Kopernikus 8
zuflüsterte: „Vorsicht bei der. Zanjak.“
Er war wie vom Donner gerührt. Wollte sie das etwa vor ihm verheimlichen? Nein, sie war ehrlich zu ihm. Während sie im Licht der fünf Monde durch den Garten schlenderten, sagte sie zu ihm: „Ich würde gerne die Nacht mit Ihnen verbringen. Aber nur, wenn Sie auch schon angesteckt sind. Ich bin es nämlich.“ Und das war es dann schon gewesen. Er brachte sie zu ihrem Zimmer und küßte sie warm und sanft zum Abschied. Er erschauerte einen Augenblick, als ihr weicher und eleganter Körper sich an seinen preßte, doch er konnte entkommen, ohne eine Dummheit zu begehen.
In der darauffolgenden Nacht, als er allein in der Cocktailbar des Hotels saß und sich mehr als einsam fühlte, fiel ihm eine andere Frau auf, der auch er aufgefallen war. Sie hatte dunkle Haare und lange Beine, und sie war wahrscheinlich etwas jünger als er. Sie tauschten Blicke, dann ein Lächeln, schließlich tippte er gegen sein leeres Glas, woraufhin sie nickte. Dann standen sie beide auf, gingen zur Bar und luden einander rituell gegenseitig zu einem Drink ein. Ihr Name war Marbella, und sie weilte seit etwa einem Monat hier, um einer gescheiterten Sechserehe auf Tlon zu entfliehen. „Die Scheidung wird Jahre dauern“, informierte sie ihn. „Es ist ein universell freier Planet, und wir sechs stammen von vier verschiedenen Welten. Die Gesetze der jeweiligen Heimatplaneten sind voll gültig. Einige Anwälte sind nicht einmal Menschen …“
„Und Sie möchten sich auf Sempoanga verbergen, bis alles vorüber ist?“
„Können Sie sich einen besseren Ort vorstellen?“
„Mit Ausnahme der …“
„Tja, zugegeben, das Problem existiert hier. Aber schließlich hat jedes Paradies seine kleine Schlange.“ Sie wechselte rasch das Thema. „Ich habe Sie heute morgen am Windpollenfeld gesehen. Sie sahen aus, als wollten Sie es auch mal versuchen.“
„Wie wird es gemacht?“ fragte Helmut. Er hatte zugesehen, wie Hotelgäste sich an die riesigen Windpollen von Pilzen geklammert hatten, worauf diese augenblicklich von ihren Wurzeln abgetrennt worden waren und einen anscheinend kontrollierten Flug über den goldenen Mangalolesee begonnen hatten.
„Soll ich es Ihnen beibringen? Es kommt nur darauf an, die Wasserstoffsynthese des Pollens zu kontrollieren. Wenn Sie ihn in eine Richtung streicheln, dann steigt er höher, in der anderen sinkt er. Dann müssen Sie noch lernen, die Thermik auszunützen. Woher kommen Sie?“
„Waldemar.“
„Brrr“, sagte sie. „Sind Sie zum Abendessen noch frei?“
Ihm gefiel ihre herausfordernde und aggressive Art. Sie verabredeten sich zum Abendessen und machten aus, gleich am nächsten Morgen die Windpollen auszuprobieren. Was sich dazwischen abspielen würde, blieb unerwähnt, und daher sah Helmut sich wieder einmal mit dem Problem Zanjak konfrontiert. Sie war bereits lange genug hier, um sich anstecken zu können, und da sie überdies aus einer turbulenten Ehe ausgebrochen war, schien es wenig wahrscheinlich, daß sie hier ein asketisches Leben geführt hatte. Trug sie andererseits den Parasiten in sich, dann würde sie ihn gewiß rechtzeitig darüber informieren, wie es die andere Frau auch getan hatte. Solche Dinge schienen hier einfach zu den guten Umgangsformen zu gehören.
Beim Essen unterhielten sie sich über ihre komplexe Ehe, dann über seine einfachere, die aber schlußendlich ebenfalls im Desaster geendet hatte, des weiteren kurz über seinen und ihren Beruf und dann noch kurz über seinen und ihren Planeten. Schließlich landeten sie bei den Freuden von Sempoanga. Er mochte sie sehr. Und der Glanz in ihren Augen verriet ihm, daß er auf sie ebenfalls Eindruck machte.
Doch
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