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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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von Texas. Ornithologe. Ich arbeite an meinem M.A. Vor zwei Tagen habe ich Mrs. Jolyn Jimson getroffen …“
    „Wie geht es Jolyn? Ich habe sie nicht mehr gesehen seit … Gott, das muß bald fünfzig Jahre her sein. Die Zeit vergeht.“
    „Es schien ihr gutzugehen. Ich habe nur eine halbe Stunde mit ihr geredet. Das war …“
    „Und Sie wollten mich sprechen wegen …?“
    „Äh. Die … wegen des Geflügels, das Ihre Familie früher züchtete, als Sie noch in der Gegend von Water Valley wohnten.“
    Sie sah mich einen Moment lang an. Dann begann sie zu lächeln.
    „Oh, Sie meinen die häßlichen Hühner?“ sagte sie.
    Ich lächelte. Ich lachte fast. Ich wußte, was Oedipus durchgemacht haben muß.
     
    Jetzt ist es vier Uhr dreißig nachmittags. Ich sitze im Stadt-Motel 6 in Memphis. Ich muß telephonieren, ein bißchen schlafen und dann mein Flugzeug erreichen.
    Annie Mae Gudger Radwin redete vier Stunden lang; sie beantwortete meine Fragen, klärte mich über die Familiengeschichte auf, und Selvedge durfte kein Telephongespräch durchstellen.
    Das Hauptproblem war, daß Annie Mae 1928 davonlief, ein Jahr, bevor ihrem Vater der große Durchbruch gelang. Sie ging nach Yazoo City und arbeitete sich langsam und stufenweise nordwärts auf Memphis und ihre Bestimmung als Witwe eines reichen Börsenmaklers zu.
    Aber ich greife vor.
    Großvater Gudger war Aufseher für Colonel Crisby auf der Hauptplantage in der Nähe von McComb, Mississippi. Auch das war eine lange Geschichte. Haben Sie Geduld.
    Colonel Crisby selbst war der Sproß einer Seefahrerfamilie, die ein Interesse an den Zedern des Libanon (die fast alle für Schiffsmasten für die Marine Seiner Majestät und anderer abgeholzt wurden) und an ägyptischer Baumwolle hatte. Auch an Tee, Gewürzen und anderen Handelsgütern, die sich so auftreiben ließen.
    Als Colonel Crisbys Großvater 1802 den Majorsrang erreichte, sagte er dem Atlantik in Charleston, South Carolina, Lebewohl und schlug sich westwärts in die Wälder. Als er zum Stehen kam, befand er sich mitten im Gebiet der Chickasaw, wo er eine Handelsstation aufmachte und den Indianern zeigte, was Sklaven sind.
    Und es erging ihm wohl, und er zeigte Colonel Crisbys Vater, der dann nach South Carolina ausschickte und alles herbringen ließ, was seinem Vater gehörte. Alles – Sklaven, Wagen, Pferde, Rinder, Perlhühner, Pfauen und Dodos, die von jedermann für eine fürchterlich häßliche Geflügelsorte gehalten wurden; einer seiner seefahrenden Onkel hatte sie im Jahre 1721 einem französischen Handelsfahrer abgekauft. (Ich nahm an, daß es sich hier um weiße Dodos von Réunion handelte, wenn sie nicht aus einer noch älteren Herde stammten. Der Dodo von Mauritius war zu jener Zeit schon ausgerottet.)
    Das ganze Zeug wurde nach Westen gebracht, zu der Handelsstation inmitten der Chickasaw-Nation. (Die Stämme in der Umgebung gehörten zum Bündnis des Tanzenden Kaninchens.)
    Und Colonel Crisbys Vater erging es wohl, und auch den Perlhühnern und den Dodos. Und dann kam Andrew Jackson und trieb die Tanzenden Kaninchen davon, über den Trail der Tränen in den Himmel von Oklahoma. Und Colonel Crisbys Vater zeugte Colonel Crisby, ließ den Handelsposten in den Händen anderer zurück und verlegte seine Pflanzung noch weiter westwärts nach McComb.
    Allen erging es wohl, bis auf Colonel Crisbys Vater, welcher verstarb. Und auch die Dodos vermehrten sich, wenn man von gelegentlichen Verlusten durch mordlustige Wiesel und eierstehlende Hunde absieht.
    Dann kam Opa Gudger seines Wegs, ein Prototyp für die Rolle des Simon Legree, und er übernahm die Pflanzung, während Colonel Crisby zehn Kompanien zusammenstellte und davonzog, um im Krieg für die Unabhängigkeit des Südens zu kämpfen.
    Colonel Crisby kam früher als die meisten zur McComb-Pflanzung zurück, er jedoch hatte einen Großteil jener Salve aufgefangen, die seinen Kommandanten, General Beauregard Hanion, während der Belagerung von Vicksburg auf einem Felsenvorsprung ereilt hatte.
    Er war nicht tot, aber einen Monat lang trieb sich der Tod dort herum wie ein wohlerzogener Schuldeneintreiber. Der Colonel siechte dahin, wurde ganz unvermittelt verrückt, und in der Woche, bevor er starb, ließ er alle seine Sklaven frei (der Krieg dauerte danach noch zwei Jahre). Jetzt, da er keine Sklaven mehr hatte, brauchte er auch keinen Aufseher mehr.
    Hier folgt nun der Faulkner-Teil der Geschichte, geradewegs aus As I Lay Dying: wie die Gudger-Familie

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