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Kopernikus 5

Kopernikus 5

Titel: Kopernikus 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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nicht mehr zu ihm gehören. Der Versuch, sich über zitternden Beinen aufzurichten, war vergebens. Sein Körper lag zuckend auf dem Boden. Schaum war vor seinen Mund getreten. Obwohl das Glas, in dem sie alle gefangen waren, den Schall dämpfte, konnte man sein Toben und Schreien hören, als wolle er die Welt dort ganz weit draußen damit erreichen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Glanable die Maschine, was diesen und den ersten jungen Mann betraf, bereits abgeschaltet.
    Bevor wir uns dem dritten jungen Mann zuwenden, wollen wir die drei Mädchen sehen. Was immer in den beiden jungen Männern vorgegangen sein mochte, die Mädchen hatten es, sah man auf den Verlauf des Experiments, besser. Sie waren alle drei süße, sanfte Gestalten, denen man ein etwas altmodisches Programm einflößte. Zwar war die Gesellschaft im Umbruch begriffen, doch galt es für die Zwecke des Experiments als sinnvoll, den Mädchen eine eher demütige, unterwürfige Rolle, worin ihre Hauptaufgabe darin bestand, den Männern zu gefallen und alle Arbeit klaglos zu machen, zuzuweisen.
    So hatten sie sich auch in den Kolben entwickelt. Waren sie schon vorher schöne Hüllen, hübsche Larven gewesen, noch ganz ohne Bewußtsein, so blühten sie auf in dem stetig rinnenden Strome der Informationen. Was ihnen ihre Körper allein nicht geben konnten, das gab ihnen die Reinheit ihrer Gedanken, das gab ihnen das Feuer, mit dem ihr Bewußtsein ihre Körper erfüllte. Sie bedeckten erschrocken ihre Blöße, während sie mit aufreizenden Blicken aus den Kolben sahen, ohne daß sie bereits wahrgenommen hätten, wohin es die Entwicklung in den anderen beiden Kolben gebracht hatte.
    Der Junge in dem linken Kolben, Maren, hatte eine ähnliche Entwicklung wie die beiden anderen jungen Männer, die bereits erledigt waren, genommen. Auch er hatte seinen Körper ertastet. Auch er hatte den Duft, den man in seinen Kolben geblasen hatte, in sich aufgesogen. Auch er hatte ein wenig zögernd, dann mit zunehmendem Eifer die Augen aufgeschlagen. Auch sein Gesicht, als er lernte, war zuversichtlich und strahlend. An dem Punkt aber, wo auch er in Verwirrung geriet, hatte seine Entwicklung begonnen, von der seiner Nachbarn abzuweichen.
    Auch in ihm lief die Traummaschine weiter. Es mag sein, daß noch einige Quentchen an zusätzlichen Informationen sein Bewußtsein vor dem Einsetzen der Verwirrung erreichten. Wie auch immer. Man konnte sehen, er war getaumelt. Die Wucht der Gedanken, die hinter seiner Stirn rasten, hatte ihn fast niedergeschlagen. Aber obwohl er wankte, war er nicht gefallen. Sein Körper hatte sich, ganz im Gegenteil, hoch aufgerichtet. Dort stand er, inmitten seines Kolbens, mit aufleuchtenden, erbitterten Augen. Im nächsten Moment hatte er sich die Fäden, die ihn mit der Traummaschine verbanden, vom Kopf gerissen und benutzte die stählerne Krone, die noch eben um seinen Kopf gelegen, als Waffe, um den gläsernen Zylinder zu zertrümmern.
    Die Wissenschaftler waren zurückgefahren, als das Glas von Marens Flasche um sie herum zersplitterte. Man konnte in ihren weißen Gesichtern das blanke Nichtbegreifen sehen. Man hörte den einen oder anderen erstickten Ausruf, der jedoch sogleich in Anbetracht des – ja, wessen: des Ungeheuers? des abnormen Menschen? des Frankenstein, der aus dem Kolben getreten? – verstummte. Auf diesen Fall nicht vorbereitet, verschafften sie so dem Monster eine Pause.
    Es war aber auch so, als wäre in Marens Haltung, in seinen Gesten, in seinen Blicken etwas, das Respekt, Achtung, selbst Unterwerfung erheischte. Er war, als würde er sein Bewußtsein auf der Spitze balancieren, als hätte er alle Gedanken zu einer einzigen Idee zusammengezogen, als wäre er jetzt reine Handlung, reiner Willen, einige noch ziellose Schritte durch das Labor gegangen. Der völlig nackte Mann, ganz rosig, noch glänzend von den hinter ihm liegenden Strapazen, in seiner Hand den stählernen Reifen, mit dem er den Kolben zerschmettert hatte, setzte seine Schritte, als schreite dort ein König.
    Dann hatte er sie fast alle gleichzeitig angesehen, mit einem ungeheuren, schweifenden Blicke, der rastlos war und zugleich klar und voller Tiefe, in dem die Informationen, die er nun sammelte, wie auf den Grund eines stillen Sees hinunterliefen. Mit diesem einen Blick schien er sie nochmals abzuschätzen, was von ihnen zu halten wäre, schien er sich dessen, was er bereits wußte und was er sich in seinem kurzen Leben zusammengereimt hatte, zu vergewissern. Bis

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