Konfessor - 17
entfernte er ihn ganz, ehe ihnen die Grabkammerbediensteten und der Soldat auf ein Nicken seines Kopfes hin die Last aus den Händen nahmen und den Deckel beiseitestellten. Das Innere des Sarges war bis zum Rand gefüllt mit Zauberersand. Einen Moment lang stand Richard einfach da und starrte darauf. In dem Sand brach sich der Schein der Fackeln zu einem Kaleidoskop winziger farbiger Lichtfunken.
Behutsam entfernte er den Sand von dem darunterliegenden Leichnam, bis der verkohlte Schädel von Panis Rahl, umhüllt von Zauberersand, zum Vorschein kam. Er wies noch immer die Brandnarben jenes Zaubererfeuers auf, das Zedd, Richards anderer Großvater, bei der Vernichtung dieses Tyrannen eingesetzt hatte. Einige Tropfen dieses lebendigen Feuers waren damals auf den jungen Darken Rahl gespritzt und hatten in ihm einen glühenden Hass auf Zedd und all jene hervorgerufen, die sich der Herrschaft des Geschlechts der Rahls widersetzten.
»Jetzt ist mir auch klar, warum dieser Ort schmilzt«, sagte Nicci. »Es ist eine Begleiterscheinung jener subtraktiven Magie, mit deren Hilfe damals eines der Kästchen der Ordnung im Garten des Lebens geöffnet wurde.«
Richard sah sie an. »Also eine Begleiterscheinung, ausgelöst durch die Nähe zu dieser speziellen Macht.«
Vorsichtig schob Nicci mit dem Finger einige verirrte Körnchen zurück in den Sarg. »Genau. Es war der sicherste Aufbewahrungsort für den Zauberersand, den Darken Rahl finden konnte, für den Fall, dass er mehr davon benötigte. Er starb, ehe er etwas davon benutzen konnte, demzufolge liegt er hier seit etlichen Jahren. Deswegen hat auch die Kammer zu schmelzen begonnen, da sie kein geeignetes Eindämmungsfeld für ihn darstellt.«
»Sagt bloß, der Garten des Lebens wurde als Eindämmungsfeld für diese Dinge konstruiert.«
Sie blickte ihn so fassungslos an, als hätte er eben voller Stolz verkündet, Wasser sei nass. »Aber selbstverständlich.« »Dann müssen wir ihn dorthin schaffen.« Sie nickte. »Das können Verna und die Schwestern übernehmen, Nathan kann ihnen dabei helfen.« Daraufhin packte sie ungeduldig seinen Arm. »Da wir jetzt den Zauberersand zum Zeichnen der Banne haben, müssen wir sofort zurück in unser Arbeitszimmer. Womöglich bleibt uns nicht mehr viel Zeit.«
»Dem will ich nicht widersprechen. Gehen wir.«
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»Ich spüre nichts.«
Richard saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem weißen, keilförmigen Stein, den man in den ansonsten geschlossenen Grasring um den Kreis aus Zauberersand eingelassen hatte, und sah hoch zu Nicci, die mit verschränkten Armen hinter ihm stand und ihm beim Zeichnen der Banne zusah.
»Das sollst du auch nicht. Du konstruierst Banne, das ist etwas anderes als eine Frau zu lieben.«
»Ah. Ich dachte, ich würde … ich weiß nicht…« »In Ohnmacht fallen?«
»Nein, ich meine, ich fühle eine gewisse Verbindung zu meiner Gabe, eine Art nervöses Glühen, ein Delirium … etwa so.«
Mit ihren blauen Augen begutachtete sie die letzten Bestandteile. »Einige Leute fügen beim Bannzeichnen gern ein paar emotionale Elemente hinzu, weil sie den Schub mögen, wenn ihr Herz zu pochen beginnt, ihre Magengrube sich zusammenzieht, oder sie ein Kribbeln überläuft, aber das ist vollkommen überflüssig. Reine Theatralik. Sie meinen, stöhnen und wanken zu müssen, wenn sie so etwas tun.« Eine Braue in leisem Spott hochgezogen, richtete sie ihren Blick auf ihn. »Wenn du willst, kann ich dir zeigen, wie es geht. Vielleicht wird die lange Nacht dadurch ein wenig amüsanter.« Richard wusste, dass sie ihm über das, was er hier tat, nur etwas beizubringen versuchte - indem sie ihm das Gefühl gab, sich dumm benommen zu haben, weil er Reste seines Aberglaubens mit jener exakten Methodik vermischte, die sie ihn zu lehren versuchte. Zedd hatte sich der gleichen Methoden bedient, es waren Lektionen, die hängen blieben und die man nicht so leicht wieder vergaß, wie häufig bei doppeldeutigen Bemerkungen.
»Es gibt Leute, die ziehen sich beim Zeichnen von Bannen splitternackt aus«, setzte sie hinzu.
»Nein, danke.« Er räusperte sich. »Ich komme auch ohne Stöhnen, ohne klopfendes Herz und ein Kribbeln auf der Haut zurecht - und ohne dabei nackt zu sein.«
»Das dachte ich mir, deswegen habe ich diese zusätzlichen Linien bei den Grundlinien gar nicht erst vorgeschlagen.« Sie wies auf die Zeichnungen im Sand. »Ob du etwas spürst oder nicht, das Wesentliche fügt deine Gabe hinzu. Solange du die
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