Kontaktversuche
Monaten war er deine genaue Kopie, heute aber ist er schon etwas mehr. Verstehst du, niemand kann die Welt um drei Monate zurückdrehen!«
War das logisch? Die Gedanken wirbelten mir aber schon im Kopf herum, und ich konnte ihnen nicht mehr Einhalt gebieten… Und doch…
»Peter«, flüsterte Martin hinter der Wand. »Wie es scheint, hast du verstanden. Ich würde dich so gern umarmen…«
»Zu früh! Zu früh! Wenn das alles ist, was du zu sagen hast, bin ich verloren. Aber ich bin mir der Genauigkeit meiner Kopie nicht sicher. Ich habe doch wohl das Recht nach zuprüfen, ob die Meinen nicht an ihm zweifeln, nicht wahr? Danach können wir weiterreden. Weiß er übrigens, daß er ein Duplikat ist?«
»Nein, er weiß nur, daß es bei dem Flug eine Havarie gegeben hat, die geheimgehalten werden muß. Für die übrigen ist er zu den Asteroiden geflogen. Dasselbe gilt natürlich auch für die anderen drei Teilnehmer der Expedition.«
Ich nahm einen Schluck Nektar und schritt unter Martins aufmerksamem graugrünem Blick im Zimmer auf und ab. Ich muß durchhalten! Auch jetzt muß ich, ohne den Kopf hängenzulassen, durchhalten! Ich darf nicht bis ins letzte daran glauben…
»Und der Hund? Wie hat Go ihn aufgenommen?«
»Was willst du – freudig! Er hat dein Unterbewußtsein, und du zweifelst am Geruch! Weißt du, vielleicht ist es leichter für dich, wenn du annimmst, daß ihr bis jetzt alles zu zweit erlebt habt – ihr habt gemeinsam studiert, geliebt, getrunken –, jetzt aber ist die Zeit gekommen, euch zu trennen wie siamesische Zwillinge: Er bleibt bei Ala, im Geologischen Institut und so weiter, und du machst etwas anderes.«
»Schöne siamesische Zwillinge, da kann man nichts sagen! Das ist vielleicht beruhigend!«
»Übrigens hat es seit der Einführung der gesamtirdischen Kontrolle über die genetischen Operationen einen Fall wie den deinen noch nicht gegeben – bisher war die Sicherheitsfrist nach dem Verschwinden immer ausreichend. Aber… aber daß du drei Monate später wiederkommst…«
Wieder schwiegen wir. Ich brauchte Martin jetzt, aber die durchsichtige Wand hinderte mich bereits daran, seine Nähe zu spüren. Interessanterweise hatte ich die Wand anfangs überhaupt nicht bemerkt, jetzt aber trennte sie mich von der ganzen übrigen Welt. Es war, als wollte sie mir sagen, daß ich nie wieder dazu gehören würde…Diese Wand war bereits keine gewöhnliche Vorrichtung im Interesse der Quarantäne mehr, sondern eine Waffe derjenigen, die… Es wäre also besser gewesen, nicht zurückzukehren? Damit ich denen, um derentwillen ich mich so beeilt hatte, nicht im Wege wäre? Aber das war absurd! Es war doch wohl nicht möglich, daß ich tatsächlich zu spät kam… Es war nicht möglich, daß ich die Meinen niemals wiedersehen würde, daß ich mit Ala nicht in die Höhle hinabsteigen und meinen Sohn nie mehr umarmen würde… Wohin sollte ich denn gehen? Wer konnte mir das sagen?
»Weißt du, ich habe nicht das Recht, dir jetzt einen Besuch auf der Erde zu gestatten, aber… ich kann es dir auch nicht abschlagen. Ich darf doch sicher sein, daß du das Glück – oder die Illusion – der anderen nicht zerstören wirst, nicht wahr? Verstehst du mich?«
»Das kannst du.« Sein Mitleid brachte mich allmählich zur Raserei. Ich wußte aber, daß ich noch etwas hinzusetzen mußte: »Du kannst dich voll und ganz auf mich verlassen, Martin!«
»Und noch etwas – nur nebenbei: Es hat keinen Sinn, ihn zu töten, nicht wahr?«
Ich betrat die Kabine für Videogespräche 28 85 78. Auf dem Bildschirm mein Vater – sicherlich reparierte er gerade einen UKW-Sender oder etwas Ähnliches, da er einen Schraubenzieher und irgendwelche Teile in der Hand hielt.
»Grüß’ dich, mein Sohn!«
»Grüß’ dich, Vater, wie geht’s dir?«
»Nun sieh mal an! Dein Vater ist doch noch nicht so alt, daß man ihn so begrüßen müßte! Gibt’s was Besonderes?«
»Nein, ich frage einfach nur so.«
»Wann soll ich vorbeikommen und deinen Anlasser reparieren?«
»Frag lieber Ala. Warum soll ich’s übrigens nicht selbst versuchen? In der letzten Zeit kriege ich solche Sachen ganz gut hin…«
»Du? Du und reparieren…« Mein Vater lachte immer auf diese ein wenig altmodische Weise. (Obwohl er kein Ingenieur war, wurde er mit all den kleinen technischen Problemen, die es bei uns gab, fertig, und es war ihm angenehm zu wissen, daß er für seinen Sohn geradezu unersetzlich war. Um nichts auf der Welt wollte ich ihm diese Überzeugung
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