Konfetti im Regen
Geschenke. Du solltest Freude daran haben, Alley. Leben und Freude daran haben.«
Sie schniefte und atmete tief durch, dann noch mal und noch mal, bis die Tränen aufhörten. Sie fuhr mit den Fingern über das, was noch in der Box lag.
»Deswegen bin ich wohl hier.«
Sie nahm das Bargeld heraus.
Es waren vor allem Hunderter. Sie häufte die Bündel vor sich auf, insgesamt zwanzig. Sie blätterte ein Bündel mit dem Daumen durch und multiplizierte. Etwa zweihunderttausend Dollar.
Iris kaute auf dem Daumennagel, sah an die Decke, dann auf den Fußboden und überlegte, was sie als nächstes tun sollte. Sie steckte die Hand in ihre Handtasche und zog eine Plastiktüte aus einer Boutique am Rodeo Drive heraus. Sie glitt mit der Hand in die Tüte und fand das Armband, das sie zurückgeben wollte, steckte es in ihre Jackentasche, öffnete die Tüte weit und tat das Geld hinein. Zuunterst in der engen Safebox fand sie flach zusammengefaltete Papiere. Sie nahm sie heraus und faltete sie auseinander. Es waren Anteilszertifikate an einer Firma mit Namen EquiMex.
»EquiMex... EquiMex?«
Sie zählte. Fünfzigtausend Anteile. Sie wanderten zu dem Bargeld in die Tüte. Dann folgte der Kleinkram.
Iris winkte Howard zum Abschied zu und ging zum Triumph zurück. Es war kochendheiß da drin. Sie drehte die Fenster herunter und entfernte das Rückfenster. Es ging kein Lüftchen. Sie ließ den Motor an. Die Plastiktüte lag auf dem Sitz neben ihr. Sie berührte sie.
»Alley, was zum Teufel soll ich damit anfangen? Was zum Teufel ist das?«
Ihre Stimme wurde lauter, während sie mit den Händen wild in der Luft herumwedelte. Kein Mensch beachtete sie. Passierte dauernd, daß Leute wütend vor sich hin redeten. Am besten achtete man gar nicht darauf.
»Guck sich einer mein Gesicht an.« Sie öffnete das Handschuhfach. Das einzige, was sie finden konnte, war das Papiertuch, mit dem sie immer den Ölstand prüfte. Sie fand eine Ecke ohne Öl und putzte sich die Nase.
»Ich laß dich nicht im Stich, Alley. Ich verkauf dich nicht.
Z wei Stunden waren vergangen. Vier Sekretärinnen und zwei Verkaufsassistentinnen hatten gesagt, daß Alley höflich, freundlich und pünktlich war, stets hilfsbereit und sehr auf sein äußeres Erscheinungsbild bedacht. Sie hatten gefragt, wer denn so etwas Schreckliches getan haben könnte und warum jemand einen so netten Mann verletzen wollte? Lewin sagte immer wieder: »Es gibt viel Böses in der Welt. Ma’am«, bis Somers dafür sorgte, daß er damit aufhörte.
Alleys Arbeitsplatz war ein Schreibtisch, der in einen Materialraum von der Größe einer Toilette gezwängt war. Gummibänder, Büroklammern, Flaschen mit Korrekturflüssigkeit und gelbe Aufklebeblocks lagen in getrennten Unterteilungen auf einem Plastiktablett auf dem Schreibtisch. In einer Ecke standen eine aus Muscheln zusammengeklebte Figur, die eine kleine Plastikgitarre hielt und auf deren Fuß das Wort »Mexico« zu lesen war, und ein Schlumpf mit Brille, silberner Aktentasche und Mini-Sombrero, auf dessen Rand ebenfalls »Mexico« stand. In einem Bleistiftkasten steckte eine Seidenrose. An der Wand klebte ein Autoaufkleber mit den Worten »Don’t worry, be happy«.
Die Schubladen waren aufgeräumt und wenig aufschlußreich. Zwei abgegriffene Taschenbücher, Sei, wer du bist und Du kannst es schaffen!, lagen darin neben Blocks, Umschlägen, einem Karton mit Papiertaschentüchern, Messer und Gabel und mehreren Coladosen.
Eine Schreibunterlage mit einem großen Kalenderteil lag in der Mitte des Schreibtisches. Ein teilweise ausgefüllter Bestellschein, von schwerer Hand mit Kugelschreiber geschrieben, steckte in der Ecke. Notizen standen in derselben schweren, eckigen Handschrift auf den Kalendertagen. Ein Algebrakursus fand dienstags und donnerstags statt und ein Englischkursus mittwochs abends. Tio Titos Geburtstag war in zwei Wochen. An drei Wochenenden war OAXCATIL eingetragen, einmal am Beginn des Monats, einmal zwei Wochen später und noch einmal in der Woche darauf. Somers schrieb OAXCATIL in sein Notizbuch und diskutierte mit Lewin darüber, ob es sich um eine Person, einen Ort oder eine Sache handelte.
Jetzt saß Somers auf einem Stuhl mit gerader Lehne vor Stan Raabs Büro. Fünfundvierzig Minuten waren vergangen, und Raab hatte drei Anrufe getätigt und einen angenommen, seit seine Sekretärin gesagt hatte, er würde gleich bei ihnen sein. Er telefonierte immer noch. Die Sekretärin war vor zehn Minuten gegangen. Die
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