Kopernikus 8
PROPHET IST EIN KAMELFETISCHIST
Einige von denen, die das geschrieben haben, haben Väter, Großväter und Urgroßväter, die selbst Gegenstand ähnlicher Schmähungen waren. Aber ihre Nachkommen haben sich gründlich angepaßt. Bis ins Mark Bewohner von Beverly Hills. Aus solchen besteht das Königreich der Menschen.
Gobrinus, ein Fettkloß von einem Mann, steht hinter der Bar, die, als Schutz gegen das vorherrschende Oval, rechteckig angelegt ist. Über ihm befindet sich ein großes Schild:
ONE MAN’S MEAD IS ANOTHER MAN’S POISSON
Gobrinus hat dieses Wortspiel viele Male erläutert, aber nicht immer zur Zufriedenheit der Zuhörer. Fest steht jedenfalls, daß Poisson ein Mathematiker war und daß Poissons Häufigkeitsverteilung eine gute Annäherung an die binomische Verteilung ist, wenn die Zahl der Versuche zunimmt und die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs bei einem einzigen Versuch gering ist.
Wenn ein Kunde zu betrunken ist, als daß man ihm noch ein weiteres Getränk geben könnte, dann wird er unter heftigem Einsatz, oft bis zur völligen Erschöpfung, von Gobrinus Kopf voran aus der Taverne hinausgeworfen, der dabei schreit: „Poisson! Poisson!“
Chibs Freunde, die Jungen Rettiche, begrüßen ihn, wobei ihre Rufe unbewußt die jüngste Einschätzung des Psycholinguisten wiedergeben, die dieser in bezug auf sein Verhalten getroffen hat.
„Chib, alter Mönch! Chibber denn je und wahrscheinlich auf der Suche nach einer Chibbie. Triff deine Wahl!“
Madame Trismegista, die an einem kleinen Tisch sitzt, dessen Oberfläche nach dem Siegel Salomos geformt ist, begrüßt ihn. Sie ist schon seit zwei Jahren Gobrinus’ Frau, ein Rekord, denn sie hat gedroht, ihn zu erstechen, wenn er sie verläßt. Zudem glaubt sie, daß sie sein Schicksal mit den Karten beeinflussen kann, die sie legt. In diesem Zeitalter der Verzückung florieren Wahrsagerei und Astrologie. Je weiter die Wissenschaft vordringt, desto rascher galoppieren Unwissenheit und Aberglaube an ihren Flanken und beißen der Wissenschaft mit großen dunklen Zähnen ins Hinterteil.
Gobrinus selbst, ein Doktor und Träger der Fackel des Wissens (wenigstens bis jüngst) glaubt nicht an Gott. Aber er ist sicher, daß die Sterne einer für ihn freudvollen Konstellation zustreben. Mit einer seltsamen Logik glaubt er, daß die Karten seiner Frau die Sterne beherrschen. Er weiß nicht, daß Kartenlesen und Astrologie zwei völlig unterschiedliche Paar Stiefel sind.
Aber was soll man von einem Mann schon erwarten, der behauptet, daß das Universum asymmetrisch ist?
Chib winkt Madame Trismegista mit einer Hand zu und begibt sich an einen anderen Tisch. Dort sitzt
EIN TYPISCHER TEENÄTSCHER
Benedictine Serinus Melba. Sie ist groß und schlank und hat schmale, lemurenähnliche Hüften und schlanke Beine, aber große Brüste. Ihr Haar, ebenso schwarz wie ihre Pupillen, ist in der Mitte gescheitelt und mit parfümiertem Spray am Kopf festgepappt. Hinten ist es zu zwei langen Geschlechtsorganen geflochten. Diese fallen über ihre breiten Schultern und werden über dem Kehlkopf von einer goldenen Spange zusammengehalten. Von der Brosche, die wie eine Note geformt ist, teilen die Zöpfe sich wieder und verlaufen geschwungen unter den beiden Brüsten, wo sie von einer weiteren Brosche gehalten und geteilt werden. Sie verlaufen weiter bis zum Rücken, wo sich ebenfalls eine Brosche befindet, und von dort kommen sie zurück und treffen sich über dem Bauch wieder. Dort werden sie von einer letzten Brosche gehalten, ehe sich die doppelten schwarzen Wasserfälle frei über das glockenförmige Kleid ergießen.
Ihr Gesicht ist dick geschminkt mit Grün und Aquamarin, trägt ein Schönheitspflästerchen und als Schmucksteine Topas. Sie trägt des weiteren einen gelben Büstenhalter mit künstlichen rosa Nippeln, von dem BH hängen winzige Seidenröllchen herab. Ein hellgrünes Korsett mit schwarzen Rosetten umspannt ihre Hüfte. Über dem Korsett, dieses halb verdeckend, befindet sich eine schimmernde Drahtstruktur, die mit einem gesteppten rosa Stoff überspannt ist. Diese erstreckt sich weit über den Rücken hinaus und bildet eine Art Vogelschwanz, an dem lange, künstliche Vogelfedern befestigt sind.
Darunter bauscht sich ein knöchellanges, halbdurchsichtiges Kleid auf. Es verbirgt nicht die gelb und dunkelgrün gestreiften Seidenunterhöschen, die weißen Schenkel und die schwarzen Netzstrümpfe mit den grünen Stickereien, die wie Noten geformt
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