer Umgebung die der Meeresströmung war, und die betrug 27 Grad. Nun war Hermann Ingenieur und eigentlich Fachmann in Kältetechnik. Ich gab ihm daher im Spaß den Auftrag, uns Wasser von 16 Grad zu beschaffen. Er bat, über die kleine Kohlensäureflasche zu dem bereits aufgeblasenen Gummiboot verfügen zu dürfen. Dann überdeckte er eine Schüssel mit einer Unterjacke und einem Schlafsack. Nach einem zünftigen Hokuspokus starrten Hermanns Bartstoppeln plötzlich von Rauhreif, und er servierte uns einen großen Klumpen weißen Eises.
    Erich entwickelte von neuem, diesmal mit glänzendem Resultat.
    Das Wellenreich im Äther, das uns von Torstein und Knut verdolmetscht wurde, war natürlich in Kon-Tikis fernen Tagen ein noch unbekannter Luxus gewesen. Aber das Wellenreich unter uns war das gleiche, damals wie heute, und unser Balsafloß zog unbeirrt nach Westen, nicht anders, als es seine Vorgänger vor 1500 Jahren getan hatten.
    Das Wetter wurde veränderlich. Da wir den Südseeinseln näher kamen, gab es vereinzelte Regenschauer. Auch der Passatwind änderte seine Richtung. Früher hatte er stetig und zuverlässig von Südost geblasen, bis wir ein gutes Stück draußen im Äquatorstrom waren. Dort hatte er sich dann mehr und mehr in genau östliche Richtung gedreht. Am 10. Juni hatten wir mit 6 Grad 19 Minuten südlicher Breite unsere nördlichste Position erreicht. Wir waren so dicht am Äquator, daß es aussah, als sollten wir selbst an den nördlichsten Inseln der Marquesasgruppe vorbeisegeln und vollständig ins Meer hinaustreiben, ohne je Land zu sichten. Aber da drehte sich der Passat von Osten nach Nordosten und schob uns in weitem Bogen herunter bis in die Breitengrade der Inselwelt.
    Draußen auf dem Meer kam es oft vor, daß Wind und Strömung mehrere Tage hindurch völlig konstant blieben. Abgesehen von den Nächten, in denen der Steuerposten allein an Deck war, vergaßen wir da oft ganz, wer gerade Steuerwache hatte. Denn das Steuerruder wurde festgebunden, wenn das Wetter so beständig war, und das Segel der »Kon-Tiki« straffte sich im stetigen Wind, ohne unsere Aufmerksamkeit zu brauchen. Da konnte dann auch die Nachtwache in aller Ruhe an der Hüttenöffnung sitzen und nach den Sternen gucken. Wechselten die Sternbilder am

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