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Kopf in der Schlinge

Kopf in der Schlinge

Titel: Kopf in der Schlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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sollen, daß dies das Schlimmste war, was er mir zugefügt hatte. Er mußte innerlich frohlockt haben. Ich war niedergerungen worden, und meine Versuche, mich selbst zu verteidigen, wirkten im nachhinein erbärmlich.
    Ich hielt mir die Hand schützend vor die Brust, drehte mich zur Seite und kam langsam auf die Knie. Unbeholfen auf den linken Ellbogen gestützt, stemmte ich mich in die Höhe und richtete mich mühsam auf. Ich wimmerte wie ein Kätzchen. Tränen brannten mir in den Augen. Es war erniedrigend, daß ich mich so leicht hatte überwältigen lassen. Ich war ein Nichts, ein Wurm, den er mit einem Schritt hätte zertreten können. Meine Großspurigkeit hatte mich verlassen und gehörte jetzt ihm. Ich malte mir aus, wie er grinste, ja sogar laut lachte, während er die Landstraße entlangraste. Euphorisch würde er die Faust durch die Luft schwenken und meine Unterwerfung in den nächsten Tagen auf ganz ähnliche Weise wie ich noch einmal durchleben.
    Ich schaltete das Deckenlicht ein und sah auf meine Hand herab. Zeige- und Mittelfinger standen im Dreißig-Grad-Winkel ab. Ich spürte im Grunde nicht viel, doch der Anblick drehte mir fast den Magen um. Neben dem Bett entdeckte ich meine Tasche. Ich nahm sie, griff nach meiner Jacke und legte sie mir wie einen Schal um die Schultern. Seltsamerweise war die Hütte gar nicht so durcheinander. Das Bügeleisen war in die andere Zimmerecke geschleudert worden, der Stuhl war umgekippt, und der geflochtene Teppich lag schief. Ordnungsliebend, wie ich bin, richtete ich den Stuhl auf, schob den Teppich an seinen Platz zurück und stellte das Bügeleisen mit herabbaumelndem Kabel wieder aufs oberste Brett im Schrank. Jetzt mußte ich mich nur noch um mich selbst kümmern.
    Unter Mühen schloß ich mit der ungeübten linken Hand die Hütte ab und ging Richtung Motelrezeption. Die Nacht war kalt, und leichtes Schneetreiben streichelte mein Gesicht. Ich sog tief die Kälte ein, und die feuchte Luft belebte mich etwas. Vorn an der Straße sah ich das »Zimmer frei«-Schild des Motels leuchten, ein roter Neonpfeil, der seine Einladung an durchreisende Autofahrer richtete. Auf der Landstraße herrschte keinerlei Verkehr. In keiner der anderen Hütten war irgendein Hinweis auf Leben zu erkennen. Durch das Fenster des Büros sah ich eine Tischlampe leuchten und ging hinein. Ich lehnte mich gegen den Türrahmen, während ich an Cecilias Tür klopfte. Lange Minuten verstrichen. Endlich öffnete sich die Tür einen Spaltweit, und Cecilia spähte heraus.
    In meinen Ohren hörte ich das anschwellende Rauschen eines drohenden Ohnmachtsanfalls. Ich sehnte mich danach, mich hinzusetzen und den Kopf zwischen die Knie zu stecken. Ich holte tief Luft und schüttelte den Kopf in der Hoffnung, ihn dadurch klar zu bekommen.
    Mit nach wie vor zusammengekniffenen Augen band Cecilia den Gürtel ihres pinkfarbenen Chenille-Bademantels zu. »Was ist denn los?« fragte sie ungehalten. »Was haben Sie denn?«
    Ich hielt meine Hand in die Höhe. »Ich brauche Hilfe.«

10

    Cecilia wählte die Notrufnummer und meldete den Einbruch und den anschließenden Überfall. Der diensthabende Beamte sagte, er werde einen Krankenwagen schicken, aber Cecilia versicherte ihm, sie habe mich ebenso schnell ins Krankenhaus gefahren, wie die Sanitäter brauchen würden, bis sie hier wären. Sie schlüpfte in Jogginganzug, Mantel und Laufschuhe und setzte mich in ihr Schiff von einem Oldsmobile. Ich muß ihr zugute halten, daß sie über meine Verletzung ehrlich besorgt zu sein schien, da sie mich gelegentlich tätschelte und Dinge sagte wie: »Ganz ruhig jetzt. Es wird alles wieder gut. Wir sind gleich da. Es ist nur ein Stück die Straße runter.« Sie fuhr mit übertriebener Sorgfalt, beide Hände am Lenkrad und das Kinn erhoben, damit sie über dessen Rand sehen konnte. Nicht ein einziges Mal fuhr sie schneller als sechzig Stundenkilometer, und sie löste das Problem, auf welcher Spur sie fahren sollte, dadurch, daß sie je eine Hälfte des Autos auf einer von beiden hielt.
    Ich empfand keinen Schmerz mehr. Irgendein natürliches Betäubungsmittel war durch meinen Kreislauf geflossen und hatte mich ganz benommen gemacht. Ich lehnte den Kopf gegen den Sitz zurück. Besorgt musterte sie mich, gewiß in der Befürchtung, ich würde auf ihre schwer zu reinigenden Sitzpolster kotzen.
    »Sie sind kreidebleich«, sagte sie. Sie drückte auf den Knopf für die Fensterheber und ließ die Scheibe halb herunter, so daß mir

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