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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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entlangzugehen. Sie versanken im Sand,
stolperten über umgestürzte Bäume und tauchten von neuem
im Dickicht unter. In großer Höhe vereinigten sich die
Baumkronen und ließen nur spärlich das Sonnenlicht hindurch.
Von der feuchten Erde stiegen Dunstschwaden auf und machten das Atmen
zur Qual. Es wimmelte von Schlangen. Manche flüchteten zischend,
sobald die Gruppe sich näherte, andere entringelten sich nur und
blickten die Menschen gleichmütig an.
    Tagsüber hallte es im Dschungel wider vom
Geschrei Hunderter Affen, die geschwind über die Bäume
kletterten. Winzige bunte Kolibris kreisten um die seltsamen
Blütengebilde der Orchideen, rätselhaft wie der
jahrhundertealte Dschungel. Die drei Männer bahnten sich ihren Weg
durch ein Gewirr von Lianen, hochwüchsigen Farnen und faulenden
Baumstämmen. Sie kamen nur langsam voran und mußten
höllisch achtgeben. Jeder Schritt konnte hier unheilvoll sein.
Hinter jedem Busch konnte der Tod lauern, auf jedem achtlos
abgerissenen Zweig sich eine behaarte, todbringende Riesenspinne
verbergen, eine Tarantel, groß wie eine Männerfaust. Der Tod
konnte sich unter einem Stein am Boden versteckt halten, unter dem ein
Skorpion mit ausgestrecktem Stachel hervorkroch.
    Abends schien der Dschungel weniger
geräuschvoll zu sein. Eine trügerische Stille! Die Tiere
flohen vor der Stimme des Menschen, die in der grünen Einöde
so ungewöhnlich klang. Andere Feinde machten sich bemerkbar.
Moskitoschwärme hingen wolkengleich in der Luft. Sie saugten sich
an den Gesichtern fest, drangen in Augen und Mund und stachen
erbarmungslos zu. Unmöglich, den Weg fortzusetzen. Da gab
Seelingen das Zeichen. Die drei machten halt, entfachten aus feuchtem
Holz ein Feuer, dessen Rauchschwaden die Moskitos vertrieben. Die
Männer rieben sich Gesicht und Arme sorgfältig mit einer
Insektenschutzsalbe ein. Karlson verwünschte Gott und Teufel. Eine
derartige chemische Schweinerei hätte er sein Lebtag noch nicht zu
Gesicht bekommen. Eriksen lachte über den Zorn seines Freundes und
gab einen Witz zum besten. Sie stellten die beiden Zelte auf und
bereiteten das Abendessen.
    Die Nacht brach herein, die sagenhafte Nacht des
wilden Dschungels. Doktor Eriksen zündete die Petroleumlampe an,
breitete zusammen mit Seelingen die Karte aus und trug die am Tag
zurückgelegte Route ein. Danach setzte Karlson sich die
Kopfhörer auf und gab der Station kurz die Koordinaten ihres
Standortes durch. Nach dem Abendessen wollte gewöhnlich kein
Gespräch zustande kommen. Seelingen schwieg, vertieft in
irgendwelche geheimen Gedanken. Karlson holte aus seinem Gepäck
die Fotos von seiner Frau und seinen drei Jungen und betrachtete sie
lange und konzentriert. Eriksen machte es sich auf der Luftmatratze
bequem, ab und zu ein Wort von sich gebend.
    Eines Abends, als Karlson gerade wieder seine Fotos
hervorholen wollte, blickte Eriksen zu dem auf einem Kanister sitzenden
Seelingen und sagte spöttisch: »Karlson beginnt seine
Sitzung, Anthony. Allmählich ödet er uns mit seiner Familie
an, wollen wir es ihm endlich gleichtun.«
    »Ich habe keine Fotos«, sagte Seelingen dumpf. »Von Toten bewahre ich keine Bilder auf.«
Eriksens Blick hing für einen Augenblick an Seelingen.
»Es tut mir leid, Anthony. Ich wußte nicht…«
»Da gibt’s nichts zu wissen. Ich hatte eine Frau in San Fernando. Sie ist mit einem andern auf und davon.«
»Das kommt vor«, sagte Karlson. »So sind die Frauen.
Du weißt ja, alles ist möglich. Sie ist aber nicht
gestorben, nicht wahr?«
»Das hat keine Bedeutung. Sie ist fortgegangen, also gestorben. Laßt uns von was anderem reden, bitte.«
Die drei schwiegen.
    Wie verabredet, flog ihnen der Hubschrauber ein
paar Tage nach, dann machte er kehrt. Jetzt konnte er ihnen nicht mehr
allzu nützlich sein. An den darauffolgenden Tagen kamen sie, weil
das Dickicht immer unwegsamer wurde, noch langsamer vorwärts.
Abends setzten sie sich todmüde ans Feuer und rauchten. Sie
vereinbarten ihre Wachezeiten, legten sich nieder und schliefen sofort
ein.
    Eines schwülen Nachmittags standen sie
plötzlich an einem Fluß, der auf der Karte überhaupt
nicht eingezeichnet war. Eriksen konnte sich nicht genug darüber
wundern.
    »Ausgeschlossen«, sagte er. »Das soll die genaueste Karte dieser Gegend sein, wurde mir versichert!«
»Die Karten sind wie die Menschen. Sie lügen!« Karlson
lächelte. »Jetzt steht uns eine Schiffsreise bevor.«
    Sie bliesen ihre beiden Schlauchboote auf und
beluden sie. Im

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