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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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ge­ra­de als ich sie be­rüh­ren möch­te, ver­blaßt der Traum. Ich er­wa­che halb und se­he sie tat­säch­lich vor mir, halb ver­bor­gen zwi­schen Far­nen. Sie weiß nicht, daß ich hier bin.
    Der häß­li­che Men­schen­jun­ge steht vor ihr. Er hat den Kopf ge­senkt, so daß ihm das Haar ins Ge­sicht fällt und es ver­birgt. El­fle­da sagt et­was zu ihm, das ich nicht ver­ste­hen kann, da schaut er auf und lä­chelt. Sei­ne Be­we­gun­gen sind zö­gernd. El­fle­da nimmt ihn bei der Hand. Er be­rührt ih­re Brüs­te, ih­re Keh­le, ih­re Stirn, ihr ge­zwir­bel­tes Horn. Sie be­rührt ihn an den Schul­tern und reckt den Kopf em­por. Dann ver­schwin­den sie ge­mein­sam im Wald. Ich zit­te­re, schlie­ße die Au­gen und ver­su­che, wie­der ein­zu­schla­fen, wäh­rend ich mir selbst glau­ben ma­chen möch­te, ich sei nie wirk­lich er­wacht.
    Noch im Ver­lauf der Nacht kommt He­ka­te zu mir zu­rück und legt sich Rücken an Rücken mit mir, da­mit wir es uns bei­de et­was be­que­mer ma­chen kön­nen. Ich hat­te er­war­tet, daß sie bei der Men­schen­frau blei­ben wür­de.
    „Konn­test du sie nicht fin­den?“
    „Ich ha­be sie ge­fun­den“, ant­wor­tet He­ka­te. Ich war­te. Schließ­lich fährt sie fort. „Sie hat mich weg­ge­schickt. Ich neh­me an, sie hat­te et­was Bes­se­res vor.“ Ih­re lei­se Stim­me ist wie ge­schaf­fen für Zorn, aber nicht für Ent­täu­schung. Sie mur­melt noch ei­ni­ge wei­te­re Wor­te, wäh­rend wir uns bei­de zum Schla­fen aus­stre­cken. Auf der Wie­se wer­den sich nur noch ei­ni­ge Men­schen und wahr­schein­lich die Sa­ty­re be­tä­ti­gen. Ich be­grei­fe nicht, wes­halb sich die Men­schen­frau von He­ka­te ab­kehr­te. Auch ich wä­re ent­täuscht, wenn mich je­mand we­gen die­ser haa­ri­gen Ge­schöp­fe ab­ge­wie­sen hät­te. Doch wir ge­hor­chen un­se­ren Meis­tern, so lan­ge wir es ver­mö­gen, ob sie uns nun be­feh­len, ih­nen zu die­nen oder sie zu ver­las­sen.
    Die Nach­wir­kun­gen der Nacht bran­den über mich her­ein, ich bin er­schöpft.
    Der Nymph schnarcht, und He­ka­te rä­kelt sich im Schlaf. Ich hö­re Ge­läch­ter und Ki­chern, einen ge­flüs­ter­ten Be­fehl, lei­se zu sein, doch die Ge­räusche ge­hen wie ei­ne Bri­se über mich hin­weg. Das müs­sen Men­schen sein, die nach Un­ter­hal­tun­gen su­chen, aber ich kann ih­nen nicht mehr zu Wil­len sein.
    Wir ha­ben we­nig Stür­me hier, doch wenn sie kom­men, dann sind sie hef­tig und ver­hee­rend. Wir wis­sen, wann wir Zu­flucht su­chen müs­sen, denn ih­nen geht im­mer ein küh­ler Wind von den Ber­gen vor­aus, der ein be­stimm­tes Aro­ma mit sich bringt. Mein Fell stellt sich auf, denn je­ner Wind ist der Wort­bri­se nur zu ähn­lich.
    Ich be­we­ge die Bei­ne vor­sich­tig, da­mit ich den schnar­chen­den Nymph nicht ver­let­ze, dann er­he­be ich mich. He­ka­te regt sich, er­wacht aber nicht. Ich bin schon ganz steif und un­ge­lenk, mei­ne Bei­ne schmer­zen. Aber ich er­in­ne­re mich an die Rich­tung, in die El­fle­da und der häß­li­che Jun­ge ge­gan­gen sind. Und ich er­in­ne­re mich, wie die Men­schen sie ver­folg­ten.
    Ich fol­ge der nie­der­ge­tram­pel­ten Spur, ha­be aber Angst, laut nach ih­nen zu ru­fen. El­fle­da könn­te au­ßer­halb der Hör­wei­te sein, doch wenn die Men­schen mich hö­ren, wer­den sie mich zum Schwei­gen brin­gen. Ich klet­te­re so rasch wie mög­lich. Der Schmerz in den Hu­fen brei­tet sich in den Bei­nen und ent­lang den durch mei­ne un­ge­wöhn­li­che Kon­struk­ti­on be­las­te­ten Tei­len aus.
    Plötz­lich er­rei­che ich die Baum­gren­ze. Das Mond­licht wirft mei­nen lan­gen Schat­ten auf hel­len Gra­nit. Der Berg­gip­fel ist im­mer noch weit ent­fernt und durch Klüf­te, Fel­sen und Fels­wän­de von mir ge­trennt.
    Ich er­klim­me den ers­ten Paß, mei­ne Hu­fe krat­zen über kah­les Ge­stein. Als ich den Gip­fel er­reicht ha­be, kann ich El­fle­da und den Jun­gen gol­den zwi­schen den Ne­beln des Schat­tens aus­ma­chen. Er hat die Hän­de in ih­re Mäh­ne ver­krallt, sie hat die Ar­me um sei­nen nack­ten Kör­per ge­schlun­gen. Er preßt sich rhyth­misch ge­gen sie.
    Sie sind si­cher und al­lein. Ich aber bin deut­lich vor dem Hin­ter­grund

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