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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Leben verfallen.
    Vor meinen in ungläubigem Staunen geweiteten Augen erweitert sich der schmale Pfad zu einer breiten Lichtung, der Boden sanft gewellt, die Niederungen und Tiefen mit Wasser gefüllt, das reglos und unergründlich zu meinen Füßen liegt, ebenso leblos wie alles, was ich seit dem Verlassen der Station zu Gesicht bekommen habe, eine unwirtliche Seen- und Insellandschaft, die sich bis an den Rand des Gesichtsfeldes erstreckt, wo der Wald wieder die Herrschaft über sein stummes Reich antritt. Das Weitergehen wird zusehends schwieriger, da ich ständig gezwungen bin, größeren Pfützen und Tümpeln auszuweichen. Hinzu kommt das Gefühl, ständig von unsichtbaren Augen aus dem Verborgenen heraus beobachtet zu werden, ein Gefühl, das ich im Schutz des Gebirges und des Waldes nicht hatte.
    Endlich, nachdem ich, wie mir scheint, schon Stunden unterwegs bin, gehen die Seen und Tümpel in kleinere Pfützen über, die schließlich ganz verschwinden. Bald gehe ich wieder in diesem seltsamen verdorrten Wald, in dem ich jegliches Zeitgefühl verliere; die unberührte Jungfräulichkeit dieser Landschaft verzaubert mich.
    Nebel kommt auf, kriecht zunächst nur knapp über dem Boden, doch ein leiser Wind zerweht ihn, treibt das undurchdringliche Grau rasch in die Höhe, bald versinken Bäume und Felsen darin, was mich dazu zwingt, mich noch vorsichtiger zu bewegen, jeden Zentimeter Boden mit den Beinen zu ertasten, da das Gelände noch immer unsicher und tückisch ist. So gehe ich lange Zeit, wachsam und aufmerksam, doch nichts geschieht, nur dann und wann ragt die Ruine eines Baumes vor mir auf, dessen kahle Krone sich im Nebel verliert.
    Mit einem Mal liegt eine Atmosphäre drohenden Unheils über dem Land, als würde die Natur den Atem anhalten. Gespannt und unsicher bleibe ich stehen, versuche den Nebel mit meinen Augen zu durchdringen, was mir allerdings nicht gelingt. Doch mit einem Mal, langsam erst, dann immer schneller, zieht er sich zurück, als würde er von einem überdimensionierten Trichter abgesogen, offenbart eine phantastische, unglaubliche Szenerie: Um mich her ein versteinerter Wald, dessen Bestandteile wie vor Jahrtausenden noch erhalten sind, kristallene Felsen sind hier und da verstreut, tief eingegraben in die Erde, transparente Findlinge eines steinernen Gletschers, dessen Spuren noch immer zu sehen sind. Doch … nein, nicht versteinert, gefroren, erstarrt im Eiswind der Zeit, unberührt seit Ewigkeiten, tot, kalt und verloren.
    Urplötzlich, ein unmenschliches, kreischendes Wimmern, gefolgt von einem Donnerschlag, unter dessen Wucht ich hilflos und entsetzt zu Boden stürze, der nun kristallklare Himmel über mir zerreißt, eine monströse, giftige Schwärze ergießt sich in die Welt, eine mächtige Hand verschüttet schwarzglühende Diamanten, rasch faltet sich die Form der schwarzen Monolithe auf, die aus der Nähe ein imposantes und furchteinflößendes Bild ergeben und deren unirdische, widernatürliche Existenz die Seele erzittern läßt. Sie reichen jedoch nicht bis zum Boden, wie dies von der Station aus immer aussah, sondern schweben haltlos in der Luft, und diese Tatsache ist es wohl, die mir das Leben rettet. Wie von Sinnen wälze ich mich auf der kalten Erde, in gekrümmter Embryohaltung, schreiend, die angestaute Angst eines langen, vergeblichen Lebens hinausschreiend, doch der tosende Wind ergreift meinen Schrei, ballt ihn in sinnloser Wut zusammen, um ihn mir wieder tief in die Kehle hinabzustoßen. Mir ist, als würde mein Innerstes in tausend Stücke zerbrechen; nichts außer einer kalten, schwarzen Furcht bleibt, während das irrsinnige Schauspiel über mir unaufhaltsam einem furiosen Höhepunkt zustrebt.
    Über mir nun nichts außer Dunkelheit, die mein gesamtes Gesichtsfeld ausfüllt, die grenzenlosen Weiten des Raumes greifen nach mir, füllen meinen Kopf zum Bersten mit Tod und Desolation, die Wirklichkeit zerschellt hier im Brennpunkt dieser mysteriösen Kraft, die Zeit selbst konzentriert sich fast greifbar, um in einem irisierenden Spektrum kohärenten Lichtes zu zersplittern und unaufhaltsam davonzutreiben, hinab, hinab in die Finsternis, die sich bedrohlich nähert, mich verschlingt, nein, bei allen Göttern, nein, doch was gilt mein Leben gegen die unbändigen Kräfte des Ursprungs, die hier noch am Leben sind, in dieser Traumlandschaft, die nicht für lebende Wesen geschaffen ist. Um mich herum gehen Schauer geronnener Zeit nieder, die Welt vergeht in einem

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