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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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ein­ge­scho­ben.
    Ich ha­be Max an der Io­wa State ent­deckt, wo er in ei­nem Se­mes­ter wie ein Sex­mä­her ei­ne Bre­sche durch sechs Schwes­tern­schaf­ten und einen ge­misch­ten Schlaf­saal ge­schla­gen hat­te. Was er den Frau­en er­zähl­te, war nichts Be­son­de­res. Aber er fühl­te, was die Frau emp­fand, es schwang zwi­schen ih­nen hin und her wie ein La­ser, der sich zum Licht­blitz auf­lädt. Er paß­te sein Vor­ge­hen und sei­ne Kör­per­hal­tung und sei­ne Be­we­gun­gen so fein­füh­lig an, daß die Frau über­haupt nichts merk­te. Zum Schluß lieb­te sie Max, bei Gott, lieb­te ihn, auch wenn er schon längst mit ihr durch war und sie ab­ge­baut hat­te. Ich schät­ze, ein Ge­betsdea­ler wür­de sa­gen, daß Max kei­ne See­le hat­te.
    Was mit Max pas­sier­te, das war ein Alp­traum, der nur dar­auf war­te­te, ge­träumt zu wer­den. Max lös­te Ter­ry Nor­ge als abend­li­ches Nach­rich­ten-Zug­ei­sen ab. Er über­nahm es, als Ter­ry Nor­ge ei­nes Abends starb, ziem­lich schwach drauf und nur ei­ne Vier­tel­mil­li­ar­de Zu­schau­er da­bei. Er starb mit ei­nem fünf­jäh­ri­gen Fi­li­pi­no­jun­gen, der in ei­ner Stra­ße in Ma­ni­la nach sei­ner Mut­ter schrie, wäh­rend ein R-9-Jä­ger bo­li­via­ni­scher Bau­art einen An­griff flog. Mil­lio­nen fuh­ren Nor­ges Li­ve-Be­richt über den neues­ten hei­ßen Schau­platz im Fu­sel­treib­stoff­krieg. Sie fuh­ren auf ih­ren Vi­deo­ge­rä­ten mit, völ­li­ge Lee­re im Kopf, und war­te­ten dar­auf, daß Nor­ge ih­nen sa­gen wür­de, was sie emp­fin­den soll­ten.
    Nor­ge sag­te: „Ba­star­de“ und ver­such­te zu emo­tio­na­li­sie­ren. Noch ein­mal sag­te er ver­suchs­wei­se: „Die Ba­star­de“ und schnalz­te mit der Zun­ge. Er fühl­te über­haupt nichts, und sein Niel­sen pur­zel­te, 59, 44, 21, 12. In gan­zen fünf­zehn Se­kun­den hat er al­les ver­lo­ren, bis auf ei­ne Quo­te von 7, und starb noch auf Sen­dung.
    „Die Ba­star­de“, sag­te er freund­lich. Er schüt­tel­te den Kopf und tauch­te aus der Ka­bi­ne. N OR­GE S TIRBT , be­rich­te­ten die Nach­rich­ten­bän­der: F LIEGT M IT A BEND­GLEI­TER N ACH H AUSE A UF FARM I N O RE­GON … N EU­ER V IDEO­MÄCK D ER S ATEL­LI­TEN­FAH­RER I ST M AX­WELL T ODD … A LS N ÄCHS­TES D AS W ET­TER …
    Weil er war, wie er war, starb Ter­ry Nor­ge in al­ler Stil­le. Er ver­kroch sich in sich selbst und ver­schwand ein­fach. Nor­ge war schon ein Vi­deo­mäck, be­vor das Ge­fühls­feld ein­ge­führt wur­de, das es dann er­mög­lich­te, die Ge­fühls­re­ak­tio­nen des Pu­bli­kums mit den Emo­tio­nen des Nach­rich­ten­spre­chers kurz­zu­schlie­ßen. Wenn ihn ei­ne Sto­ry be­rühr­te, dann wein­te Nor­ge für dich und mich und al­le an­de­ren Zu­schau­er. Aber er be­wahr­te sich sein ei­ge­nes Ge­wis­sen, und die Zu­schau­er be­hiel­ten ih­res. Als das Ge­fühls­feld da­mit be­gann, die Zu­schau­er mit sei­nen gan­zen Ka­bel­an­schlüs­sen an die Ka­bi­ne des Zug­ei­sens zu bin­den, da blieb Nor­ge, der wuß­te, wie man ganz bleibt, sich sel­ber treu.
    Wenn Max in die Ka­bi­ne kommt, wird er je­des­mal neu ge­bo­ren. Er setzt sich und at­met tief durch und gibt dem Paß­form­ses­sel den Be­fehl, sich hö­her zu stel­len. Sein Blut summt, sei­ne Haut rö­tet sich. Das Ge­fühls­feld baut sei­ne Span­nung auf. Ich neh­me ihm den Puls ab und ge­be ihm sein Zei­chen. Wie ei­ne See­le, die von der Last ih­res Flei­sches ab­ge­schnit­ten wird, steigt er em­por ins Netz.

2

    „Will­kom­men, Ame­ri­ka, ich bin Max­well Todd. Fahrt ihr mich?“
    CBA Cen­ter war nicht Ot­tum­wa. Max war ent­zückt. Das Ge­fühls­feld be­saß al­le Schi­ka­nen, um die er in Ot­tum­wa ge­bet­telt hat­te. Die ers­te Nacht war er wie ein Land­gei­ger, der zum ers­ten Mal ei­ne Stra­di­va­ri spielt.
    Max klink­te sich in die Abend­top­zeit ein, als hät­te er nie et­was an­de­res ge­tan, und er kit­zel­te die Fah­rer in ei­ne glat­te, pro­blem­lo­se Röh­ren­nacht hoch. Bei Ter­ry Nor­ge muß­ten je­de Kan­te und je­der Ge­sichts­zug ver­bes­sert wer­den. Sei­ne Ma­che­rin hat­te ihn ge­streckt und sei­ne Stim­me tiefer ge­schal­tet. Sie hat­te sei­ne ver­knif­fe­nen,

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