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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Bogen verschwunden war – dann würde sie wissen, daß er im Wald war. Aber der Wald war groß. Es konnte eine Ewigkeit dauern, bis sie ihn fanden, und sie würden noch lange warten, ehe sie überhaupt anfingen zu suchen, zuerst würden sie nur Karsten und Philip losschicken. Und die waren erbärmlich langsam und kannten sich nicht besonders gut aus.
    »Jetzt sag schon«, drängte Morgan und stieß auf.
    »Nein«, flüsterte Kannick. »Niemand.«
    »Gar nicht lustig für dich, was?«
    Kannick senkte den Kopf. Es war noch viel schlimmer, es war das Ende von allem.
    »Du hast nicht zufällig ein eiskaltes Bier?« Morgan leckte sich die Lippen. Als er diese Frage stellte, wurde er von schrecklichem Durst überwältigt.
    Kannick hatte etwas anderes erwartet. »Ich habe Pastillen«, murmelte er undeutlich.
    »Na gut. Her mit den Pastillen. Ich habe keinen Tropfen Spucke mehr im Mund.«
    Kannick bohrte die Hand in die Hosentasche und zog eine Schachtel Lakritzpastillen heraus. Morgan riß die Schachtel an sich, mühte sich eine Weile mit der verklebten Masse ab und schob schließlich drei Pastillen in den Mund. »So, und jetzt kommt die Vorstellung«, sagte er schmatzend.
    »Das ist Errki. Er ist besessen von bösen Geistern, sie jagen ihn und reden die ganze Zeit auf ihn ein. Ich heiße Morgan, und die Polizei sucht mich nach einem kleinen Auftritt heute morgen. Und jetzt schlagen wir zusammen die Zeit tot. Dieser Irre hat mir die Nase ruiniert«, fügte er hinzu. »Nur damit du kapierst, daß du mit diesem Typen keinen Scheiß bauen kannst.«
    Kannick nickte ernst. Das hatte er kapiert.
    Ich bin der, der Geronimo heißen möchte. Der Pfadfinder. Der Meisterschütze.
    »Verzeihung, ich habe nichts gehört.«
    »Kannick.«
    »Kann man denn so heißen?«
    »Ich geb mir alle Mühe«, sagte er atemlos.
    »Ha, der Junge hat Humor!«
    Errki hatte sich auf den Boden sinken lassen. Er hatte sich die Lederjacke geholt und sich um die Schultern gelegt, und er umklammerte seinen Oberschenkel mit beiden Händen. »Den habe ich schon mal gesehen«, sagte er leise.
    Morgan blickte ihn überrascht an. »Wo denn?«
    »Unten auf dem Hof der Toten.«
    »Was?« Morgan fuhr herum. »Dich hat er gesehen? Bist du der Junge, der in der Nähe gespielt hat? Von dem im Radio die Rede war? Was?«
    Kannick schlug die Augen nieder.
    »Au, au, das ist lustig. Ja, Scheiße, er hat dich gesehen, Errki. Wir müssen sehen, daß wir ihn loswerden.«
    Von Kannick war ein plötzliches Jammern zu hören, wie von einem Gummispielzeug, auf das jemand getreten hat.
    »Und du hast mit der Bullerei gesprochen, habe ich gehört.«
    Kannick schwieg.
    »Na ja, Errki ist das egal. Er ist einfach ein bißchen komisch. Eigentlich sind wir ja nette Leute. Nur langweilen wir uns eben. Jetzt sitzen wir hier und warten auf die Nacht. Und übrigens«, sagte er, »nachts wird Errki immer besonders verrückt. Dann wachsen seine Zähne, und seine Ohren werden spitz. Stimmt das nicht, Errki?«
    Errki sagte nichts dazu. Er bedachte Kannick mit einem langen schrägen Blick. Dessen Augen leuchteten vor Wut in dem fetten Gesicht. Er kaute und kaute auf seiner Unterlippe herum, aus seinen Wangen war alle Farbe gewichen.
    »Du«, sagte Morgan, »du hast nicht zufällig Brote und eine Thermosflasche bei dir? Wir sind kurz vor dem Verhungern.«
    »Ich habe Schokolade im Koffer. Aber die ist inzwischen bestimmt geschmolzen.«
    Errki reagierte sofort. Er richtete sich auf und schnippte mit den Fingern. »Her mit dem Koffer.«
    »Ganz ruhig«, sagte Morgan leise. »Hol das Ding selber, sonst haut er ab. Und du teilst mit mir.«
    Errki humpelte umher. Er machte sich auf die Suche nach dem Koffer. Die ganze Zeit eine Hand auf seine Wunde pressend, irrte er durch das Gebüsch. Endlich fand er den Koffer, und weiter oben fand er auch den Bogen. Er schleppte alles zurück zum Haus und klappte den Koffer auf. Darin lagen mehrere Pfeile und allerlei ihm unbekannte Gegenstände. Und Schokolade. Ein Mars und ein Snickers. Seine Finger zitterten, als er nach dem Schokoriegel griff, und dann ging er, in jeder Hand einen, langsam ins Haus. Snickers und Mars. Mars und Snickers. Weiche, halbgeschmolzene Schokolade. Eine mit Erdnüssen und Karamel, die andere mit Toffee. Das Papier knisterte. Er ging ins Wohnzimmer. Wiegte beide Riegel in der Hand. Beide schmeckten gut, vor allem Snickers mochte er, aber auch Mars hatte er immer geliebt, er konnte sich einfach nicht entscheiden, und er durfte nur einen

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