Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik
den Bohlen oder in den nächsten Wogen um uns herumtrieben. Es war ein ständiger und wilder Kampf ums Leben. Große Fischrücken schnellten über das Wasser und schössen wie Raketen hintereinander her. Das Wasser um das Floß färbte sich mehr und mehr mit dickem Blut. Es waren vor allem Thunfische und Dolfine, die aneinandergerieten. Die Dolfine kamen in großen Schwärmen, die sich weit rascher und wacher bewegten als gewöhnlich. Der Thunfisch aber war der Angreifer. Mit seinen siebzig bis achtzig Kilogramm fuhr er oft hoch in die Luft, einen blutigen Dolfinschädel im Maul. Sausten auch einzelne Dolfine davon, verfolgende Thunfische dicht auf den Fersen, so blieb der übrige Dolfinschwarm doch eng beisammen an seinem Platz. Aber immer mehr zogen mit großen, klaffenden Wunden im Nackenkamm dahin. Ab und zu wurden auch die Haie blind vor Raserei. Wir sahen sie mit großen Thunfischen kämpfen, die dabei auf einen überlegenen Gegner stießen.
Nicht ein einziger kleiner Lotsenfisch war zu sehen. Entweder waren sie von den rasenden Thunfischen gefressen worden, oder sie hatten sich in den Zwischenräumen unterm Floß versteckt. Vielleicht waren sie auch geflohen, weit von der Walstatt fort. Wir wagten nicht, den Kopf ins Wasser zu stecken, um nachzusehen.
Wenn ich auch nachher über meine eigene, vollkommene Verstörtheit lachte, mir schlug doch das Herz bis zum Hals, als ich - dem Drange der Natur folgend - nach achtern mußte. Daß es Wellen im Wasserklosett gab, waren wir ja gewohnt. Doch als ich so am Floßrand hockte und plötzlich, völlig unerwartet, einen gewaltigen Stoß von hinten bekam, als etwas Großes, Kaltes, Glitschiges mit ungeheurer Wucht wie der Schädel eines Haies aus der See gegen mich losfuhr, da war es, als bliebe mir jede vernünftige Reaktion weg. Tatsächlich, mit dem Gefühl, einen Hai hintendran zu haben, war ich bereits in den Wanten auf dem Wege zum Mast, ehe ich mich besann Hermann, der gekrümmt vor Lachen über dem Steuerruder hing, konnte erzählen, daß es ein gewaltiger Thunfisch gewesen war, der seine siebzig Kilo kaltes Fischfleisch von der Seite gegen mein nacktes Ich geklatscht hatte. Derselbe Fisch versuchte später noch zweimal, einmal bei Hermanns und einmal während Torsteins Ruderwache, sich mit den Seen achtern an Bord zu wälzen. Beide Male war der fette Brocken ganz heroben auf dem Ende der Stämme. Jedesmal aber warf er sich selbst wieder über Bord, bevor wir den glatten Körper festhalten konnten.
Ein verstörter, dicker Bonito kam in hohem Bogen an Bord gesaust, und ein gieriger Thunfisch sprang ihm nach aufs Deck. Den hatten wir schon am Tag vorher an der Angel gehabt, aber er war uns wieder entkommen. Nun beschlossen wir, dem blutigen Chaos um uns ein Ende zu bereiten.
Unser tägliches Brot. Dolfine schwimmen mit dem Floß über den ganzen Stillen Ozean. Sie sind wundervolle Speisefische und beißen zuverlässig an, wenn wir fliegende Fische an die Angel hängen.
Oben: Floßfahrer brauchen nie zu hungern. Ein guter Fang: Thunfische, Haie, Bonitos. Der fliegende Fisch im Vordergrund liegt zwischen zwei kleinen Tintenfischen und einem Remora-Fisch. Sie alle haben uns freiwillig die Ehre ihres Besuches erwiesen.
Unten: Freizeitidylle. Hesselberg ist unser Sänger und Musikant, und Raabys Lieblingsschlager ist das „Mädel aus Havanna".
Das Tagebuch berichtet:
Ein Hai, sechs Fuß lang, ging zuerst an den Haken und wurde an Bord gezogen. Sobald der Haken wieder draußen war, schluckte ihn ein acht Fuß langer Hai. Wir zogen ihn an Bord. Wir warfen den Haken wieder aus und zogen neuerlich einen sechs Fuß langen Hai über den Rand des Floßes. Doch er riß sich los und tauchte. Rasch ging der Haken wieder hinaus. Ein acht Fuß langer Hai biß an und lieferte uns ein kräftiges Tauziehen. Wir hatten seinen Schädel glücklich auf den Stämmen, da biß uns der Bursche alle vier Stahltrossen durch und verschwand. Neue Haken hinaus, und wiederum kam ein Sechsfußhai an Bord. Es war jetzt zu gefährlich geworden, auf den glatten Stämmen am Heck zu stehen und zu fischen. Die drei Haie warfen ständig den Kopf in die Luft, lange nachdem man glauben sollte, daß sie tot sein müßten. So schleppten wir sie an den Schwänzen aufs Vorderdeck und zogen sie auf einen Haufen zusammen.
Kurz darauf ging uns ein dicker Thunfisch an die Angel und lieferte uns mehr Kampf als irgendein Hai, bevor wir ihn an Bord bekamen. Er war so fett und schwer, daß es keinem von
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