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Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Solidarität.“
    „Das heißt, Sie haben das Problem mit dem Sex gelöst!“ platzte Nisher heraus.
    „Mehr oder weniger durch Zufall“, erklärte Ogun ihm. „Eigentlich versuchten wir nur, den Krieg abzuschaffen, bevor er uns auslöschen konnte. Um den Krieg abschaffen zu können, mußten wir aber zuerst die psychologischen Grundlagen, auf denen er basiert, abschaffen. Wie wir herausfanden, war die unterdrückte Sexualität einer der wesentlichen Faktoren. Als diese Information erst einmal bekannt und auch verbreitet genug war, wurde eine weltweite Konferenz einberufen. Übereinstimmend kam man zu der Überzeugung, die sexuellen Tabus der Menschheit müßten zum Wohle aller ausgemerzt und umprogrammiert werden. Biotechniker und spezielle Kliniken übernahmen diese Aufgabe – selbstverständlich unter staatlicher Aufsicht. Nun, da der Sex befreit ist von Aggression und Besitzergreifung, ist er heutzutage eine Mischung aus Ästhetik und Geselligkeit.“
    Nisher wollte gerade fragen, wie das alles die Situation der Ehe und der Familie beeinflußt hatte, als er sah, wie Ogun einer attraktiven Blondine zulächelte und sich auch sofort in deren Richtung wandte. „He, Ogun!“ rief Nisher. „Lassen Sie mich jetzt um Gottes willen nicht alleine!“
    Der alte Mann schaute überrascht drein. „Aber mein lieber Freund“, sagte er jovial. „Ich wollte Sie doch nicht ausschließen. Ganz im Gegenteil, ich wollte Sie dabeihaben . Das ist so üblich bei uns.“
    Nisher sah erst jetzt, daß sehr viele Leute stehengeblieben waren. Sie alle sahen ihn lächelnd an.
    „Halt, warten Sie einen Augenblick“, sagte er, automatisch die Küchenschabenstellung einnehmend.
    Aber da hatte eine Frau auch schon seinen Schenkel umklammert, eine weitere schmiegte sich unter seine Achselhöhle, eine dritte spielte mit seinen Fingern. Nisher wurde ein wenig hysterisch. „Warum tun sie mir das an?“ rief er Ogun zu.
    „Das ist eine spontane Demonstration unserer Freude über Ihre Anwesenheit bei uns. Das passiert immer, wenn ein Mann aus der Vergangenheit bei uns auftaucht. Wir fühlen mit ihm, und wenn er schon zurückkehren muß, dann wollen wir ihm wenigstens alle Liebe mit auf den Weg geben, die wir haben. Deshalb tun sie Ihnen das an.“
    Nisher kam sich vor wie mitten in einer vorzeitlichen Mob-Szene aus dem alten Rom oder vielleicht auch Babylon. Soweit das Auge reichte, war die Straße übersät mit Menschen, und sie alle trieben es miteinander, aufeinander, untereinander, nebeneinander, übereinander. Aber was Nisher wirklich ans Herz ging, das war das Gefühl der Selbstaufgabe der Menge. Das ging wirklich weit über Sex hinaus. Er schwamm in einem Ozean reinster Liebe, Aufopferung und reinsten Verständnisses. Er sah Oguns rotes Gesicht inmitten der wogenden Körper. „Wie weit geht das denn?“ rief er. „Wo sind die Grenzen?“
    „Besucher aus der Vergangenheit senden immer gewaltige Vibrationen aus“, rief Ogun zurück. „Dasselbe wird sich augenblicklich wahrscheinlich überall abspielen!“
    Überall? Nisher konnte sich darunter im ersten Moment gar nichts vorstellen. Doch dann verstand er plötzlich. „Sie meinen – weltweit?“ fragte er.
    Ogun grinste, dann war er verschwunden. Nisher stellte sich vor, wie sich alles abspielen würde – diese Gruppe von Leuten, die sich gegenseitig liebten, würde immer mehr Menschen in den Bann ihrer Vibrationen ziehen, bis die ganze Welt auf dem Liebes-Trip war. Für Nisher war das definitiv das Utopia. Irgendwie mußte er sich eine Methode ausdenken, den Leuten seiner Zeit hiervon eine Botschaft zu überbringen. Irgendwie mußte er sie überzeugen. Dann sah er auf. Er befand sich im südlichen Central Park, direkt vor dem Plaza Hotel.
     
    „Ich vermute, die Transition war einfach zuviel für Sie?“ erkundigte Miles sich mitfühlend.
    Nisher lächelte. Seine Lider flatterten. Der Valiumschub erreichte langsam seine größte Wirkung.
    „Ich nehme an, ich bin ganz einfach ausgeflippt“, sagte er. „Ich glaubte, ich könnte es jedem erklären. Ich glaubte, ich müßte mir die Leute einfach schnappen und ihnen verdeutlichen, daß ihre Körper für die Liebe geschaffen sind, sie dazu bringen, ihre falschen Vorstellungen über Bord zu werfen. Ich war wohl etwas zu hysterisch. Ich habe sie eingeschüchtert. Dann haben mich die Polypen geschnappt.“
    „Wie fühlen Sie sich jetzt?“ fragte Miles.
    „Ich bin müde und erschöpft, und ich habe alle meine Sinne wieder

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