Konny Reimann
Gäste kamen. Hätte er vorher ein paar Entscheidungen anders getroffen und wäre womöglich wieder ganz woanders gelandet – ich hätte mich nie mit ihm in einem Baumarkt getroffen und ihn als den netten Menschen kennengelernt, der er tatsächlich ist. Ich wäre auch nie Dangerous Dave begegnet, der eigentlich Hartlaub heißt und der nicht nur über einen perfekt schießenden Zeigefinger verfügt, sondern auch noch ein mehr als brauchbares Poliermittel für Autos herstellt. Solltet ihr demnächst mal eines brauchen ...
All das wäre nie so gekommen. Und keiner unserer Gäste hätte jemals auf einer Original-Texas-Ranch schießen geübt. Denn, wie sich herausstellte, wollen alle Deutschen, die hierher kommen, schießen. Genau wie alle Amerikaner, die Deutschland besuchen, ein Auto auf der dazugehörigen Autobahn bis an die Geschwindigkeitsgrenze führen möchten. Manche Klischees wollen eben einfach gelebt werden. Gegen ein geringes Entgelt bieten wir also inzwischen unseren Besuchern an, bei Dangerous Dave ein paar Patronen in die Geografie zu donnern. Den Erlös behält Dave komplett. Ich mag solche unkomplizierten Deals. Er bekommt das Geld fürs Schießen, wir wären, wenn es nicht kaputt gewesen wäre, dafür mit seinem Boot herumgefahren und können jetzt damit machen, was wir wollen. Verträge können so herrlich überflüssig sein.
Damit aus einem Ausflug zu Dangerous Dave auch ein wirklich amerikanisches Erlebnis wird, fahren wir die schießwütigen Gäste manchmal, wenn es die Zeit zulässt, mit dem Schulbus zu seiner Ranch. Wenn allerdings diejenigen, die mit Schusswaffen weniger per du sind, am Schießstand stehen, platziere ich mich jedes Mal vorsichtshalber direkt dahinter und gebe vorher genaue Anweisungen, wie man sich zu verhalten hat. Das Letzte, was wir hier gebrauchen können, ist ein angeschossener Urlauber oder, vielleicht noch schlimmer, ein von Deutschen in Texas erlegter Amerikaner.
Auch Jans „Vermieter“ Werner, der Mann mit der Pferderanch, sollte uns bei der Unterhaltung unserer Gäste nützlich werden. Denn außer schießen muss man in Texas natürlich auch reiten können. Werner bot uns und schließlich auch unseren Gästen diesen Service an, der unser kleines Urlaubsangebot um noch eine schöne Möglichkeit erweitert. Seit Kurzem darf man uns also auch gerne auf ein Probereiten ansprechen, das wir seit Sommer 2008 allen Gästen möglich machen können. Und auch Werner behält, genau wie Dangerous, die gesamten Einnahmen. Für uns steht nur im Vordergrund, dass die Gäste zufrieden sind und viele Erlebnisse mit nach Hause nehmen. Das Geld sollen ruhig die behalten, die all diese kleinen Abenteuer möglich machen.
Keine drei Wochen nach unserem ersten Besuch mit der ganzen Familie bei Dangerous Dave am 22. April 2007 bestand übrigens auch noch Jason seinen Driver’s-License-Test, womit nun endgültig alle Reimanns die Gegend auf fahrende Weise unsicher machen können.
ie groß die Wirkung der RTL-Sendung über uns wirklich war, spürten wir inzwischen jede Woche am Zaun zu unserem Grundstück. Wöchentlich kamen Leute ans Tor, wollten mit uns quatschen, Kaffee oder Bier trinken und mit uns am See in der Sonne sitzen. Was im Prinzip eine nette Sache war, wurde für uns irgendwann zum Bumerang. Egal, wie nett die Menschen auch waren, die zu uns kamen, wir mussten ja eigentlich immer arbeiten. Es gab kein Ausruhen, immer bauten wir uns neue Ziele oder sie tauchten von ganz alleine auf und warteten darauf, in kürzester Zeit erreicht zu werden. Ein ums andere Mal musste ich die Besucher wegschicken, vielleicht habe ich mit meiner kühlen norddeutschen Art auch den ein oder anderen verschreckt, aber ich konnte mir keine Klön-Pause erlauben. Auf der anderen Seite konnten und wollten wir das Rad auch nicht zurückdrehen. Die Fernsehzuschauer sahen uns in allen deutschsprachigen Ländern und über Satellit auch in vielen anderen, und jeder, der in der Gegend war, dachte sich natürlich: „Lass ma’ bei Onkel Konny vorbeischauen.“ Es liegt in der Natur der Sache, dass man nicht mit jedem Freundschaften schließen kann, schon gar nicht innerhalb von zehn Minuten, aber wie soll man das begeisterten Touristen an einem ganz normalen Arbeitstag in der brütenden Hitze zwischen Tür und Angel klarmachen? Einmal kamen sogar Leute abends nach acht und begrüßten uns mit den uns inzwischen wohlbekannten Worten: „Hallo! Wir kennen euch aus dem Fernsehen!“
Ich erinnere
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