Konfetti im Regen
feuerte gegen die Wand. Stan bog ihr die Finger nach hinten, bis Iris’ Hand sich öffnete. Er nahm sich die Waffe und hielt sie ihr unter das Kinn.
Stan rollte sich zurück auf seine Hacken. »Steh auf.«
Iris zog sich auf dem Teppich nach hinten. Kugelschreiber und Bleistifte rollten unter ihr hin und her. Sie zog einen angespitzten Bleistift unter ihrer Hüfte heraus und stieß ihn blitzartig in Stans Wange.
Er ließ die Pistole fallen und griff sich ins Gesicht.
Iris rannte. Sie erreichte die Glastüren des Bürotraktes. Ihre Gedanken rasten. War der Fahrstuhl noch da? Sollte sie die Treppe nehmen? Sich in einem Büro einschließen? Sie stieß die schweren Türen auf. Den Fahrstuhl. Wenn er nicht sofort kam, die Treppe.
Dann sah sie Sterne vor den Augen. Dunkelheit.
Stan Raab berührte seine Wange und betrachtete das Blut an der Hand. Blut lief ihm über den Hals und auf den Kragen seines pinkfarbenen Polohemds. Er besah sich den Pistolengriff und entfernte sorgfältig ein blondes Haar, das daran klebte. Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar, sah zu einem Ende des Bürotraktes, dann zum anderen.
Iris stöhnte.
Stan Raab sah auf die Uhr. »Gut. In Ordnung.« Er steckte die Pistole in den Hosenbund, beugte sich über Iris und griff nach ihren Beinen. Obwohl er sich etwas benommen fühlte, schaffte er es, Iris in den Materialraum zu zerren.
Iris wurde von dem Geruch von Pfefferminze wach.
Sie sah zu den Metallregalen hinauf, die an den Wänden standen, sauber bestückt mit Unmengen von Papier. Sie lag auf dem Bauch. Sie hatte den Materialraum nie aus diesem Blickwinkel gesehen. Sie hörte, wie Bindfaden von einer Rolle abgespult wurde. Eine Schere schnitt. Ihre Fußgelenke wurden zusammengehalten und gefesselt. Der Bindfaden war kratzig auf ihrer Haut. Mußte das Juteband sein, das Alley immer zum Verschnüren von Paketen nahm. Ihre Handgelenke fühlten sich genauso wie ihre Fußgelenke an. Auch sie waren gefesselt.
Iris sah den Griff der Waffe über die Kante von Alleys Schreibtisch ragen. Da war wieder Pfefferminz. Stan beugte sich über sie. Er kaute einen von Alleys Pfefferminzbonbons.
Iris versuchte, sich hinzusetzen. Vor Schmerz wurde ihr schwarz vor Augen, also blieb sie auf dem Bauch liegen, auf gleicher Höhe mit hingeworfenen Zeitungsausschnitten, Gummibändern und einsamen Heftklammern.
»Iris, es tut mir leid, wenn es weh tut.« Er säuberte sich das Gesicht und klebte ein Pflaster auf die Bleistiftwunde.
In Iris’ Ohren rauschte es. »Tu nicht so, als ob du dir Gedanken um Menschen machst.« Sie schrie durch einen Windkanal.
Stan hockte sich auf seine Hacken. »Ich mach’ mir Gedanken.«
»Du machst dir nur um dich selbst Gedanken.«
»So ist das Leben, nicht?«
»Warum, Stan?«
»Weil es eben so ist.«
»Komm. Brauchst du das Geld so dringend?«
Bindfaden sauste von der Rolle. Die Schere schnitt. Iris’ Beine wackelten.
»Wut auf Joey? Seinen Vater?« sagte Iris.
»Es ist nicht so, wie du denkst.« Stan hockte auf den Hacken und trommelte mit den Fingern auf seine Lippen. »Sei ruhig, bitte. Ich muß nachdenken.«
»Alley hat es herausgefunden«, sagte Iris. »Du hast ihn umbringen lassen.«
Stan zog noch ein Stück Bindfaden von der Rolle und schnitt es ab.
»John Somers hat gesagt, Alley hat in Mexiko mit Geld um sich geworfen. Die mexikanische Polizei wollte ihn bei seiner nächsten Reise verhaften.«
Stan wickelte sich das eine Ende des Bindfadens um die linke Hand, das andere um die rechte und zog, schnapp, die Hände hart auseinander. »Ihn verhaften?«
»Bind mich los. Ich erzähl’ dir davon.«
Stan sah sich an, wie die Schnur seine Hände einschnitt.
»Somers weiß, daß ich hier bin. Er erwartet mich zurück. Wenn ich nicht auftauche...« Sie rollte sich auf den Rücken und sah ihn.
»Es tut nicht weh, Iris. Hab’ ich irgendwo gelesen.«
»Du kommst nicht davon.«
»Doch.«
Iris rutschte rückwärts und setzte sich hin. Stan setzte sich rittlings auf sie. Er griff nach ihren Schultern und drückte sie nach unten.
»Doch.«
Sie zog die Beine an und stieß sie ihm gegen den Rücken. Er verlor beinahe das Gleichgewicht. Er drehte sie mit dem Gesicht zum Boden.
»Sieh mich nicht an.« Er ging zu Alleys Schreibtisch.
Sie drehte sich um und setzte sich wieder auf.
Stan wühlte in Alleys Schreibtischschublade. Er zog ein Paar weiße Baumwollhandschuhe mit Tintenflecken an. Die Handschuhe, die Alley trug, um Farbbänder zu wechseln. Stan wickelte sich
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