Kopernikus 3
Augenblick lang dachte er, sie würde ihn einfach ignorieren. Später wünschte er sich, sie hätte es getan. Mary drehte sich in ihrem Stuhl um, bis sie Breed beinahe, aber nicht ganz ins Gesicht sah.
„Dick Breed, du mickriger Frosch! Wie kannst du es wagen, mich das zu fragen – und auch noch hier, vor meinen Freundinnen!“ Mary zischte die Worte mit einer gepreßten, unterdrückten Stimme heraus. Ihr Gesicht war vor Wut verzerrt, so daß Breed richtig Angst vor ihr bekam. Die Schüler um sie herum begannen, die Auseinandersetzung zu bemerken, während Breed versuchte, durch seinen Stuhl in den Boden zu versinken. „Ich gehe mit Tim White zu dem Tanz, und wenn er hiervon erfährt, dann besorgt er es dir, das kannst du glauben! Bleib mir also ja vom Hals!“
In dieser Nacht, zum erstenmal, seit er ein kleiner Junge gewesen war, weinte sich Breed in den Schlaf.
Breed saß für sich in einer Ecke der Cafeteria und aß die unappetitliche, in Massenproduktion erzeugte Tagesmahlzeit, fettige Tacos, zum zweitenmal angebrannte Bohnen, Salat mit braunen Blatträndern und warme Limonade. Er schaufelte alles mit der wahllosen Gier des jugendlichen Vielfraßes in sich hinein.
Um sich herum hörte er das gutgelaunte Schreien der anderen Leute. Mit Breed sprach niemand. Plötzlich hörte er, wie jemand seinen Namen rief. „Hallo, Dick – Dick, hier drüben!“ Breed sah überrascht von seinem Teller hoch und erkannte Tim White, der ihm zuwinkte. Groß, breitschultrig, gutaussehend, das war Tim White, der Mary zum Tanz eingeladen hatte.
„Hallo, Dick, Jack Preston hat mir erzählt, daß du im Werkraum gut mit deinen Händen umgehen kannst. Stimmt das?“
Breed traute seinen Ohren nicht. Vielleicht war dies der Schlüssel dazu, wie er Freunde finden könnte! Er hatte in der letzten Woche im Werken in der zweiten Stunde dabei geholfen, ein Rohrstück in die Fräsmaschine einzuspannen, und offensichtlich sprach es sich herum, daß der Fettsack doch nicht ein völliger Trottel war.
„Äh, ja, mit Werkzeugen komme ich eigentlich ganz gut klar. Weißt du, erstklassig bin ich natürlich nicht, aber ich komme ganz gut klar, denke ich.“ Er bemerkte ein kaum sichtbares Lächeln um Tims Mund, und das gab ihm zu denken. War das schon wieder einer von diesen verdammten Tricks?
„Also, ich will dir mal was sagen, Dick – ich wollte wissen, ob du Lust hast, am nächsten Wochenende mit uns zum Tiefseeangeln zu kommen. Mein Vater hat in Newport ein Boot gemietet, und jemanden mit geschickten Händen wie dich könnte man da gut brauchen.“
White breitete seine Arme aus, um anzudeuten, daß die Gruppe von grinsenden Jungen und Mädchen, die an seinem Tisch saßen, auch zu der Angelpartie gehören sollten. Breeds Verdacht verflog. Tim war wirklich nur nett zu ihm!
„Mann, das hört sich super an, Tim. Gibt es da auf dem Ausflug was Besonderes, das ich machen könnte?“
„Darauf kannst du dich verlassen, Dick! Ein Typ wie du, echt geschickt mit den Händen … also, während wir die Schnüre mit Haken fertig machen, wärst du derjenige, der – die Würmer draufsteckt!“ White brach hysterisch lachend am Tisch zusammen, und alle seine Freunde lachten sich über Breed halbtot, während dieser mit vor Scham feuerrotem Kopf aus dem Saal rannte.
Professor Dr. Richard Breed saß eine lange Zeit bewegungslos da, sein Glas mit naßgeschwitzten Händen umklammernd. Nur weil es ein stabiles Glas war, groß genug, um einen ordentlichen dreifachen Whisky aufzunehmen, zerbrach es von dem Druck nicht. Schließlich hob er das Telefon von der Gabel und wählte. Er hörte, wie die Schaltung für Ferngespräche im Hörer wie eine elektronische Zikade klickte. Dann das schneidende deutliche Klingeln des tausend Meilen entfernten Apparats. „Hallo, Pete, hier spricht Dick Breed. Mir geht’s gut, aber hör mal, mit meiner Planung ist jetzt kürzlich etwas schiefgelaufen. Mit Montreal wird das nicht klappen. Mir sind da einige Unklarheiten in den Daten aufgefallen – nein, mit der Theorie gibt es keine Probleme. Es geht nur um ein paar technische Details aus den Computerangaben, aber bevor ich das Material der Öffentlichkeit zugänglich mache, soll alles hundertprozentig stimmen. Du bist ja der Konferenzleiter, und da hoffe ich, daß du meine Lücke ausfüllen kannst. Und richte den anderen bitte aus, daß es mir leid tut. Geht das in Ordnung?“
Und etwas später: „Mensch, Pete, großartig! Das rechne ich dir hoch an. Ich
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