Konny Reimann
Western-Genres gearbeitet. Er zeigte John Wayne, wie man geschmeidig den Colt zieht, und Chuck Norris, wie man das auch noch möglichst schnell tut. Ich war hellauf begeistert. Mein Spieltrieb leuchtete in mir auf wie eine Glühbirne, und ich hatte nicht schlecht Lust, auch mal mit einer Knarre ein paar Dosen ins Jenseits zu befördern. So kam es, dass ich das erste und nicht das letzte Mal zum Schießen zu Dangerous Dave fuhr. Er ist einer der lustigsten und freundlichsten Menschen, die ich bislang in Texas kennengelernt habe. Wenn es je etwas Gefährliches an Dave gegeben hat, dann war das seine frühere Fahrlässigkeit im Umgang mit Waffen, die sich aber glücklicherweise gelegt hat. Das Verwegene an seiner Person relativierte sich ohnehin schnell wieder, als er uns von seinem richtigen Nachnamen erzählte: Dangerous Dave heißt mit bürgerlichem Namen David Hartlaub. Klingt weit weniger explosiv und vor allem deutsch. Die Wahrheit ist, dass Dave tatsächlich deutscher Abstammung ist. Er hat uns stolz seinen Stammbaum gezeigt, auf dem die Vorfahren dieses Westernhelden zu sehen waren. Für mich war dieser Moment so etwas wie ein Aha-Erlebnis. Nicht nur, dass Dave ein Unikum ist, das man einfach kennengelernt haben muss. Er hat auch deutsche Wurzeln, und irgendwas in mir sagte, dass wir uns nicht zuletzt deswegen so gut verstehen.
Wenn wir jetzt mit unseren Gästen zum Schießen zu Dangerous Dave fahren, wirft sich dieser kleine, schmächtige Mann voll in Montur. Man steigt aus dem Auto, irgendwo im Wilden Westen, und wird von einem waschechten Cowboy empfangen. Aber Dave zeigt einem nicht nur, wie man gescheit herumballert. Ihm ist die Geschichte der Cowboys und Indianer ebenso wichtig. Er erzählt über das „fast drawing“, darüber, wie Munition gemacht wird, und unterrichtet seine Besucher wie ein Lehrer, dem offensichtlich Spaß macht, was er an Wissen weitergeben kann. Natürlich bekommt auch noch jeder eine Einweisung, wie man schießen muss, und anschließend darf dann die Gegend durchlöchert werden.
Auch wenn das komisch klingen mag, aber in Texas sind Waffen viel weniger Statussymbole als in Deutschland. Man hat sie hier, wie man Besteck zu Hause in der Schublade hat. Generell habe ich auch nichts dagegen, dass die Leute Waffen besitzen und damit ihren Grund und Boden verteidigen können, denn man merkt sofort, und zwar bei jedem, dass ein Texaner mit Waffen sorgsam umgeht. Die Menschen hier haben einen enormen Respekt vor ihnen und würden nicht mal ein ungeladenes Gewehr auf jemanden richten. Waffen werden hier aber tatsächlich so gut wie nie zur Selbstverteidigung benutzt. Vielmehr hat man, wie auch wir bei Dangerous Dave, seinen Spaß mit ihnen. Und dennoch muss man genauso wissen, dass in diesem Land – in dem Menschen mit einer Mischung aus Fernseherziehung und mangelnder Bildung, fehlendem Wissen von der Welt da draußen, gepaart mit dem liberalen Umgang mit martialischer Selbstverteidigung groß werden – jeder zweite Amerikaner, der in den Krieg zieht, Texaner ist.
eter und Dave kannten sich schon länger und waren sehr gute Freunde. Und wie so oft lagen auch hinter diesen beiden Charakteren interessante, wenn auch nicht immer geradlinig und schön verlaufende Straßen, die jede für sich genommen schon einen halben Roman ausmachten. Peter hatte lange Zeit nicht nur mit dem Neubeginn in den USA zu kämpfen, auch andere Widrigkeiten des Alltags und diverse Ereignisse hatten dem Mann oft zugesetzt. Vor allem der Anfang seines Neubeginns in den USA war eine düstere Angelegenheit: Er war wie wir ohne Pläne und Zukunftsaussichten ins Land gekommen, war jedoch im Gegensatz zu uns auch noch komplett mittellos. Aber er war fleißig und äußerst talentiert. Er arbeitete hart und wurde im Laufe der Zeit ziemlich wohlhabend. Je besser es Peter wirtschaftlich ging, desto mehr konnte er sich von den widrigen Umständen, die ihm vorher das Leben schwergemacht hatten, befreien. Und so schaffte es dieser erstaunliche, freundliche und immer hilfsbereite Kerl, seine Probleme zu besiegen und in eine bessere Zukunft aufzubrechen.
Ich bin mehr als froh, dass uns Peter hier in Gainesville erhalten geblieben ist. Mehr als einmal hat er auch uns im entscheidenden Moment geholfen. Das Haus Blankenese wäre ohne ihn zum Beispiel gar nicht rechtzeitig fertig geworden. Als uns die Zeit wie Wasser durch die Finger rann, spuckte er in die Hände und verlegte den Boden, nur Tage bevor die ersten
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