Kopernikus 7
drein. „Das war vor langer Zeit. Wir waren Kinder. Das liegt jetzt alles hinter uns, Bruce.“
„Bruce?“ Bunnish klang überrascht. „Oho, Stuart, das ist das erste Mal, daß du mich Bruce genannt hast. Du hast dich verändert. Du warst derjenige, der damit angefangen hat, mich Brucie zu nennen. Gott, wie habe ich diesen Namen gehaßt! Brucie, Brucie, Brucie, ich habe ihn verabscheut. Wie oft habe ich dich gebeten, mich Bruce zu nennen? Wie oft? Nun, ich weiß es nicht mehr. Aber ich weiß noch, wie du nach drei Jahren schließlich auf einem Treffen zu mir kamst und sagtest, du hättest es dir überlegt und nun auch die Überzeugung gewonnen, daß Brucie wirklich kein passender Name für einen A-Klasse-Schachspieler wäre, einem Zwanzigjährigen, einem Offizier des ROTC. Das waren genau deine Worte. Ich erinnere mich an die gesamte Rede, E. C. Sie hat mich so überrascht, daß ich nicht wußte, was ich sagen sollte, und deshalb habe ich geantwortet: ‚ Gut, das wurde auch Zeit!’ Und dann hast du gegrinst und gesagt, Brucie sei nun out, du würdest mich nie wieder Brucie nennen. Von jetzt an, sagtest du, würdest du mich Bunny nennen.“
Kathy lachte, und Delmario würgte einen explosiven Ausbruch hinunter, aber Peter fühlte sich nur durch und durch kalt. Bunnishs Lächeln war ziemlich jovial, aber sein Ton war reines, gefrorenes Gift, als er von dem Vorfall berichtete. E. C. sah auch nicht belustigt aus. Peter nahm einen Schluck von seinem Bier und grübelte nach einer List, um die Unterhaltung in eine andere Bahn zu lenken. „Spielt irgend jemand von euch noch?“ hörte er sich selbst herausplatzen.
Alle sahen sie ihn an. Delmario machte einen beinahe berauschten Eindruck. „Spielen?“ sagte er. Er guckte blinzelnd auf sein leeres Glas hinunter.
„Füll dir selbst nach“, sagte Bunnish zu ihm. „Du weißt, wo.“ Er lächelte Peter an, als Delmario zur Bar hinüberging. „Du meinst natürlich Schach.“
„Schach“, sagte Peter. „Du erinnerst dich – Schach. Seltsamer kleiner Zeitvertreib, den man mit schwarzen und weißen Figuren und einer Menge Uhren mit zwei Zifferblättern spielt.“ Er sah sich um. „Sagt mir nicht, daß wir es alle aufgegeben haben!“
E. C. zuckte mit den Schultern. „Ich bin zu beschäftigt. Ich habe seit dem College kein klassifiziertes Spiel mehr gespielt.“
Delmario war zurückgekehrt, und Eiswürfel klingelten leise in einem Trinkglas voller Bourbon. „Ich habe nach dem College noch ein wenig gespielt“, sagte er, „aber in den letzten fünf Jahren nicht mehr.“ Er setzte sich schwerfällig hin und starrte in den kalten Kamin. „Das waren meine schlimmen Jahre. Meine Frau verließ mich, ich verlor einen Job nach dem anderen. Unser Bunny hier war mir weit voraus. Auf jede verdammte Idee, mit der ich angekommen bin, hatte er schon ein Patent angemeldet. Es kam soweit, daß ich mich völlig nutzlos fühlte. Damals habe ich angefangen zu trinken.“ Er lächelte, nahm einen Schluck. „Ja“, sagte er. „Genau an jenem Punkt. Und ich habe aufgehört, Schach zu spielen. Es kommt alles heraus, wißt ihr, auf dem Brett kommt alles heraus. Ich habe verloren, immer wieder verloren. Gegen all diese Würstchen, Gott, ich sage euch, ich konnte es nicht ertragen. Meine Einstufung wurde auf Klasse B hinuntergesetzt.“ Delmario nahm einen weiteren Schluck und sah Peter an. „Man braucht das gewisse Etwas, um gutes Schach spielen zu können, weißt du, was ich meine? Eine Art … verdammt, ich weiß nicht … eine Art Arroganz. Selbstvertrauen. Es ist ganz und gar mit Ego verkleidet, mit dieser Art von Zeug, und ich hatte es nicht mehr, was immer es auch war. Ich hab’s immer gehabt, aber dann habe ich es ganz verloren. Ich hatte Pech, und eines Tages hab’ ich mich umgeschaut, und es war weg,
Weitere Kostenlose Bücher