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Kopernikus 2

Kopernikus 2

Titel: Kopernikus 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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merkwürdig verdoppelten Perspektive, als sei er zugleich weit weg und sehr nahe. Er war fern, er war sehr fern, aber die Vierfachlinsen holten ihn herbei. Auf die gleiche Weise mochte einer von Wells’ Marsmenschen die Erde betrachtet haben. Und erkannte alle die anheimelnden Dinge um sich, als sähe er sie zum ersten Mal … oder zum letzten Mal. Jeder ganz gewöhnliche Einrichtungsgege n stand und Notbehelf im Zimmer bot sich ihm mit einer so schlagenden Bedeutung dar, als hätte sein letztes Stündlein geschlagen. Das Waschbecken besaß die ruhige Würde eines Stillebens. Der Spiegel reflektierte aufs Tiefste. Sogar der Fauteuil in der Ecke hatte etwas Apokalyptisches an sich.
    Er war traurig darüber … Nein, das war nicht der richtige Ausdruck – er war abgeklärt. Das war es. Sein Geist war so klar und sanft wie das Licht, das durch das Fenster vom nächsten Stern hereinströmte, ein Licht, das langsam die hintere Wand hinaufkroch, als sich der Planet in einer weit e ren seiner unaufhörlichen Drehungen voranbewegte … kroch so langsam wie das erste amphibische Lebewesen, das vor so langer Zeit aus dem Meer herausgekrochen war. War das wirklich vor einer so langen Zeit? Nein. Zurückschauend, den Victrola-Schrank entlang und im zusammenschrumpfe n den Rückblick der Zeiten, sah er, wie sich jener heldenhafte kleine Punkt langsam auf der glitschigen Küste emporarbeit e te. Heldenhaft, gewiß … aber seine Augen wurden mehr vom brillanten Schauspiel legendärer Helden, übernatürlicher W e sen und Götter (zwei oder drei von ihnen ragten zu beei n druckender Höhe auf) in Anspruch genommen, mit denen die Nachkommenschaft dieses Amphibiums den Boden dazw i schen bedeckte hatte. Und etwas weiter im Vordergrund b e merkte er, wie sich die Helden zerstreuten, die Götter auf i h ren getönten Wolken davonschwebten (die größeren lösten sich auf wie Wolken und hinterließen nicht das kleinste Wölkchen), und wie die Menschheit tapfer allein weite r schritt. Ihr Tritt wurde fester mit den edlen Tonfolgen von Philosophie und Wissenschaft: sie kam auf ihn zugeschritten – schritt über ihn hinweg – an ihm vorbei.
    Er wandte sich um und blickte in die Richtung, in welche die Menschheit strebte, blickte an der Zimmerecke über dem Bett vorbei und durch sie hindurch. Er wurde Zeuge, wie in der Ferne Städte aus dem Boden wuchsen, Turm neben Turm, in den Himmel hinein, bemerkte, daß die Türme von Luftstraßen verknüpft waren, zwischen denen Flugmasch i nen merkwürdiger Konstruktionen dahinflitzten . Und seine Augen, die er anstrengte, um in den trüben Zeitaltern weiter und immer weiter zu sehen, erblickten etwas, was zunächst wie Trauben aus winzigen goldenen Früchten aussah, das aber seine zunehmende Sehschärfe als die unbehaarten Schädel der großköpfigen Männer und Frauen ausmachte, die die fernste Zukunft, die glorreiche (wenn auch etwas groteske) Dämmerung der menschlichen Rasse bevölkerten. Er erkannte auch, daß er die Hinterseite ihrer Schädel sah, denn sie alle schauten von ihm weg in die Nacht hinein, die selbst dann noch Millionen Jahre weiter in der Zukunft lag. Während er sie beobachtete, bemerkte er, wie diese Köpfe, die alle auf und ab hüpften, hin und her schwangen und z u weilen sanft zusammenstießen, allmählich ruhig wurden und sich fast nicht mehr bewegten; ihm fiel auf, wie sie sich nach links wandten, wie sie sich langsam gemeinsam drehten, wie ihre Augen rotierten, bis er sie in den Blick bekam … und bemerkte, wie sich alle diese Augen geschlossen ausricht e ten, wie sie alle die blaugrauen Gänge der Zeit hinunte r blickten … auf ihn zu.
    Verwirrt wandte er den Blick ab und dem Nächstliege n den zu: den Magazinen seiner Sammlung, die auf dem Bett lagen wie Opfergaben auf dem Altar … und lächelte. Er spürte eine drollige Zuneigung für sie (und selbst für das Bettzeug, das sie weitgehend verdeckten). Was wäre er nur ohne sie? Vielleicht wäre er noch beschränkter. Sie hatten ihm den einzigen Kontakt mit dem Großen, Geheimnisvo l len und Transzendentalen vermittelt, den er je gehabt hatte. Sie hatten ihm gezeigt, was Ehrfurcht ist. Sie hatten in ihm erregt, was jemand – war es Sam Moskowitz? Nein, Henry James – „die gesegnete Fähigkeit des Staunens“ genannte hatte. Er erkannte, wie beschränkt sie waren, wie eben alles Menschenwerk; er erkannte jedoch auch das Streben, das ihnen zugrunde lag. Und wirklich: Auf die Entfernung, die er jetzt zu ihnen

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