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Kopernikus 9

Kopernikus 9

Titel: Kopernikus 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Kampf gingen, hatte das immer als übertrieben sentimental angesehen. Aber heute, da sie selbst es war, die ging, mußte sie an sich halten, um nicht von dieser Stimmung eingefangen zu werden.
    Rasch wandte sie sich um und stellte sich auf den Abflug. Ohne noch einmal zurückzusehen, breitete sie ihre Flügel aus und flatterte den kurzen Weg zu ihrem Nest hinauf. Im Baum wurde es bald ruhig, aber Dasha lag in ihrem Nest und konnte nicht einschlafen. Viele Fragen eilten ihr durch den Kopf, Fragen, die sie sich schon so oft gestellt hatte und auf die es anscheinend keine Antwort gab. Und vielleicht kamen sie auch nur deshalb in dieser Nacht zurück, um die leise Angst zu verdecken, die in Dashas Seele zu wachsen begonnen hatte und deren Existenz sie noch zu leugnen versuchte. Aber die Angst war da, und sie war auch nicht ganz unberechtigt, denn Dasha hatte es im Kampf nie sonderlich weit gebracht. Obwohl sie die Notwendigkeit, sich darin zu üben, wohl erkannte, denn schließlich hing ihr Überleben davon ab, hatte sie doch stets nur halbherzig ihre Fertigkeit im Streit ausgebildet. Aber die Kämpfe zwischen den Schalish und den Rodao’r endeten fast immer tödlich für einen der beiden Gegner, und Töten war etwas, das Dasha nicht verstehen konnte.
    Das eben war es, was ihr auch jetzt wieder durch den Kopf ging und sie vom Schlafen abhielt – die eine Frage, die sie sich und verbotenerweise auch anderen schon so oft gestellt hatte: Warum töten die Rodao’r und die Schalish einander? Schon als sie noch klein war, hatte Dasha mit der Rücksichtslosigkeit eines Kindes diese Frage den Erwachsenen gestellt. Meistens wohl nur, um ihre Ziehmutter in Verlegenheit zu bringen, denn auf diese Frage reagierten die Sistee, die Weiblichen, üblicherweise mit hilfloser Verwirrung. Solche Fragen waren ihnen peinlich, man stellte sie nicht, ihnen haftete ebensoviel Unanständiges an, wie zum Beispiel der Frage, wie die jungen Schalish entstehen. Von den Sistee bekam sie nie eine befriedigende Antwort, nur ausweichende Redensarten oder auch die Androhung irgendeiner Strafe.
    Die Rasta, die Männlichen, waren nicht so leicht in Verwirrung zu bringen, und Dasha hatte den Nerv besessen, auch sie nach der Ursache der Feindschaft zwischen den beiden Völkern zu fragen. Aber obgleich der alte Finshó, der ihr sehr zugetan war, ernsthaft versucht hatte, ihr eine Erklärung zu geben, war er doch auch nicht in der Lage dazu. Alles, was er ihr hatte sagen können, war, daß sie sich eben bekämpften, und das sei schon zu allen Zeiten so gewesen und würde wohl immer so sein, und es hätte keinen Sinn, sich weiter damit zu beschäftigen, denn man frage ja schließlich auch nicht, warum an jedem Tag die Sonne aufgehe.
    Und so war diese Frage immer unbeantwortet geblieben. Es schien ein geheimnisvoller Mantel des Schweigens darüber zu liegen, so als ob alle Sistee und Rasta die Antwort wüßten und keiner sich selbst sein Wissen eingestehen wollte. Aber wie dem auch immer war, sie würde es nie erfahren – und schon gar nicht in dieser Nacht. Ärgerlich zog Dasha ihre Decke fester um sich und versuchte zu schlafen.
    Die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne weckten sie aus dem unruhigen Schlaf, in den sie schließlich doch noch gefallen war. Sofort hellwach, erhob sie sich. Während sie sich ankleidete, prüfte sie das Wetter. Die Sonne blieb nicht lange, sondern versteckte sich bald hinter den Wolken. Der Himmel war weiß, und über dem Wald lag Nebel. Ein feiner, erfrischender Regen hing in der Luft.
    Dasha atmete tief ein und trat auf den Abflug ihres Nestes. Mochten die anderen nur getrost Lobeshymnen auf die Sonne singen, sie, Dasha, liebte den Nebel und den Regen. Was für ein wundervolles Wetter! Es war wie für sie bestellt. Ob das ein gutes Omen war?
    Rasch legte sie das Amulett um, das ihr Mushawa am Abend zuvor geschenkt hatte, und prüfte zum letzten Mal ihre Waffen. Sie gürtete sich das kurze Schwert um die Taille und band es an der Hüfte fest, damit es beim Fluge nicht störend im Wege war. Ein paarmal zog sie es probeweise. Es ließ sich leicht und schnell aus der Scheide befreien. Außer dem Schwert nannte sie noch eine kleine Axt und einen Dolch ihr eigen. Beide waren blankgeputzt und geschärft.
    Es gab keinen Grund mehr zu zögern. Sie war fertig. Auf dem Abflug tat sie ein paar tiefe Atemzüge, breitete ihre Flügel zur vollen Länge aus und bewegte sie kräftig. Was für ein angenehmes Gefühl! Schließlich gab sie sich

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