Konfessor - 17
gepresst, versuchte Nicci sich alles zurechtzulegen. Sie konnte kaum glauben, dass sie nicht schon früher darauf gekommen war. Sie blickte auf und sah den Zauberer an. »Damit die Macht der Ordnung funktionieren kann, ist ein komplexes Zusammenspiel von Ereignissen vonnöten. Wie Ihr gesagt habt, müssen auf Primärgrundlagen fußende Verbindungen hergestellt sein - wie bei jeder Magie. Schließlich ist sie von Zauberern erschaffen worden, und die hätten sich bei allem, was sie tun, auf ihre Kenntnisse von den Dingen stützen müssen, die sie manipulierten.
Im Kern ist die Macht der Ordnung nichts anderes als ein komplex aufgebauter Bann. Wie jeder entworfene Bann wird sie, die entsprechenden Bedingungen vorausgesetzt, durch eine spezielle Abfolge von Ereignissen ausgelöst. Anschließend funktioniert sie dann entsprechend ihrer vorab festgelegten Formeln. Doch so komplex sie auch sein mag, hat sie einmal begonnen, funktioniert sie gemäß grundlegender Prinzipien.«
»Und die Sonne geht immer im Osten auf«, bemerkte Zedd brummig. »Worauf wollt Ihr hinaus?«
»Alles passt zusammen«, murmelte sie bei sich, den Blick einen Moment lang ins Leere gerichtet.
Unvermittelt richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Zauberer.
»Im Buch des Lebens wird beschrieben, wie man die Macht der Ordnung ins Spiel bringt, dort werden besagte Formeln dargelegt. Im Grunde ist es eine Art Gebrauchsanweisung. Über die Theorie hinter der Macht der Ordnung sagt es nichts aus, dafür ist es nicht gedacht. Will man das Ganze verstehen, muss man woanders suchen. Da diese Macht, wie alle anderen auch, in falsche Hände geraten und zu Machtzwecken missbraucht werden kann, ist sie einzig für einen ganz besonderen Zweck geschaffen worden: als Gegenmittel gegen den Feuerkettenbann. Zentrale Bestandteile der Ordnung sind ein entworfener Bann, der, einmal ausgelöst, zuvor festgelegten Abläufen folgt. Diese Abläufe wiederum erfordern gewisse Voraussetzungen - zum Beispiel den richtigen Gebrauch des Schlüssels, nämlich Des Buches der gezählten Schatten.«
Ihre Gedanken gingen noch immer rasend schnell all die neuen Konstellationen durch, während sie gleichzeitig Dinge aus unterschiedlichsten Quellen zusammenfügte, die sie noch nie miteinander in Verbindung gebracht hatte.
»Ja, schon gut.« Zedd machte eine ungeduldige Handbewegung. »Die Kästchen der Ordnung wurden eigens als Gegenmittel gegen den Feuerkettenbann geschaffen. Das wissen wir bereits. Außerdem versteht es sich von selbst, dass gewisse Bedingungen erfüllt sein müssen, und dass die Macht anschließend auf eine vorher festgelegte Weise funktionieren wird. Das ist doch alles so offensichtlich, wie es nur sein kann.«
Nicci warf die Bettdecke zur Seite und erhob sich schwungvoll. Im Bett fühlte sie sich fehl am Platz. Dann blickte sie an sich herab und musste zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie ein rosafarbenes Nachthemd trug. Sie konnte Rosa nicht ausstehen! Wieso steckten diese Leute sie ständig in rosafarbene Nachtgewänder? Nun, vermutlich war gerade nichts anderes zur Hand gewesen.
Fast ohne darüber nachzudenken, löste sie einen rasiermesserfeinen Strom subtraktiver Magie aus und schickte ihn nach unten durch den Stoff des Nachtgewandes, wo er sich nur der Faser selbst annahm und diese von den Bestandteilen des Färbemittels reinigte, so dass die Farbe des Nachthemds, beginnend am Halsansatz, in einer sich durch das gesamte Kleidungsstück ziehenden Welle verblasste, bis nur noch die schlichte, schmutzig weiße Farbe des Stoffes selbst zu sehen war. Zedd starrte ungläubig. »Habt Ihr etwa eben subtraktive Magie benutzt, die Macht der Unterwelt und des Todes höchstselbst, nur um diesem albernen Fetzen seine Farbe zu nehmen?« »Ja, sieht schon viel besser aus, findet Ihr nicht?« Sie hatte der Frage kaum Beachtung geschenkt, denn sie war in Gedanken bereits ganz woanders.
Protestierend hob Zedd seine Hand. »Also, ich halte es für keine gute Idee …«
»Was ist nun der allem zugrunde liegende Zweck?«, würgte Nicci seinen Einwand ab, den sie ohnehin kaum mitbekommen hatte, und der sie noch viel weniger kümmerte.
Zedds Hand hielt inne. Seine Miene war kurz davor, in Verzweiflung umzuschlagen. »Eben das. Dem Feuerkettenbann entgegenzuwirken.« »Nein, nein. Was ich meinte, war, worin genau besteht die Funktion dieses Gegenmittels gegen den Bann?«
Seine Ungeduld gegenüber Dingen, die nur allzu offensichtlich schienen, drohte in
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