Konny Reimann
wie in Hamburg haben wir auch hier viel Party gemacht. Ich erinnere mich an zahllose Abende in „Konnys Hafenkneipe“, diverse Feiern am See, und nachts, wenn alle betrunken waren, wollten sie mit mir Armdrücken machen. Natürlich stand außer Frage, dass es niemand schaffen würde, mich zu besiegen. Meist endete es ohnehin in einem lustigen Spielchen und nicht in übermäßig ehrgeizigem Wettbewerb. Die Leute wissen ja, wem sie gegenübersitzen.
Als Nächstes machte ich mich an die Stufen, die von Blankenese hinunter zum See führen. Dort waren immer noch der Schotter und die Eisenbahnschwellen, und es war höchste Zeit, daran etwas zu ändern. Also legte ich breite Holzstufen an, die seitdem als lange, flache Stufen zur Kneipe und zum See führen, was den Eindruck eines entlegenen, südfranzösischen Ferienhauses nur noch verstärkt. Meine anfänglichen Bilder im Kopf, meine Idealvorstellung von diesem Ort, nahmen immer mehr konkrete reale Formen an.
In der Woche, als Blankenese fertig wurde, waren wir mit Gästen essen. Wir gingen einfach nur aus, in ein x-beliebiges Restaurant. Hinsetzen, be– stellen, essen, das Übliche. Und dennoch erschien mir der Abend komisch. Zunächst wusste ich nicht, was es war, bis mir auffiel, dass ich zu diesem Zeitpunkt so etwas Einfaches schon seit Jahren nicht mehr gemacht hatte. Ich hatte tatsächlich derart viel gearbeitet, so sehr durchgekeult, dass die simpelsten Dinge auf der Strecke geblieben waren. Nicht, dass ich sie wirklich vermisst oder mich danach gesehnt hätte. Aber an jenem Abend fiel es mir auf, und ich nahm mir vor, doch hier und da mal eine kleine Pause zu machen.
eter lebte schon lange in Texas. Er war bereits vor zwölf Jahren, also lange vor uns, ausgewandert und hatte versucht, sich in Amerika eine neue Existenz aufzubauen. Er hatte eine deutsche Tochter, die ihn immer noch oft besuchte, und hatte über Bekannte aus Deutschland von der Sendung auf RTL und somit auch von uns erfahren. Derartige Verbindungen über ein paar Ecken führen Menschen andauernd zu uns. Wir erfahren am laufenden Band, wie und von wem jemand von uns gehört hat und warum die Leute nun mit uns in Kontakt treten wollen. Peter war da keine Ausnahme. Er rief uns eines Tages an, stellte sich vor und wollte sich, wie so viele andere auch, mit uns treffen. In der Regel haben wir für so etwas keine Zeit, Franz hatte das ja auch als Erstes von uns zu hören bekommen. Auch wenn wir gerne all die Leute kennenlernen würden und ihre bestimmt nicht minder verrückten Storys, die Arbeit geht vor. Aber ab und an passt es zufällig gerade in das Tagesprogramm, und wir kauen ein kurzes „Ja, wieso nicht?“ aus uns heraus. Peter war ein solcher Fall. Er klang am Telefon schon sehr nett und interessant, aber nur in den seltensten Fällen laden wir diese vollkommen Fremden sofort zu uns nach Hause ein. Also verabredete ich mich mit ihm aus irgendeinem Grund im Baumarkt. Wir hatten am Telefon bereits ein wenig geklönt, und der Kontakt ließ sich ziemlich gut an.
Wie sich herausstellte, kam Peter auch aus Norddeutschland, ist genau wie ich auch zur See gefahren, und es gab sogar entfernte Bekannte, die wir miteinander teilten. Wir kamen schnell vom Hundertsten ins Tausendste. Irgendwann sagte ich ihm, dass Deutsche ja immer so gerne schießen würden und auch unsere Gäste da keine Ausnahme wären. Als ich das erwähnte, berichtete er mir von einem außergewöhnlichen Freund von ihm in Lewisville, der Dave hieß und der sich mit so was auskennen würde. Dave schien keinen Deut weniger interessant zu sein als Peter selbst. So beschlossen wir kurzerhand, ihn zu besuchen. Wir riefen den Mann an und machten einen Termin aus.
Nur wenige Tage später traf ich Peter in Lewisville wieder, um gemeinsam mit ihm diesen Dave zu treffen. Wir fuhren zu einer ausgebauten Doppelgarage an einer der großen Hauptstraßen von Lewisville. Wie sich herausstellte, betrieb Dave hier eine Art Werkstatt zum Aufpolieren und Verschönern von Autos. Er benutzte dafür ein selbstgebrautes Zeug, ein Naturprodukt, das er unter anderem aus Orangen herstellte. Heraus kam ein spezielles Autowachs, das auch seine Kunden zu begeistern schien. Peter und ich sahen uns seinen 300 Quadratmeter großen Parkplatz und vor allem die darauf stehenden Ami-Karossen an. Einige von ihnen schienen sehr wohlhabende Herrchen zu haben, die es sich leisten konnten, alte und oftmals edle Ami-Schlitten von Dave wieder auf
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