Konny Reimann
Vordermann bringen zu lassen. Das Poliermittel war in der Tat eine schöne Sache, verblasste aber etwas gegenüber dem, was er sonst noch zu bieten hatte. Seine Vita zum Beispiel. Früher hatte er als Stuntman gearbeitet und als solcher einen hervorragenden Ruf. Seine Spezialität war das Schießen mit dem Colt und hier im Besonderen das „fast drawing“. Der Mann konnte, fast wie Lucky Luke, sprichwörtlich schneller ziehen als sein Schatten. Er war in der Zunft der Scharfschützen quasi unschlagbar. In nur einer Viertelsekunde zog, schoss und traf er den mittleren Kreis einer zwanzig Meter entfernt postierten Zielscheibe. Der Kerl zielte schon als junger Mann so brillant, dass er früh einer der besten und wenig später auch der schnellste Schütze des Landes war. Jedoch hatte er ein nicht ungefährliches Handicap: Dave, so erzählte man sich, war oft derart unkonzentriert, dass er sich auch schon mal mit gezogenem Colt zu Leuten umdrehte und so mehr als einmal seine Umgebung gefährdete oder zumindest den meisten einen gehörigen Schrecken einjagte. Es dauerte nicht lange, und der programmatische Spitzname „Dangerous Dave“ haftete an ihm wie seine Backenzähne. Heutzutage würde er das Schießen nur noch als Hobby auf seiner Ranch betreiben, lächelte er uns an. Wir plauderten etwas über die Idee, unseren Gästen eine Art Schießstunde möglich zu machen, und verabredeten uns für einen anderen Tag auf seiner Ranch, wo sich sein Schießstand befand.
Hinter dem Parkplatz von Daves Werkstatt fiel mir aber gleich bei dem ersten Besuch von Peter und mir noch etwas ganz anderes ins Auge: ein Boot! Dave war stolzer Besitzer eines Motorbootes, das allerdings wenig stolz scheinbar schon länger auf seinen nächsten Einsatz im Wasser wartete. Sofort kam es wie aus der Pistole geschossen aus mir heraus: „Kann man das kaufen?“
„Ja, klar, 1.000,– Dollar“, erwiderte Doppel-D.
Ich willigte ein, und Dave sagte, er würde die Papiere für das Boot besorgen, was sich allerdings als scheinbar nicht so einfach herausstellte. Nach ein paar Wochen meinte Dave, ich könne das Boot auch so schon mal abholen. Den Brief hat er nie gefunden, und auch auf die 1.000,– Dollar hat er am Ende verzichtet. So kamen wir, zumindest eine Zeitlang, in den Besitz eines Bootes. Das Problem war nur: Das Motorboot war kaputt. Ich versuchte wirklich alles, um es zu reparieren, aber es war nichts zu machen. Der Motor lief nicht, und wir sind letztendlich nie damit gefahren, es war zum Heulen. Natürlich wollte Dave das Teil nicht mehr wiederhaben, und so blieb uns nichts anderes übrig, als es aufzuheben, ohne es benutzen zu können. Wie gerne hätte ich ein eigenes Motorboot für Moss Lake gehabt. So musste ich weiter auf die vielen Besuche von unserem Freund Rick (und später noch anderen Personen) vertrauen, mit dessen Motorboot wir letztlich all unsere schrägen Versuche zu Wasser ausprobierten. Aber ich habe mir damals geschworen: Ich werde mein Motorboot bekommen, und wir werden alleine und mit unseren Gästen noch das ein oder andere damit erleben. Inzwischen ist mir sogar noch eine geniale Idee zu Daves Motorboot gekommen: Sobald ich etwas Zeit habe, werde ich mir den Bock vorknöpfen und ein Speedboat daraus machen. Der Körper ist ja noch in Ordnung, nur der Motor muss ausgetauscht werden. Dave soll nicht umsonst so großzügig gewesen sein.
Die Ranch von Dangerous Dave lag mitten im Nirgendwo. Hätten wir nicht eine genaue Beschreibung gehabt, wie wir zu fahren und wo wir abzubiegen hatten, wir hätten sein Haus nie gefunden. Von einer Straße hinter Denton, deren Namen selbst Dave nicht genau kannte, so weit ab vom Schuss verlief sie, mussten wir in einen kleinen Weg einbiegen. Wir befanden uns „out in the country“, mitten in der Wildnis in Nordtexas. 40-Meter-Bäume teilen sich das Land hier mit kleineren Exemplaren und ergeben einen Wald, der eher einem Dschungel gleicht. Früher liefen hier die Indianer herum. Wir konnten uns das bildhaft vorstellen.
Wir fuhren ungefähr fünf Minuten durch den Wald, und als es etwas lichter wurde, sahen wir Daves Haus auf einem kleinen Hügel stehen. Außer seiner Ranch mit dem Haus, einer Pferdekoppel und einem Swimming-Pool gab es hier nichts. Der Rest der Welt existierte hier nicht. Dave begrüßte uns und führte uns durch noch ein Wäldchen zu seiner „Shooting Ranch“, dem Schießstand.
Dave hatte, wie er uns erzählte, tatsächlich mit den ganz Großen des
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