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Kopernikus 3

Kopernikus 3

Titel: Kopernikus 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Waffen ausgerüstete Verbände aus Nachlebenden in verschiedenen Teilen des Landes stationieren konnte. Ich hatte jeden Grund anzunehmen, daß die heranstürmende Gruppe eine Eingreiftruppe war, bewaffnet und bereit, die Anlage zu verteidigen.
    Ich schaltete meinen Treiber auf maximale Last und setzte mich mit hoher Beschleunigung von ihnen ab; da sie aber bereits geraume Zeit mit voller Kraft flogen, hatten sie eine Geschwindigkeit erreicht, der ich nicht entkommen konnte.
    Ich stieg auf, wobei mich die natürliche Abstoßung des Erdmagnetfeldes schwach unterstützte, aber der Abstand zwischen uns verringerte sich zusehends. Ich griff nach dem Kommunikator und sendete eine kurze Nachricht des Inhalts, daß ein Nachlebendenverband dabei war, mich anzugreifen; und dann, als ich mich in die höheren Regionen der Atmosphäre aufschwang, hatte ich Zeit, meine Umgebung noch einmal in mich aufzunehmen.
    Das Licht der Dämmerung war am Horizont nur schwach sichtbar und breitete sich langsam über das Land unter mir aus. Die Sonne war noch verborgen, aber Lichtbänder und elektrische Entladungen schossen weit hinauf in den dunklen Himmel. Die Störungen, die die Sonne in den Außenbereichen an der Lufthülle hervorruft, sind im elektromagnetischen Spektrum weitaus intensiver und leuchtender; regenbogenartige Bänder in Grün und Orange breiteten sich schimmernd und glitzernd wie Sternenstaub über den Horizont aus. Nicht weit über mir wirbelte jetzt die Ionosphäre durcheinander, verschob sich in Reaktion auf das Bombardement der energiereichen Partikel der Morgensonne; die aufreißenden Flächen sahen wie sich unglaublich schnell bewegende vielfarbige Wolken aus.
    Ich sah auf den angreifenden Verband hinunter, der jetzt dicht aufschloß, und bedauerte nur, daß das Vergnügen und die Freude, die die Welt des Lebens nach dem Tode mir bereitete, so bald zu Ende sein sollte. Es war für mich klar, daß ihre Waffen permanente Zerstörung bewirken würden, daß es dieses Mal kein weiteres Leben nach dem Tod mehr geben würde. Es mußte in der Tat leichter sein, einen Nachleber in seiner Kraftfeldgestalt völlig auseinanderreißen zu lassen, als den gleichen Effekt bei einem menschlichen Wesen zu erzielen.
    Ich dachte vage daran, meine eigenen Waffen gegen sie einzusetzen, aber es schien mir nicht der Mühe wert. Eine große Ruhe, eine philosophische Empfindung des Laissez-faire hatte sich auf mich herabgesenkt; ich fühlte mich völlig entrückt.
    Es war noch Zeit für einen letzten Eindruck aus der Welt der Nachlebenden, bevor ich fühlte, wie ihre Waffen sich auf mich konzentrierten und die völlige Auflösung auf mich herabbeschworen, machtvolle Stäbe elektrischer Energie zerlegten meine ätherische Gestalt, zerbrachen die schwachen Bänder, die sie zusammenhielten.
     
    Das Erwachen war qualvoll, und für eine Weile bestand die Welt nur aus Desorientierung. Eine bewußte Selbstidentifikation gab es nicht; das Wort „ich“ war bedeutungslos. Zeit schien nicht zu existieren. Über einen Zeitraum von Sekunden oder Tagen hinweg erfuhr ich schrittweise den Unterschied zwischen mir selbst und meiner Umwelt. Schließlich wurden Bewußtsein und abstraktes Denken wieder möglich. Ich fing an, Geräusche wahrzunehmen und zu interpretieren.
    Ich öffnete die Augen.
    War dies das Leben nach dem Tod? Es war klar, das Experiment war irgendwie mißglückt; ich sah Dr. Cartwright über mir stehen – ich lag in einer Art Krankenbett –, Jones irgendwo im Hintergrund. Schmerzhaft erinnerte ich mich der Ereignisse kurz vor meinem Blackout: an den Raum mit dem weißbespannten Tisch, das Gespräch mit den beiden Männern, mich selbst, wie ich mich hinlegte und plötzlich den heftigen elektrischen Schlag spürte, der meinem Bewußtsein die Gestalt eines Nachlebenden geben sollte.
    Aber an mehr erinnerte ich mich nicht. Und jetzt war ich hier in Fleisch und Blut, hatte wahrscheinlich den Schock, der mich „töten“ sollte, überlebt.
    „Das Experiment … hat nicht geklappt?“ gelang es mir mit trockener Kehle zu der weißgekleideten Gestalt Dr. Cartwrights zu sagen.
    „Gut – das logische Denken scheint nicht beeinträchtigt zu sein“, hörte ich ihn leise zu Jones sagen, der nickte. Dann wandte sich Cartwright wieder mir zu. „Das Experiment war erfolgreich“, sagte er. „Ihr Bewußtsein hat eine exzellente Umwandlung zum Nachlebendenstatus durchgemacht. In dieser Form haben Sie den Angriff auf die Anlage wie geplant

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