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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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materialisierte Royds Projektion in seinen Sessel am Fuß des langen Eßtisches. „Hört auf damit“, sagte die Gestalt ruhig. „Es gibt keinen Grund für das, was ihr vorhabt.“
    Die Psi-Expertin erstarrte mitten im Aufziehen der Spritze, die Xenotechnikerin erschrak so sehr, daß sie einen Arm des Telepathen, den sie umklammert hatte, losließ. Seltsamerweise machte der vorher Niedergehaltene keine Anstalten, sich aufzusetzen. Er blieb liegen, sein Atem ging stoßweise, seine Augen starrten gläsern auf Royds Erscheinung. Offenbar war er vor Furcht erstarrt.
    Melantha Jhirl hob ihren Cognacschwanker zu einer übertrieben wirkenden Begrüßungsgeste. „Prost“, rief sie. „Sie kommen zu spät zum Essen, Kapitän.“
    „Es … es tut mir leid“, druckste Karoly herum.
    Die Erscheinung starrte auf die ihr gegenüberliegende Wand.
    „Lassen Sie ihn frei“, kam Royds Stimme über den Lautsprecher. „Wenn Sie mein Privatleben so sehr interessiert, dann werde ich Sie über mein großes Geheimnis aufklären.“
    „Der hat uns doch tatsächlich die ganze Zeit über beobachtet“, entfuhr es dem Linguisten.
    „Nun denn“, sagte die Xenotechnikerin mißtrauisch. „Schießen Sie also los.“
    „Mir gefiel ihre Vermutung mit dem gasförmigen Giganten“, hob Royd an. „Die Wahrheit ist jedoch leider, wie meistens, weitaus weniger dramatisch. Ich bin nichts weiter als ein ganz gewöhnlicher Homo sapiens und nicht einmal mehr der jüngste. Wenn Sie es ganz genau wissen wollen: Ich zähle achtundsechzig Standardjahre. Und das, was Sie als Projektion vor sich sehen, war tatsächlich einmal der echte Royd Eris, allerdings trügt seine Jugend. Ich habe heute einiges mehr an Jahren auf dem Buckel.“
    „Tatsächlich?“ fragte die Kybernetikerin. Ihr Gesicht war rot von dem heißen Kaffee, den sie abbekommen hatte. „Warum dann überhaupt diese ganze Geheimniskrämerei?“
    „Ich fange am besten mit meiner Mutter an“, erwiderte Royd. „Die Nachtfee war nämlich ursprünglich ihr Schiff, haargenau nach ihren Vorstellungen auf einer Werft auf Newholme erbaut. Mutter war eine selbständige Raumhändlerin und hatte enormen Erfolg. Sie hat ein Vermögen damit verdient, daß sie nicht vor dem Ungewöhnlichen zurückschreckte. So befaßte sie sich nicht mit den ausgefahrenen Handelswegen, die von jedem benutzt wurden, sondern beförderte ihre Fracht dorthin, wo normalerweise kein Handelsschiff hinkommt. So etwas ist zwar risikoreicher, aber eben auch weitaus profitabler. Mutter hat sich keine Gedanken über Heim und Herd gemacht. Ihr war es vollkommen gleichgültig, wann sie und ihre Besatzung heimkamen und wie oft sie heimkamen. Ihr Schiff war ihr Zuhause. Es kam selten vor, daß sie eine fremde Welt zweimal aufsuchte. Wenn sie es irgendwie vermeiden konnte, suchte sie sich lieber etwas Neues.“
    „Ganz schön abenteuerlustig“, staunte Melantha.
    „Nein“, entgegnete Royd. „Sozialfeindlich eingestellt. Sie machte sich absolut nichts aus anderen Menschen. Ihr großer Traum war es, völlig unabhängig selbst von der kleinsten Besatzung zu sein. Als sie irgendwann einmal genug Geld zusammengekratzt hatte, setzte sie ihren Traum in die Wirklichkeit um. Das Resultat sehen Sie hier: die Nachtfee. Nachdem sie das Schiff von der Werft in Newholme übernommen hatte, brach sie jedweden Kontakt mit menschlichen Lebewesen ab. Sie hat auch niemals wieder den Fuß auf einen Planeten gesetzt. Ihre ganzen Geschäfte hat sie von den Räumen aus abgewickelt, die mich jetzt beherbergen. Sie war wohl verrückt, aber schließlich hat sie bis zu ihrem Ende ein aufregendes Leben geführt. Überlegen Sie doch mal. Karoly, was sie für Welten gesehen hat. Was sie Ihnen hätte erzählen können! Sie würden es nicht aushalten. Die meisten ihrer Aufzeichnungen hat sie allerdings zerstört – sie hatte wohl Angst, daß sie fremden Menschen nach ihrem Tode in die Hände fallen könnten, die daraus Profit schlagen würden. So war sie eben.“
    „Und Sie – wie sind Sie?“ fragte die Xenotechnikerin.
    „Ich sollte sie eigentlich nicht Mutter nennen“, fuhr Royd fort. „Ich entstand durch künstliche Befruchtung. Nachdem sie dreißig Jahre lang die Galaxis durchkreuzt hatte, hatte sie ihre permanente Einsamkeit wohl irgendwie satt. Ich sollte ihr Gefährte und Liebesobjekt werden. Sie selbst hätte natürlich keinerlei Geduld mit einem Kind gehabt, außerdem hatte sie wohl auch gar keine Lust dazu. So wurde ich also als Embryo in

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