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Kopernikus 4

Kopernikus 4

Titel: Kopernikus 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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verstehen beginnt. „Wir müssen doch in euren Augen wie seltsame Tiere aussehen.“
    „Wir versuchen zu verstehen“, sagt sie. „So ist das mit der Geschichte, man lernt die Vorkommnisse, aber man versteht nicht wirklich, wie die Leute denken und fühlen, wie es für sie war. Wir hoffen, ihr werdet es uns erzählen.“
    Die Droge, denkt Lorimer, das haben sie also versucht. Ihnen erzählen … wie kann er denn? Eine Montage schwebt durch seinen Verstand, dominiert von gelegentlichen Blicken auf den Parkplatz vor seinem Büro, an Ginnys gelbes Küchentelefon, an die Weinreben vor dem Fenster … Frauen und Wein …
    Eine Lachsalve stört sein Nachdenken. Sie kommt aus dem Zimmer, das sie als Turnhalle bezeichnen. Bud und die anderen scheinen Ball zu spielen. Tolle Idee, wirklich, denkt er. Sie gebrauchen ihre Muskeln. Daher sind sie alle so fit. Die Turnhalle ist eigentlich eine Art Trommel. Wenn man die Wände hochklettert, dann dreht sie sich mit und bewegt eine Reihe von Zahnrädern, die unter anderem die Schlaftrommeln zum Rotieren bringen. Wirklich eine hübsche Sache … Bud und Dave nehmen ihre Schichten üblicherweise zusammen; wie bleiche Affen strampeln sie in der rotierenden Turnhalle. Lorimer zieht den leichteren Rhythmus der Frauen vor, der gegenwärtige Zyklus paßt ihm vortrefflich. Er nimmt seine Schicht normalerweise mit Connie, die nicht viel redet, und einer der Judys, die dafür um so mehr erzählt.
    Im Moment spricht niemand. Vage unbehaglich sieht er sich um. In dem großen Zylinder der Kabine sieht er Dave und Lady Blue am Frontfenster. Judy Dakar steht hinter ihnen, endlich einmal still. Sie müssen die Erde betrachten; schon seit einigen Wochen ist die blaue Scheibe auf wunderbare Weise größer geworden. Daves Bart bewegt sich, er betet wieder. Er hat es sich angewöhnt, das nicht mehr so häufig öffentlich zu tun, aber wenn, dann ist es so aufrichtig, daß Lorimer, ein Atheist, nur mit ihm sympathisieren kann.
    Natürlich haben die Judys Dave nach dem Flüstern gefragt. Als Dave erkannte, daß sie keine Gebete kennen und noch nie eine christliche Bibel gesehen haben, trat eine lange Stille ein.
    „So habt ihr jeglichen Glauben verloren“, sagte er schließlich.
    „Wir haben einen Glauben“, protestierte Judy Paris.
    „Darf ich fragen, woran?“
    „Wir glauben an uns selbst, natürlich“, antwortete sie ihm.
    „Junge Lady, wenn Sie meine Tochter wären, dann würde ich Ihnen jetzt ordentlich den Hintern versohlen“, sagte Dave darauf ohne die leiseste Spur von Humor. Das Thema wurde nie wieder angeschnitten.
    Aber er hat sich wieder prächtig gefangen, nach diesem fürchterlichen Schock, denkt Lorimer. Einen persönlichen Gott, eine Vaterfigur, die Menschen brauchen das. Dave bezieht seine Stärke daraus, und wir alle richten uns an ihm auf. Vielleicht müssen Führer gläubig sein. Dave war so großartig, freudig, tröstend, geduldig beim Ausarbeiten von Alternativen; er hat alle Entscheidungen getroffen, alle unausweichlichen Diskrepanzen in den Positionsanzeigen beseitigt, auf eine Art und Weise, wie Lorimer das nie gekonnt hätte. Ein Fehler und …
    Wieder packt ihn die Erinnerung; wieder ist er in der Sunbird, mit müden Augen, und lauscht dem Geschwätz der Frauen sowie Daves gereizten Antworten. Gott, wie sie schwatzen! Aber ihre Computerarbeit ist beispiellos. Aber Lorimer ärgert sich über eine Ausflucht Daves, über seine Weigerung, Angaben über Beschleunigung und Treibstoffvorrat zu machen. Er möchte eine Sicherheitsreserve zurückbehalten, die er Lorimer in den Computer einspeichern läßt.
    Aber alle Sicherheitsreserven helfen nichts; schon bald wird allen deutlich, daß die Erde zu weit von ihnen entfernt passieren wird, sie können nicht genug beschleunigen, um ihren Orbit rechtzeitig zu erreichen. Sie könnten natürlich ein Bremsmanöver beginnen, sie könnten warten, bis die Erde wieder eine günstige Position einnimmt, doch das würde ein weiteres Jahr kosten, so lange aber reichen ihre Vorräte nicht mehr. Die grausame Frage, ob die Vorräte unter Umständen für einen Mann reichen könnten, schiebt sich in Lorimers Verstand, doch er verdrängt dies. Das ist Sache von Dave.
    Eine letzte Möglichkeit bleibt ihnen. Venus wird sich in drei Monaten ihrer Flugbahn nähern, sie könnten Geschwindigkeit gewinnen, wenn sie daran vorbeischwingen. Sie arbeiten an diesem Problem.
    In der Zwischenzeit entfernt sich die Erde ständig weiter von ihnen, ebenso wie die

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