Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
Vom Netzwerk:
wurde in Gigadollar-Stunden gemessen. Jede Nacht zur Nachrichten-Topzeit brachte Max der CBA eine Milliarde Dollar ein.
    Mein Gott, eigentlich sollte ich heulen. In zwei Wochen hat Max genug Leute umgebracht, um Sioux City zu bevölkern. Mein Gott, ich wußte, was sie alles tun mußten, um die Wahrheit über das, was er war, aus der Sendung rauszuhalten. Max hatte keine Verteidigung.
    „Ich kann sie nicht raushalten, Sid“, sagte er einmal in den frühen Jahren, lange vor der CBA. „Ich kann mich nicht abspalten. Manchmal tun mir die Fahrer so weh! Es ist, als ob man Glasscherben frißt, als ob man Säure schluckt.“
    „Dann hör auf“, sagte ich.
    „Was?“ lachte er wie ein alter Schmierenkomödiant. „Und mir den ganzen Spaß entgehen lassen?“
    Das Machen ist eine Kunst, die aus der Seele kommt. Ein Netz-Macher, der sämtliche Möglichkeiten der Videoillusion zur Verfügung hat, kann jedes beliebige Image zurechtschneidern. Wir nehmen tausend Datenströme, sortieren sie, reinigen sie und verbinden die brauchbarsten. Ein wirklich guter Macher (ich bin einer) kann ein Image aufbauen wie ein Randshow-Labyrinth, so daß ihr niemals wieder hinauskommt.
    Die Macherin, die Max jetzt bearbeitete, eine traurige junge Frau aus der Stimmungsschule, verpaßte diese völlige Meisterschaft um Haaresbreite. Als der Krieg wirklich häßlich wurde, schlich sich ein schriller Ton in Max’ Sendungen ein. Es war nichts, was ihr wahrgenommen hättet. Weil ich ein Macher bin, habe ich es wahrgenommen. Ihr Image von Max war nicht mehr kohärent. Auf winzige Weise brach es zusammen, sehr subtil. Das Ergebnis war, daß die Fahrer an Glauben verloren. Weil diese neue junge Macherin zu zaghaft war, wurden die Fahrer unruhig, gereizt, wenn sie Max fuhren. Um das zu kompensieren, fütterte sie zuviel Stoff nach. Die Fahrer hätten Mitleid, Scham und Angst empfinden sollen, wenn sie seine Berichte über den Fuseltreibstoffkrieg fuhren. Aber weil diese neue Macherin das Gefühlsfeld zu überladen versuchte, schraubte sie die Emotionen der Fahrer bis zur Raserei hoch.
    Während der ganzen Zeit stiegen die Werbeeinnahmen, und die Sofort-Nielsen kletterten spektakulär empor. Nach einem Dutzend Nachrichtensendungen hörte Morde Bloom auf, mich anzurufen und zu versuchen, mich zur Rückkehr zu verlocken.
    „Hier ist Max Todd, das Amazonasbecken brennt lichterloh … Hier ist Max Todd, die malaische Halbinsel ist morsch und tot … Hier ist Max … sie rauben uns unseren Treibstoff …“
    Wer, so fragte er, raubte ihn? Wessen Markierungen befanden sich auf den Schmerzbomben? Wer lenkte die Laser? Wer?
    Max hatte die Antwort darauf. Ihr habt sie ihm gegeben. Er gab euch die Antwort sofort zurück: die Ungewaschenen, die Ungespleißten, die Bettler und das Pack versuchten, uns unsere letzte Hoffnung zu rauben. Eure Raserei klammerte sich an der Antwort fest, die ihr Max gabt und die eine Heerschar von euch im Chor jede Nacht über den Satelliten zurückgesungen hat: Haß und Haß und Haß und Haß.
    Ihr habt den Krieg gemacht aus Angst vor einem Krieg. Die Ungeheuer des Feindes sind aus eurem Unbewußten emporgesprungen und über das Feedback der TV-Röhre Amok gelaufen.

 
8
     
    Ich verließ Ottumwa an einem eiskalten Tag, am ersten März. Ich nahm mir einen Fensterplatz auf dem Gleitbus und stellte die berüchtigte Tasche auf meine Knie. Der Schnee auf den Maisfeldern glitzerte unter einem nackten weißen Himmel. Ich hatte mich nicht rasiert. Ihr müßt doch das Photo gesehen haben, das zusammen mit der Nachrichtenbandmeldung verbreitet wurde: Sah ich nicht alt aus? War mein Haar nicht wirr und grau? Sah ich aus wie ein Heimgesuchter?
    Ich fuhr nach New York, aus dem Herzland einer röhrenfahrenden Nation heraus. Am ersten März war es ernst geworden mit dem Krieg. Der Ring der Äquatorialen Nationen brannte. Die Streitkräfte des Vereinigten Energiestaats lagen mit dieser Bande aufstrebender Habenichtse im Clinch. Der Konzern, der schon längst alle Regierungsgewalt in den Händen hielt, führte einen Krieg, um sein Monopol der Sonnenenergie zu sichern. Das war die Story, die die Nachrichten hätte bestimmen sollen. Das war die Story, die Max euch in der CBA-Topzeit-Sendung hätte erzählen sollen. Aber ihr wolltet nicht zuhören, ihr wolltet einen Krieg und wart bereit, Max als Zünder zu benutzen, um ihn zu entflammen.
    FRAGE: Wer hat Max getötet?
    ANTWORT: Wir alle haben Max getötet.
    Wir haben Max getötet, in der

Weitere Kostenlose Bücher