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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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rü­ber­geht.“
    Chick konn­te De­tes Aus­füh­run­gen nicht mehr fol­gen. Die Angst schot­te­te ihn im­mer mehr von den an­de­ren bei­den ab. Und schon wie­der re­de­te De­te.
    Lei­ser wer­dend. Kaum noch wahr­nehm­bar im Ge­fla­cker des Ker­zen­lich­tes.
    „Letz­tes Mal, als ich da un­ten war, ha­ben wir den Gul­ly­de­ckel hoch­ge­lüf­tet und hin­aus­ge­se­hen. Die von der Nach­bar­schu­le spiel­ten ge­ra­de Korb­ball. Das sah viel­leicht be­scheu­ert aus. Die von hier un­ten aus zu se­hen. Und die merk­ten na­tür­lich nicht, daß wir sie be­ob­ach­te­ten.“
    Noch lei­ser und un­ver­ständ­li­cher wur­de die Stim­me. Chick hat­te Mü­he, sich un­ter dem Wort „Nach­bar­schu­le“ et­was vor­zu­stel­len. Das ein­zig Si­che­re war für ihn sei­ne Hand, die er an der Wand ent­lang­strei­fen ließ und wo er dem Schmerz nachsann, wenn die rau­he Ober­flä­che der Mau­er ihm die Haut lang­sam ab­schmir­gel­te.
    Sie ka­men an ei­ne un­ter­ir­di­sche Kreu­zung, wo sich die Dun­kel­heit im frei­en Raum zwi­schen den Mau­ern an sie he­randrück­te. Schrei nicht! Er lausch­te auf das Ge­räusch, das sei­ne Schrit­te im Sand ver­ur­sach­ten. Das Schlur­ren schi­en von weit­her zu kom­men. Die Luft roch muf­fig und naß. Er trau­te sich nicht, West­phals Cord­ja­cke, die er vor sich wuß­te, zu pa­cken und sich von West­phal zie­hen zu las­sen.
    Chick hat­te Angst. {1}
    Chick hat­te Angst vor dem Ver­lö­schen des Lich­tes. Die Zu­fäl­lig­keit, mit der die son­der­ba­ren Luft­strö­mun­gen des Gan­ges die Ker­zen­flam­me fla­ckern lie­ßen, er­schreck­te ihn. Das Licht könn­te ja je­den Mo­ment weg sein.
    Er streck­te den Arm aus, um sich an West­phal fest­zu­hal­ten. Er griff aber ins Lee­re. Die Dun­kel­heit schlug zu.
    Die Ker­ze war er­lo­schen.
    Weit vor­ne hör­te er De­te her­um­schrei­en. Die Stim­me ver­hall­te dumpf. Wur­de ab­ge­würgt.
    „Die­se Scheiß win­de hier un­ten …“
    Er has­te­te vor­wärts und stieß ge­gen ei­ne Wand. Er hör­te sich schrei­en, und die Wän­de war­fen ihm sein ei­ge­nes Ge­brüll ent­ge­gen:
    „De­te, West­phal, wo seid ihr?“
    Und er hör­te, kaum noch un­ter­scheid­ba­re Lau­te, weit weg und ver­zerrt, ver­schluckt von da­zwi­schen­lie­gen­den Tun­nel­wän­den:
    „… fin… Streich­höl­zer …“
    Lau­te kön­nen sehr lei­se sein.
    Er hör­te das Ge­räusch sei­ner Schul­tern, die an der Wand ent­lang­schab­ten, an der er her­un­ter­rutsch­te. Er schrie.
    Trä­nen tra­ten ihm in die Au­gen, in die sich, er hat­te sie aus Angst weit auf­ge­ris­sen, gie­rig die Dun­kel­heit hin­ein­stürz­te. Und hin­ter der Dun­kel­heit lau­er­te die Stil­le. Nur der Stein war mild­tä­tig, die Wand, die sich hart, krü­me­lig und san­dig er­tas­ten ließ. Er rö­chel­te und spür­te, wie sei­ne Ar­me, er war im­mer mehr vorn­über­ge­sun­ken, lang­sam den Bo­den be­rühr­ten. Er sank in sich zu­sam­men.
    Die Dun­kel­heit hat­te ihn um­zin­gelt und ein­ge­schlos­sen.
    Die Stil­le ließ ihn nur noch das Ra­scheln sei­ner Klei­dung hö­ren, die sein schnel­les At­men leicht be­weg­te. Sei­ne Schu­he schab­ten auf dem san­di­gen Bo­den. Sei­ne Knie und El­len­bo­gen fühl­ten sich et­was feucht an.
    Weit, ganz weit weg, ganz hin­ten, hör­te er Stim­men. Er ver­stand sie nicht mehr.
    Schrei nicht, schi­en ei­ne müt­ter­li­che Stim­me ihn trös­ten zu wol­len. Don’t cry. Aber er schrie den­noch. Er stülp­te sei­ne Ver­zweif­lung, sein Elend und sei­ne Ein­sam­keit, sei­ne Wut über sei­nen ihn ver­ra­ten­den Kör­per aus sich her­aus, er schrie, und all sei­ne Er­fah­rung, sein gan­zes Le­ben, lag in die­sem Schrei­en fi­xiert; er schrie und preß­te Luft aus den Lun­gen an sei­nen Stimm­bän­dern vor­bei. Und je mehr er sich ver­aus­gab­te durch sein Ge­brüll, das die Wän­de des La­by­rin­thes, in dem er sich ver­lo­ren hat­te, zu­rück­war­fen, de­sto mehr schie­nen frem­de Mäch­te von ihm Be­sitz zu er­grei­fen und sei­ne Schä­del­de­cke zu durch­drin­gen.
    Die Dun­kel­heit. Die Stil­le.
    Und Ih­nen aus­ge­lie­fert sein jun­ger, se­xu­ell er­reg­ba­rer, nach Be­frie­di­gung lech­zen­der, zer­sehn­ter

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