Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur
Bildstreifen des Fotofilms kommen. Für die weitere Einordnung und Beurteilung der Form sind vor allem der Ton und
die Art und Weise, wie die Bilder rhythmisiert werden, von Bedeutung. Oft wird zunächst eine Bewegtbilder generierende Software
benutzt. Des Weiteren sind für die formale Analyse Kriterien der Video- beziehungsweise Medienkunst von Bedeutung. Die Beurteilung
nach dem Umfang des gestalterischen Eingriffs ergibt genau im Bereich der bildenden Kunst nicht immer Sinn (Clip:
Prairie dog drama
), hier zählt wie bei einigen der Clipkategorien die Essenz eines Moments.
Die NutzerInnen zollen einer Person aus ihrer Mitte Respekt, die nicht im bürgerlichen Sinne eine Person ist, die durch die
Bezeichnung und den sozialen Status als Künstler hervorgehoben ist, es fehlt von Seiten der
uploader
komplett die Selbstbezeichnung als KünstlerIn.
Online-Video: Bastard-Kunst von Medienmeistern und bricoleuren?
Es folgt ein Blick auf die Einbettung der Clips in das mediale System. Das Web 2.0 ist zunächst einmal eine neutrale Plattform
für diese Art von Kunst. Die gegenwärtigen künstlerischen Formen weisen einen großen Unterschied zu den künstlerischen Initiativen
der Netzkunst Mitte der neunziger Jahre auf: So hat zum Beispiel das P2P Netart-Projekt einen internen Verbreitungskreis.
Der Künstler gibt den Impuls und die veränderte Kunst zirkuliert nur innerhalb eines festgelegten Netzwerks. Alle Bedingungen
sind künstliche und künstlerische, sehr weit entfernt von Tauschpraktiken der normalen User. Anschließend an die Debatte um
die Netzkunst- stellt sich folgende Frage: Sind die kreativ-künstlerischen Clips bei YouTube Netzkunst 2.0, die mit den Strukturen
des Netzes arbeiten oder Kunst im Netz mit der Kunst als Inhalt? Beide Formen sind hier zu finden, ersteres wäre der Clipkategorie
art-
Clips zuzuordnen, zweites der Kategorie
arty/artresponse.
Für die YouTube-Clips wird vom Begriff des Medienmeisters ausgegangen (im Sinne von Handwerksmeister): Er/sie zeichnet sich
durch technische Expertise und Perfektion aus und besitzt darüber hinaus artistische handwerkliche Fähigkeiten auf der Grundlage
des Mediums. Außerdem produziert der Medienmeister meisterhafte Werkstücke, die manchmal |241| künstlerisch sind oder auch Mediendesign/angewandte Kunst. Vom Betriebssystem Kunst aus gesehen, sind Amateure Sinnbild für
das kindlich Naive, Unreflektierte, ein vielleicht technisch perfektes Bildprodukt, das aber durch visuelle Stereotypen, durch
bestimmte Motive des Amateurs, entwertet und trivial wird. Die meisten
uploader
auf YouTube praktizieren dies nicht, um eine neue Ästhetik oder Kunstform zu etablieren. Die YouTube-Künstler werden auch
nicht durch den Kunstmarkt generiert, sondern wachsen innerhalb der Community wie Noah Kalina, der aber schon namentlich mit
künstlerischer/gestalterischer Vorbildung antritt. Die NutzerInnen von YouTube agieren vor allem der Kommunikation halber,
die Clips sind ihr fluider Kommunikationsschmierstoff (vgl. Ries 2007). Sie brauchen dafür das Betriebssystem Kunst nicht.
Aufgegriffen und kommerziell verwertet (Rechteinhaber ist Google!) werden die neuen Formen eher von der anderen Seite, den
Profis der angewandten Kunst, aus Design und Werbung (Stichwort virales Marketing), im Moment noch weniger vom Kunstbetrieb
selbst.
»Tatsächlich konterkariert diese Medienrealität sogar oft die utopisch-euphorischen Entwürfe der Künstler. New Economy hat
Pionierphase der Net.Art niedergewalzt, Medienamateure werden meist vom industriellen Mainstream an den Rand gedrängt.« (Baumgärtel/Daniels
2003)
Unter Clips von Medienamateuren auf YouTube wird in diesem Zusammenhang das Festhalten der eigenen Fähigkeiten im bewegten
Bild wie im
skillz-
Clip verstanden. Die Amateure genießen ihre Talente im Clip als narzisstische Spiegelung des Egos, dies geht schon weit über
die Medienaneignung im Sinne von Rezeption hinaus. YouTube ist charakterisiert durch simultane Produktionen und Reaktionen
in Echtzeit und die ständige Verfügbarkeit der Produktionsmittel. Ein hier als künstlerisch charakterisierter Clip kann sich
nicht unbedingt auf dem Kunstmarkt behaupten (wie z.B. Machinima), aber potenziell könnten sie es oder sind sogar schon im
Kunstmarkt des bewegten Bildes angekommen. Neben neuen Kommunikationsformen entstehen also neue Präsentationsformen wie auf
dem European Media Art Festival 2007, wo der Künstler Björn
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