Kopernikus 6
überraschte. Schließlich zertrat Capricorn Clells Muschelmuster und stampfte davon, auf die Zelte zu. Clell rief ihm in beleidigendem Ton etwas nach. Doch trotz der bösen Mienen und der wütenden Stimmen nahm Neil eine gewisse Befriedigung bei den beiden Ausflüglern wahr. Er hatte den deutlichen Eindruck, daß sie den Streit und ihre Wut genossen.
Neil schüttelte den Kopf. Es waren seltsame Leute.
Am Scout fand er Hero, die auf der Kühlerhaube saß. Ihr Körper war mit einem blauen Streifenmuster bemalt. Sie saß mit angestrengtem Gesichtsausdruck da und studierte die Skizzen des Vorabends.
Als er sich näherte, blickte sie auf. „Kannst du mir das beibringen?“
„Ich kann es versuchen“, sagte er lächelnd. „Es interessiert dich?“
Sie zuckte die Schultern. „Es ist mal etwas anderes.“
Er hob seine Augenbrauen. „Etwas anderes? Du klingst gelangweilt.“
„Bin ich auch.“
„Willst du mir Modell für ein Porträt stehen?“
Ihre Augen richteten sich plötzlich auf ihn. „Du meinst, ein richtiges Gemälde? Wie in einem Museum?“ Sie setzte sich auf und fuhr mit den Fingern durch ihre Locken. „Was muß ich tun?“
Er holte seine Ölfarben und eine Leinwand aus dem Wagenfond. „Zunächst einmal mußt du die Netzbemalung abwaschen. Kannst du dir eine von diesen Toga-Tunika-Dingern besorgen?“
„Natürlich.“ Sie rannte zu den Zelten.
Neil stellte seine Staffelei nahe am Wasserrand auf. Er entschloß sich, sie im Stil von Maxfield Parrish zu malen. Über ein paar Muschein gebeugt, als Silhouette vor dem leuchtenden Blau des Dunstes, wäre sie dazu ausgezeichnet geeignet. Als Hero zurückkam, war er dabei, Farben zu mischen, bemüht, den richtigen Blauton zu treffen. In einer Toga, die eine kleine Brust frei ließ und Falten über ihre schmalen Hüften warf, sah sie wirklich aus wie eine Figur von Parrish. Wenn er jetzt nur den Blauton genau erwischte.
„Sie werden alle zuschauen“, sagte sie. „Du hast doch nichts dagegen, oder?“
„Ich wäre ein besseres Modell.“ Es war Electra, natürlich schmollend. „Warum hast du mich nicht gefragt?“
„Du hast geschlafen. Ich werde auch ein Bild von dir anfertigen.“ Er seufzte. „Ich wünschte, ich hätte genug Leinwand, um euch alle porträtieren und mit zurücknehmen zu können.“
„Zurücknehmen?“ Sie murmelten enttäuscht vor sich hin. „Du wirst doch wohl nicht fortgehen?“
„Ich kann nicht ewig hierbleiben.“
Electra blickte ihn an. „Warum nicht?“
Er hielt inne und dachte nach. Niemand würde ihn vermissen. Die Zeit draußen war für ihn aufgehalten, und er konnte gehen, wann immer er wollte. In der Zwischenzeit hatte er die Gesellschaft und Bewunderung dieser charmanten Leute. Warum sollte er also nicht bleiben? Zum Teufel mit Connie und den Händlern und der Suche nach neuen Visionen. Diese Vision genügte ihm.
„Ich werde nicht sofort gehen.“
Er zeigte Hero, wie sie stehen sollte. „Wenn du müde wirst, sag es mir, dann lasse ich dich ein wenig ausruhen.“ Er tauchte einen Pinsel in die blaue Farbe. „Wie lange werdet ihr hierbleiben?“
Electra beugte sich über seine Schulter, als er damit begann, die ersten Farbflächen aufzutragen. „Das ist doch bloß ein Farbklecks. Wird das wirklich mal ein Gemälde?“
„Schau dabei zu.“
Das taten sie eine Weile, aber er merkte bald, daß das Malen sie nicht so sehr faszinierte wie das Zeichnen. Es dauerte zu lange. Einer nach dem anderen begannen sie, sich zu langweilen und fortzugehen, bis schließlich nur noch Hero und er da waren. Selbst Hero beschwerte sich über Ermüdung, obwohl sie nicht aufhören wollte, Modell zu stehen. Er hörte die Stimmen der anderen hinter der Bucht, lärmend und fröhlich.
Hero erschien bald auf der
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