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Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Konrad Sejer 03 - Wer hat Angst vorm boesen Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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eventuellen Schußwechsel keine große Rolle spielen würde. Und das machte ihm Sorgen. Eine einzige Fehleinschätzung konnte katastrophale Folgen nach sich ziehen. Beurlaubung. Invalidität. Tod. Es war nicht abzusehen. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich verletzlich. Als sei sein Leben auf seltsame Weise wichtiger als sonst. Er schob diese Gedanken beiseite und ging weiter. Schaute zu Skarre hinüber, der sich den Mützenschirm ins Gesicht gezogen hatte, um sich vor der Sonne zu schützen.
    »Gott weiß, was mit dem armen Wicht aus der Anstalt passiert ist«, murmelte Sejer.
    »Ich möchte meinen, daß wir uns um den anderen ebenso große Sorgen machen sollten«, sagte Skarre und sah ihn an.
    »Wir wissen ja nicht, ob er es wirklich getan hat. Wir wissen nur, daß er da war.«
    Skarre trug eine Brille mit Stahlfassung und hochklappbaren Sonnengläsern. »Schau dich doch um«, sagte er. »Nicht sehr belebt diese Gegend, oder?«
    »Ich wollte das nur der Ordnung halber erwähnen. Sagen wir, sie sitzen im selben Boot.«
    »Nur ist der eine bewaffnet«, wandte Skarre ein.
    Sie gingen weiter. Die Hunde suchten geduldig das weite Waldgelände ab. Ab und zu kämpften sie sich durch ein Dickicht, an anderen Stellen war der Weg hell und offen. Heißes Blut wurde durch ihre Adern gepumpt. Das Licht war schön, gelb und satt, es gab unendlich viele Grüntöne. Tannennadeln, Blätter, weich und hart, immer abwechselnd, stechende Nadeln, Gras, das ihre Beine streichelte, Zweige, die zurückfuhren und sie ins Gesicht schlugen. Insekten, die auf ihnen landeten. Sie schlugen schon längst nicht mehr nach diesen Tieren, das kostete zuviel Energie. Nur einmal holte Skarre gegen eine wütende Wespe aus, die sich in seine Locken bohren wollte. Später blieben sie bei einem Bach stehen, der wegen der Trockenheit kaum noch Wasser führte, und ließen die Hunde trinken. Die Männer klatschten sich eiskaltes Naß in Gesicht und Nacken. Die Hunde waren noch immer erfüllt von ihrer Aufgabe, auch wenn der Geruch der Gesuchten schwach war. Sie waren ausdauernd und eifrig, durchaus nicht resigniert, wie es bei Männern der Fall ist, wenn die Flüchtlinge weit gekommen sind. Vielleicht ruhten die Gesuchten sich irgendwo im kühlen Schatten aus, ließen die Füße in einen Weiher baumeln. Der Gedanke an ein Bad wanderte von einem Kopf zum anderen. Das war dumm. Als er sich erst einmal festgesetzt hatte, fanden sie keine Ruhe mehr. Eiskaltes, perlendes Wasser. Den ganzen heißen Körper in der Tiefe versenken. Sich den klebrigen Schweiß aus den Haaren reiben.
    »In Vietnam«, sagte Ellmann plötzlich, »wenn die Amerikaner zur heißesten Tageszeit durch den Busch gingen, hat ihnen unter dem Helm das Gehirn gekocht.«
    »Gekocht? Red doch nicht.« Sejer schüttelte gereizt den Kopf.
    »Sie waren danach nie wieder sie selber.«
    »Das sowieso.«
    »Aber mal ehrlich«, Ellmann drehte sich um und sah die anderen an, »haltet ihr das für möglich?«
    »Natürlich nicht.«
    »Du bist doch auch kein Mediziner, oder?« fragte er und rückte seine Mütze zurecht.
    Die anderen kicherten leise. Die Hunde achteten nicht auf das Gespräch. Sie steckten ab und zu die Schnauze in ein Gestrüpp am Wegesrand und liefen weiter. Sie kamen nur langsam voran. Aber sie hielten einen gerade Kurs, und die Männer gingen davon aus, daß die Flüchtlinge lieber auf dem Weg geblieben waren, als sich durch den dichtesten Wald zu kämpfen..
    »Wir finden sie«, sagte Skarre verbissen.
    »Worüber ich mir oft Gedanken mache«, sagte Ellmann, schaute zu Zeb hinüber und seufzte, »das ist das Tragische an der bösen Bestimmung des Mannes.«
    »Was faselst du da?« Skarre drehte sich um.
    »Testosteron. Das macht die Männer doch aggressiv, das Testosteron, nicht wahr?«
    »Und?«
    »Und es sorgt dafür, daß wir bei solchen Ausflügen nur selten oder nie Frauen suchen. Stellt euch doch vor, wie leicht die bei dieser Hitze bekleidet wären!«
    Sejer lachte leise. Dann dachte er an Sara. An die Ringe in ihren Augen. Skarre sah, wie er plötzlich das Gesicht verzog.
    »Sorgen, Konrad?«
    »Danke, es geht schon.«
    Sie waren in bester Laune. Plötzlich tauchte am blauen Himmel ein kleines Flugzeug auf. Weiß und blank in der Sonne. Sejer schaute ihm lange hinterher. Dort oben war es kühl und luftig. In Gedanken saß er selbst mit dem Schirm auf dem Rücken in diesem Flugzeug. Er öffnete die Tür, wartete noch und starrte nach unten. Dann ließ er sich hinausfallen, stürzte

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