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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Orientierung zu wahren, denn das Vergehen der Stunden hat keine Bedeutung an diesem Ort, die trostlose Öde verdrängt jegliches Gefühl für das ständige Verrinnen der Zeit, hier ist der Scheitelpunkt eines jeden Lebens, eine schmale Gratwanderung zwischen Vergessen und Erkenntnis, der Geist ständig bemüht, die Balance zu halten, um nicht in dem einen oder anderen Abgrund zu versinken.
    „Wir sollten weg von hier“, wendet sich Helen schließlich wieder leise an mich. „Ich verstehe nicht, was dich noch hier hält, nach all den verlorenen Jahren. Du mußt doch auch einmal an dich denken, an deine angegriffene Gesundheit und …“ – nach längerem Zögern – „… auch an mich!“
    Das also ist es, denke ich verbittert, das Wegkommen, doch weniger mit mir als mit meinem Assistenten, an mir liegt ihr nicht wirklich etwas, nicht mehr, denn ich habe ihre Aufmerksamkeit und ihre Liebe abgelehnt und verwirkt für das graue Panorama dort, für den Zauber des grauen Landes, wo das Leben wie ein Traum dahinfließt, weitab von jeglicher Realität.
    Es spielt alles keine Rolle mehr.
    Wie wohl soll ich erklären, was mich hier hält? Vielleicht ist es die unmittelbare, nie verschwindende Präsenz des Sterbens, die Aura des Vergehens, die auf allen Sinnen lastet, die unheimliche Verheißung des grauen Landes, die das Bewußtsein mit eisernen Händen umklammert hält, um es niemals mehr loszulassen, es sei denn Raum und Materie selbst würden in den knirschenden Mühlsteinen der Zeit zerrieben werden, der Ruf und die Verlockung der Einsamkeit und der Ruhe, den bisher noch niemand außer mir vernommen zu haben scheint. Es ist wie ein Fluch, ein sich ständig wiederholendes Mysterium der Vernichtung, gespielt hier auf der Bühne der Unendlichkeit, die kein menschliches Wissen zu fassen in der Lage ist.
    „Ich kann dieses Land nicht verlassen.“
    Keiner entgegnet etwas, ein peinliches Schweigen breitet sich aus, das sich endlos auszudehnen scheint.
    Peter ist es schließlich, der die verbissene Stille durchbricht. „Gleich ist es soweit, noch zwei Minuten.“
    Aufmerksam wendet sich plötzlich jeder dem trostlosen Tal zu, angespannt und bereit für ein Phänomen, das sich täglich zu dieser Zeit abspielt und dessen Einzigartigkeit zu begreifen wir bis heute noch nicht in der Lage waren.
    Und mit einem Mal beginnt es, schwach und undeutlich zuerst, allmählich jedoch deutlicher werdend, als manifestiere sich die Hölle selbst dort draußen, die Hänge des Gebirgszuges verblassen nun merklich, die Finsternis der riesigen schwarzen Monolithen, die aus dem Nichts in der kalten Luft erscheinen, breitet sich aus, erst schwach und undeutlich, dann aber rasch Gestalt gewinnend, berühren sie mit zitternden Fühlern den Boden, um sich dort wie ein gigantischer Karton auseinanderzufalten, die Konturen einer phantastischen Anti-Landschaft tauchen auf, zerklüftet und unsagbar fremdartig wälzen die dunklen Blöcke ihre immateriellen Schatten nach allen Seiten hin aus, sich ständig selbst regenerierend und doch auch sich selbst verzehrend mit kalter, schwarzer Glut, immer weiter breitet sich die Erscheinung aus, überwuchert wie ein Krebsgeschwür die stumme Landschaft, mehr und mehr Schwärze schält sich im Halbdunkel heraus, wie Tropfen geronnenen Raumes. Ein Seufzen liegt in der Luft, das Keuchen der gepeinigten Natur, die eines Tages nicht mehr in der Lage sein wird, den Schatten dieser unnatürlichen Existenz zu trotzen, die sie mit unheimlicher Macht überrollen. Das wird das Ende sein, zersplittert und defomiert durch den eisigen Wind der Zeit, der immerfort Substanz von der Substanz des grauen Landes mitreißt, wie ein tosender Fluß, der ständig die losen Sandbänke seiner Ufer hinwegspült und seinen Strom hinabschwemmt, bis sie sich einst in die weiten Meere seiner Mündung ergießen und verschwinden, als hätte es sie nie gegeben, als hätten sie niemals existiert.
    Die Finsternis wirkt zum Greifen nahe, als endlich die dunklen Ränder der Monolithen zu verblassen beginnen, und schon nach wenigen Minuten ist der Spuk vorüber, die Zauber der Schwärze verlieren sich in den nebulösen Bereichen ihres Ursprungs und geben erneut den Blick auf grauen Stein und Sand frei. Es ist, als habe es hier niemals etwas anderes gegeben.
    „Es war wieder näher heute, nicht wahr?“ Helens Frage ist an niemanden speziell gerichtet. Peter ist es, der ärgerlich und impulsiv antwortet.
    „Natürlich war es wieder näher, es kommt

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