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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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führ­te. Co­yo­te stell­te sei­ne Tee­tas­se ab und folg­te ih­nen. Er fühl­te sich ge­sell­schaft­lich iso­liert und gleich­zei­tig ir­gend­wie klar im In­nern und dem Au­gen­blick ver­haf­tet. Er lä­chel­te und nick­te, wenn er Freun­de sah, aber ihm war nicht da­nach zu­mu­te, mit je­man­dem zu spre­chen, und mit ihm sprach auch kei­ner. Die Stand­uhr im Flur zeig­te drei Uhr fünf­zehn, das lan­ge Pen­del tick­te lang­sam hin­ter dem Glas vor und zu­rück.
    Das Ge­mein­schafts­zim­mer war ein zwei­stö­cki­ger Raum. Wan­de­rer saß im Lo­tos­sitz in der Mit­te, wäh­rend ih­re Freun­de den um sie ver­blei­ben­den Raum zu fül­len be­gan­nen, die Kin­der vorn, die größ­ten Er­wach­se­nen säum­ten die Wän­de. Co­yo­te saß zwi­schen Men­schen sei­ner Grö­ße et­wa in der Mit­te der Ver­sam­mel­ten. Sei­ner Schät­zung nach hat­ten sich et­wa hun­dert Men­schen hier ver­sam­melt. Ei­ni­ge von ih­nen er­kann­te er als Mit­glie­der die­ses Haus­halts. Er sah Schwan und Fuch­sia, die zu­sam­men rechts von ihm sa­ßen, aber kei­ner sah zu ihm her­über. Fast je­der sah zu Wan­de­rer. Co­yo­te wand­te sich ab, über­kreuz­te die Bei­ne zu ei­ner an­ge­neh­men Halb-Lo­to­s­stel­lung, und dann sah er Spatz“ kno­chi­ge Ge­stalt un­ter der Tür auf­tau­chen. Er wünsch­te sich, der Jun­ge wür­de in sei­ne Rich­tung se­hen …
    Die Grup­pe at­me­te nun im glei­chen Rhyth­mus mit Wan­de­rer. Sie zog die Bauch­de­cke ein, ent­spann­te sich wie­der, mit je­dem Atem­zug ho­ben und senk­ten sich ih­re Na­sen­flü­gel sicht­bar. Man hör­te nur noch das ge­mein­sa­me At­men so­wie die Schreie von Kin­dern und das Bel­len von Hun­den drau­ßen. Wan­de­rers runder Bauch er­zit­ter­te. Die Ver­sam­mel­ten stimm­ten einen lei­sen Ge­sang an, des­sen Rhyth­mus sich dem At­men der Schwan­ge­ren und den Kon­trak­tio­nen ih­res Ute­rus an­paß­ten. Co­yo­te räus­per­te sich und füg­te dem Chor sein ei­ge­nes Mur­meln hin­zu. Sie wa­ren wie ein Ozean zu Wan­de­rers Mond, dach­te er, und ver­wahr­te die Me­ta­pher sorg­sam an ei­nem Ort, wo er sie wie­der­fin­den konn­te, wenn er wie­der an sei­nen Ge­dich­ten ar­bei­te­te.
    Der Ge­sang schwoll in im­mer stär­ke­ren Wo­gen an und wie­der ab. Ei­ne der drei Mit­frau­en hielt ei­ne Arm­band­uhr in der Hand und mur­mel­te Wan­de­rer hin und wie­der et­was zu, ob­wohl de­ren Kon­zen­tra­ti­on völ­lig nach in­nen ge­kehrt schi­en. Sie hat­te die Au­gen ge­schlos­sen und den Mund ge­öff­net. Sie ver­än­der­te meh­re­re Ma­le ih­re Hal­tung, bis sie schließ­lich die Ge­säß­ba­cken fest an den Bo­den preß­te. Die Hän­de ei­ner wei­te­ren Mit­frau – Co­yo­te kann­te sie von den Ge­mein­schafts­gär­ten, ihr Na­me war Gael – ruh­ten auf Wan­de­rers Schul­tern, um sie zu stüt­zen, wäh­rend die drit­te auf dem Lei­nen­tuch lag und Wan­de­rers Bauch, ih­re Len­den und die aus­ge­dehn­te Va­gi­na mas­sier­te. Als Wan­de­rer schril­le Lau­te der Ek­sta­se und des Schmer­zes von sich gab, er­reich­te auch der Ge­sang einen Hö­he­punkt, und dann er­schi­en ver­blüf­fend rasch das nas­se, ro­te Rund des Ba­by­kop­fes zwi­schen ih­ren Schen­keln. Wan­de­rer lehn­te sich in Gaels Ar­me zu­rück, wäh­rend die drit­te Mit­frau das Ba­by in die Ar­me nahm. Die Hüf­ten, die Knie und die win­zi­gen Füß­chen ka­men her­aus, schließ­lich hob die Frau das Ba­by em­por und leg­te es auf Wan­de­rers Bauch. Wan­de­rers Hän­de grif­fen su­chend hin­ab, spür­ten den Kopf und die klei­nen Händ­chen. Da lä­chel­te sie ganz kurz. Co­yo­te war der Mei­nung, daß sie er­schöpft aus­sah. Gael schob ihr ein Kis­sen un­ter den Kopf. Im Raum war es sehr still ge­wor­den, und das blieb auch so, bis das Ba­by nach meh­re­ren Mi­nu­ten den Ge­brauch sei­ner Lun­ge ent­deck­te und einen kur­z­en Schrei aus­stieß – dann erst be­gan­nen die Ver­sam­mel­ten zu mur­meln, zu la­chen oder zu wei­nen.
    Co­yo­te blieb nicht und sah sich auch das Durch­tren­nen der Na­bel­schnur und die Ri­ten nach der Ge­burt nicht an. Er er­hob sich un­ge­lenk und ge­sell­te sich zu ei­ni­gen an­de­ren drau­ßen.

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