Kopernikus 8
keinerlei Gefahr bildeten. „Du wirst dir Zanjak holen und die Quarantäne nie mehr verlassen dürfen“, warnten ihn seine Freunde. Helmut lachte. Er war ein vorsichtiger Mann, besonders bezüglich seines Körpers. Er würde es vermeiden, Zanjak zu bekommen, indem er ganz einfach nicht mit Frauen ins Bett stieg, die Zanjak hatten. So einfach war das, oder etwa nicht?
Man war sich allgemein darin einig, daß Sempoanga der schönste Planet in der ganzen Galaxis war. Wer einen Sonnenaufgang auf Sempoanga gesehen hat, sagte man, dem ist es gleichgültig, ob er hinterher überhaupt noch etwas zu sehen bekommt. Das Problem mit Sempoanga war jedoch, daß die eingeborenen Humanoiden einen gräßlichen Parasiten beherbergten. Es gab nur einen Weg, diesen Parasiten zu übertragen – durch Geschlechtsverkehr. Und da die Eingeborenen von Sempoanga um ein Vielfaches unattraktiver sind als die dortigen Sonnenaufgänge, nimmt es eigentlich wunder, daß sich überhaupt je ein Mensch anstecken konnte. Aber irgendwie hat es eben mal einer geschafft, und der Parasit hatte sich rasch dem menschlichen Körper angepaßt, sich vermehrt und war bemerkenswert ansteckend geworden, und in der Vergangenheit hatten sich viele Besucher Sempoangas mit schrecklichen Ergebnissen untereinander angesteckt. Biologen arbeiteten an einer Heilmethode. Sie hofften, in wenigen Jahren schon erste Resultate zu sehen. Zwischenzeitlich durfte keiner Sempoanga ohne eine gründliche Untersuchung verlassen, und wer sich Zanjak geholt hatte, mußte auf Dauer dortbleiben. Denn die Auswirkungen des Parasiten auf den menschlichen Geschlechtsapparat waren so erstaunlich, daß die Zukunft der gesamten Rasse auf dem Spiel stand, wenn er sich auch auf den anderen zivilisierten Welten auszubreiten vermochte.
Während der ersten Tage seines Aufenthalts auf Sempoanga war Helmut so emsig damit beschäftigt, den herrlichen Planeten selbst zu erkunden, daß er kaum Gefahr lief, sich eine Geschlechtskrankheit zuzuziehen, weder die altbekannten Varianten noch die exotische hiesige Art. Seine Heimatwelt, Waldemar, war ein frostiger Ort, wo während drei Vierteln des Jahres ein eisiger Winter herrschte, und daher genoß er den ewigen Tropensommer auf Sempoanga ganz besonders. Er bereiste alle Wunder von der Dämmerung bis Mitternacht – die Hargillinfälle, wo das Wasser die Farbe von Rotwein hat, den Stinivonggipfel, einen makellosen Berg aus Obsidian am Rande eines phosphoreszierenden, mit rosa Gas gefüllten Teichs, und schließlich die Blasen, wo unterirdische psychedelische Dämpfe mit an Verzückung grenzenden Auswirkungen durch poröses gelbes Felsgestein in die Höhe stiegen. Er rannte nackt durch einen Hain fleischiger Farne, die ihn mit ihren saftigen Wedeln umfingen. Er schwamm in kristallenen Flüssen, Auge in Auge mit harmlosen Riesenschildkröten von der Größe durchschnittlicher Inseln. Jede Nacht taumelte er herrlich müde ins Hotel zurück, wo er sich allein in seine Schlafröhre fallen ließ und einige Stunden schlief.
Doch nach jenen ersten gierigen Zügen der Naturwunder meldeten sich seine gesellschaftlichen Instinkte zu Wort. Am vierten Tag sah er eine hinreißend aussehende Wasserstoffblonde von einer der Rigel-Welten auf dem Gravitationsballfeld. Sie beantwortete sein gefesseltes Grinsen mit einem auffordernden, kecken Lächeln und verabredete sich rasch zum Abendessen mit ihm. Alles war herrlich, bis sie sich schließlich während des Essens kurz entschuldigte, woraufhin der Kellner, der die Brandys brachte, Helmut
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