Kopf hoch, Freddie
befürchtet hatte. Sie liefen Mrs. Gresham direkt über den Weg. Ein Wegsehen oder Ausweichen war unmöglich. Freddie jedoch ging ganz unbefangen auf die Frau zu und sagte: »Mrs. Gresham, wir kommen eben von Maurice. Es geht ihm schon viel besser!« Sie lächelte der Älteren voll Mitgefühl zu und war erschrocken, als sie ihrem haßerfüllten Blick begegnete. Bissig sagte Mrs. Gresham: »Haben Sie nicht schon genug auf dem Gewissen? Müssen Sie ihn sogar ins Krankenhaus verfolgen?«
Freddie wich zurück und gab keine Antwort, aber Angela sprang ihr mutig bei. »Das ist Unsinn, Mrs. Gresham. Von Verfolgen kann bei uns nicht die Rede sein, und außerdem wird Freddie einen anderen heiraten. Komm jetzt, Freddie, ich mag kein unnötiges Aufsehen!«
Sie nahm ihre Schwester beim Arm und führte sie weg. Freddie zitterte am ganzen Körper. Sie sprachen kein Wort, bis sie im Taxi saßen, das Angela herbeigewinkt hatte. Freddie lehnte sich schutzsuchend an ihre Schwester.
»Hübsch, was?« bemerkte Angela knapp. »Nimm keine Notiz davon. Diese Frau ist total verrückt.«
»Schrecklich, wie sie mich angesehen hat. Ich glaube, so gehaßt hat mich noch niemand — wirklich gehaßt, meine ich.«
»Natürlich nicht«, erwiderte Angela und dachte: »Wie könnte man Freddie hassen? Die Menschen haben sie immer geliebt, auch wenn sie sich über sie ärgerten.«
Als sie in der Wohnung angekommen waren, bestand Angela darauf, daß Freddie sich sofort hinlegte. Abends erzählte sie Jonathan die seltsame Geschichte. Er hörte schweigend zu und sagte nur: »>Sie wird einen anderen heiraten<, hast du gesagt?« Damit stand er auf und ging nach nebenan in das Zimmer der Patientin.
»Na, endlich ist er aufgewacht«, dachte Angela und faßte den Entschluß, sich für die Anstrengungen des Tages mit einem Ferngespräch mit Stephen zu belohnen.
Inzwischen sagte Freddie zu Jonathan: »Sie war gräßlich. Trotzdem bin ich froh, daß wir hingegangen sind. Maurice ist ein richtiger feiner Kerl. Er ist darüber hinweg und denkt schon an eine hübsche Nachtschwester.«
Jonathan mußte zugeben, daß Maurice sich gut benommen hatte. »Er will ein neues Leben beginnen«, fuhr Freddie fort. »Er will ein ernster und hart arbeitender Farmer werden. Glaubst du, er ändert sich wirklich, Jonathan?«
Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken: »Na, nicht ganz. Sicher wird er sich in Zukunft nicht ausschließlich an Leitungswasser halten. Warum auch? Aber in einem Punkt bin ich sicher: Er wird mit Autos vorsichtiger umgehen — und vielleicht auch mit Mädchen.«
»Hoffen wir’s«, sagte Freddie lachend und fuhr fort: »Morgen bereite ich alles fürs Krankenhaus vor. Angela sagt, ich muß alle meine Sachen kennzeichnen.«
Damit bot sich ihm eine Chance, und er nützte sie. »Bitte, Freddie, laß den Kurs und heirate mich. Ich wünsche es mir so sehr.«
Sie blieb indessen ganz ruhig, nahm seine Hand und sagte: »Liebster Jonathan, wie sehr ich mir das gewünscht habe! Aber siehst du nicht ein, daß ich jetzt bei der Krankenpflege bleiben muß?«
»Nein, nicht mehr. Ja, ich habe gesagt, du sollst es versuchen. Aber eigentlich wollte ich dich von Anfang an heiraten, schon seit den Tagen von Tainui. Sicher hast du es gemerkt?«
»Ich habe es gehofft. Damals habe ich es sehr gehofft. Aber du hast ja nie etwas gesagt.«
»Du warst so jung, Freddie, und frisch von der Schule gekommen. Es wäre nicht richtig gewesen.«
»Viele Mädchen heiraten mit neunzehn. Mutter war erst achtzehn, als sie Vater heiratete.«
Er wollte keine Debatte und sagte daher: »Ich bin ein Dummkopf gewesen. Aber jetzt wollen wir keine Zeit mehr verlieren.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Jonathan. Ich könnte dich noch nicht heiraten.«
»Warum? Du magst mich doch?«
»Natürlich. Deswegen war ja Maurice so wütend... Vor einer Woche noch hätte ich dich auf der Stelle heiraten können — ja, aber jetzt nicht mehr. Ich bin meiner selbst nicht sicher genug. Ich habe Angst. Ich war einmal ein Feigling. Vielleicht werde ich es wieder einmal sein... Jetzt habe ich den Wunsch, etwas Nützliches zu tun, anderen Menschen zu helfen. Es wäre ganz schlecht, wenn ich vor der Krankenpflege davonlaufen würde.«
»Aber ich wäre doch da und würde auf dich achtgeben, mein Schatz.«
»Genau das möchte ich nicht. Ich möchte kein Mensch werden, der sich immer anlehnt, immer abhängig bleibt. Nein, ich gehe ins Krankenhaus.«
»Drei Jahre lang? Mein Gott, was für eine lange
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