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Kopernikus 7

Kopernikus 7

Titel: Kopernikus 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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– es war vor­her­be­stimmt. Er hat­te kei­ne Ei­le. Die Un­aus­weich­lich­keit färb­te auch sei­ne Ge­dan­ken. Es war nicht mehr er­for­der­lich, viel zu den­ken, denn es war al­les ar­ran­giert. Sein Kopf war fast leer, nur die tie­fen Strö­mun­gen zo­gen noch ih­re Bahn. Ih­re Nä­he blen­de­te ihn. Er ging um­her und träum­te von ihr, von der Ver­gan­gen­heit und von der Zeit, die vor ihm lag.
    Er ließ sich zum Fens­ter trei­ben und be­wun­der­te mü­ßig die Re­gen­bo­gen­re­fle­xe, die das Son­nen­licht am Ran­de der Schei­be her­vor­rief. Die Stra­ßen un­ten wa­ren leer, es war so still wie in ei­ner Ka­the­dra­le. Nicht ein­mal ein Vo­gel brach das hei­li­ge Schwei­gen. Pa­pier­fet­zen tanz­ten wie Der­wi­sche über die Stra­ße. Die Son­ne er­hob sich eben über den Back­stein­ho­ri­zont, ei­ne auf­ge­dun­se­ne ro­te Ku­gel, ver­schlei­ert noch vom Dunst der na­hen Er­de.
    Er starr­te in die Son­ne.
    Als er sich an­zog, wur­de er sich sei­ner Um­ge­bung wie­der be­wußt. Ver­schwom­men er­kann­te er, daß er sei­ne Gür­tel­schnal­le schloß, sei­ne Fü­ße in die Schu­he schob und die Schnür­sen­kel ver­kno­te­te. Ein un­re­gel­mä­ßi­ges Mus­ter aus Licht und Schat­ten an der Kü­chen­wand fes­sel­te sei­ne Auf­merk­sam­keit.
    Er stand vor dem Schlacht­haus. Blin­zelnd starr­te er auf die durch­bro­che­nen Eis­en­to­re des Ge­bäu­des. Ir­gend­wann muß­te er den Bus ge­nom­men ha­ben und zur Ar­beit ge­fah­ren sein. Er er­in­ner­te sich nicht. Es küm­mer­te ihn nicht.
    Einen Kor­ri­dor ent­lang. Das fer­ne Dröh­nen ei­ner Ma­schi­ne.
    Er war im Auf­zug. Men­schen. Ab­wärts.
    Die Stech­uhr.
    Ei­ne Tür. Der Um­klei­de­raum, tief un­ten in der Fa­brik. Ma­son zö­ger­te. Soll­te er heu­te zur Ar­beit ge­hen? Jetzt, da Li­lith so nah war? Es war gleich­gül­tig – wenn Li­lith käme, wür­de sie ihn fin­den, ganz gleich, wo er war. Bis da­hin war es leich­ter, sich nicht ge­gen die ge­üb­ten Re­ak­tio­nen sei­nes Kör­pers zu weh­ren; es war viel leich­ter, ih­nen ein­fach zu fol­gen, sich von ih­nen tra­gen las­sen, wo­hin sie woll­ten, zu tun, was sie ver­lang­ten.
    Er knöpf­te sei­nen Ar­beits­an­zug zu. Er er­in­ner­te sich nicht, die Tür oder den Spind ge­öff­net zu ha­ben. Er be­fahl sich acht­zu­ge­ben.
    Ei­ne Mon­ta­ge aus über­rasch­ten Ge­sich­tern, hüp­fend wie Luft­bal­lons. Ma­son dräng­te sich vor­bei, oh­ne sie an­zu­se­hen. Ih­re Lip­pen be­weg­ten sich, aber er hör­te nicht, was sie sag­ten.
    Nicht zu­rück­schau­en. Sie kön­nen dich in ei­ne Salz­säu­le ver­wan­deln, all die­se hoh­len Men­schen.
    Der Ham­mer lag so­li­de und schwer in sei­ner Hand. Sein ver­trau­tes Ge­wicht half Ma­son, einen kla­ren Kopf zu be­kom­men und sich in der Welt zu ver­an­kern. Ma­son schritt rasch vor­an. Ein über­le­ben­des Frag­ment sei­ner frü­he­ren Per­sön­lich­keit war dar­auf er­picht, an die Ar­beit zu kom­men und den an­de­ren Män­nern sei­ne wie­der­er­lang­te Kraft und Ener­gie zu de­mons­trie­ren. Er fühl­te die­se Re­gung wie durch einen glä­ser­nen Ozean, wie den Phan­tom­schmerz in ei­nem am­pu­tier­ten Glied. Er er­trug sie ge­las­sen; nach dem heu­ti­gen Ta­ge wür­de so et­was nicht mehr wich­tig sein.
    Ma­son ging ans hin­te­re En­de der lang­ge­streck­ten wei­ßen Hal­le. Li­lith schi­en jetzt sehr na­he zu sein, und ih­re Nä­he rief ein un­er­träg­li­ches Sum­men in sei­nem Kopf her­vor. Er stol­per­te wei­ter, mit ruck­haf­ten Be­we­gun­gen, als müs­se er ge­gen einen wel­len­för­mi­gen Druck an­kämp­fen. Sie wür­de je­den Au­gen­blick ein­tref­fen. Er konn­te sich nicht vor­stel­len, wie sie kom­men wür­de und wo­her. Er konn­te sich nicht vor­stel­len, was mit ihm, mit ih­nen ge­sche­hen wür­de. Er ver­such­te sich ein Bild von ih­rer An­kunft zu ma­chen, aber sein Geist konn­te nur auf Dis­ney, Science Fic­ti­on und Re­li­gi­on zu­rück­grei­fen, und so sah er nur ei­ne äthe­ri­sche, wun­der­schö­ne Frau aus bun­tem Glas, die un­ter dröh­nen­der Or­gel­mu­sik in ei­ner gol­de­nen Licht­säu­le vom Him­mel her­nie­der­stieg. Das Licht um­gab

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