Kopernikus 2
ruhig. „Royds Schwachstellen und Neurosen sind wohl seine eigene Sache, solange er uns nicht damit behelligt.“
„Trotzdem flößt er mir Unbehagen ein“, ließ sich eine schwache Stimme vernehmen.
„Was wissen wir denn, Karoly“, sagte die Xenotechnikerin. „Vielleicht reisen wir zusammen mit einem Kriminellen oder einem Mitglied einer fremden Rasse.“
„Jupiter“, murmelte jemand im Hintergrund. Die Xenotechnikerin lief rot an, und überall am Tisch war ein unterdrücktes Kichern zu hören.
Der junge, flachshaarige Telepath schrak plötzlich hoch und starrte wild um sich. „Fremde Rasse“, flüsterte er.
Die Psi-Expertin fluchte laut. „Die Wirkung der Droge läßt nach“, sagte sie in unterdrücktem Ton zu d’Branin. „Ich gehe in meine Kabine und hole noch was.“
Die anderen starrten sie an; d’Branin hatte nichts von dem Zustand erzählt, in dem sich ihr Reisegefährte befand. „Ein neues Geheimnis“, seufzte die Xenotechnikerin und frage dann in scharfem Ton: „Was für eine Droge? Was geht hier eigentlich vor?“
„Gefahr“, murmelte der Telepath. Er wandte sich seiner Tischnachbarin, der Kybernetikerin, zu und umklammerte ihren Unterarm. Seine Hand zitterte. „Ich versichere euch, uns allen droht Gefahr. Ich spüre es … etwas Fremdartiges. Es will uns an den Kragen.“
Die Psi-Expertin stand auf. „Es geht ihm nicht gut“, erklärte sie. „Deshalb habe ich seine Wahrnehmungskraft mit Psionin heruntergesetzt und versuche, auf diese Weise seine Wahnvorstellungen zu bekämpfen. Ich muß noch etwas von dem Mittel holen.“ Sie ging zur Tür.
„Warte mal“, sagte Melantha Jhirl. „Nicht Psionin! Versuche es mit Esperon.“
„Kind, erzähl’ mir bloß nichts! Ist das dein Job?“
„Entschuldigung“. Melantha zuckte mit den Schultern. „Trotzdem. Ich bin immer drei Züge im voraus. Also … soweit ich weiß, kann ihn Esperon von seinen Wahnvorstellungen befreien – oder etwa nicht?“
„Ja, aber …“
„Zugleich läßt ihn diese Droge sich aber auch auf die Gefahr konzentrieren, von der er geredet hat. Richtig?“
„Als ob ich nicht über die Wirkung von Esperon Bescheid wüßte“, zischte die Psi-Expertin gereizt.
Melantha grinste sie über den Rand ihres Cognacschwenkers hinweg an. „Na klar“, sagte sie. „Und nun hört mir mal alle gut zu. Ihr alle habt offenbar Angst vor Royd. Wie mir scheint, könnt ihr es einfach nicht ertragen, daß ihr seine Geheimniskrämerei nicht durchschaut. Aber solche Ängste helfen uns als Team überhaupt nicht weiter. Genug damit. Und nichts ist leichter als das.“ Sie wies auf den jungen Mann. „Hier haben wir einen Telepathen aus der ersten Kategorie. Verstärkt seine Fähigkeiten mit Esperon, und dann erzählt er euch so lange was aus dem Leben unseres Kapitäns, bis es uns zu den Ohren herauskommt. Nebenbei wird er außerdem noch mit seinen Wahnvorstellungen fertig.“
„Er beobachtet uns“, sagte der Telepath halblaut, aber voller Eindringlichkeit.
„Karoly, das geht wirklich zu weit“, sagte der Xenobiologe. „Einige unserer Kameraden sind ausgesprochen beunruhigt, und dieser Junge hier ist am Durchdrehen. Ich glaube, es ist wirklich an der Zeit, daß wir dem Geheimnis unseres Kapitäns ein Ende setzen. Melantha hat vollkommen recht.“
D’Branin wand sich. „Wir haben keinerlei Recht …“
„Aber es besteht einfach die Notwendigkeit“, entgegnete die Kybernetikerin.
D’Branins Augen suchten die der Psi-Expertin. „Na gut“, seufzte er. „Hole ihm das Esperon.“
„Der bringt mich glatt um“, schrie der Telepath und sprang auf. Als die Kybernetikerin ihm eine Hand auf den Arm legte und ihn durch diese Geste zu beruhigen suchte, griff er nach der erstbesten Tasse Kaffee und schüttete ihr den Inhalt mitten ins Gesicht. Es bedurfte der vereinten Kräfte dreier Leute, um den Tobenden unter Gewalt zu bekommen. „Na los“, rief jemand, als der junge Mensch sich ihrem Griff vehement zu entziehen suchte. „Bringt das Zeug endlich her.“
Die Psi-Expertin überlief ein kalter Schauer. Trotzdem machte sie sich gehorsam auf den Weg.
Royd hatte natürlich alles mit angesehen.
Nachdem die Psi-Expertin zurückgekommen war, wuchteten sie den Telepathen auf den Tisch, drückten ihn herunter und hielten ihn fest. Einer hob seinen Kopf an und schob sein langes Nackenhaar zur Seite, damit die Psi-Expertin die Injektionsnadel in eine der dort liegenden Arterien stoßen konnte.
Aus dem Nichts heraus
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